Gleylancer | Japanischer Mega Drive Exklusivtitel im Anflug

Ratalaika Games schickt die GleyLancer mit Star Fighter Pilotin Lucia abermals in den Dogfight gegen unbekannte Aliens.

Meine ersten unbewussten Shoot’em Up Erfahrungen müssen tatsächlich die beiden Flugpassagen in Super Mario Land auf dem Game Boy gewesen sein. Ein wenig war ich schon davon genervt, dass mich der Bildschirm immerzu nach rechts antreibt – in brenzligen Situationen sogar einfach störrisch gegen die kommende Wand schiebt. Ich mein, sieht der das nicht, dass ich da grad nicht so schnell durchkomme? Aber trotz allem Ärger, übte diese Art des Videospiels eine bestimmte Faszination auf mich aus. Mit einem Flugobjekt Hindernissen und Kugelhagel ausweichen und alles auf mich zukommende pulverisieren, das war schon ziemlich cool. Vor allem aber ziemlich bunt und actionreich. Irgendwie mochte ich das, auch wenn ich abseits von Super Mario Land lange Zeit nie wirklich in die Shmup-Nische abstieg. Wohl auch, weil Super Mario Land dann anfangs doch kinderfreundlicher aussah, als es diverse Raumschiffe mit Kampfmittelbestückung auf den Verpackungen der Spiele suggerierten.

Die GleyLancer hat eine lange Geschichte

Und so verpasste ich viele Klassiker, die ich ab Mitte der 2000er nachholte. Wenn auch eher stümperhaft und auf den leichtesten Schwierigkeitsstufen. Ich wollte das Erlebnis, jedoch nicht die Herausforderung, die mich zu schnell zur Weißglut trieb und in der Folge zur Aufgabe zwang. Ich wollte einfach nur unmittelbares Explosionschaos, ohne ständig draufzugehen. Doch auch das legte sich mit der Zeit. Ich will nicht unbedingt sagen, dass ich besser geworden bin. Mit dem Alter vermutlich einfach geduldiger und leidensresistenter. Ein weiterer Grund für den späten Einstieg, abseits der Kinderfreundlichkeit, dürfte die fehlende Zugänglichkeit auf dem deutschen Markt gewesen sein. Auch wenn Shmups eines der klassischsten Videospielgenres überhaupt sind, schafften es viele ab den 1990er Jahren selten von Japan in den Westen. Oft sogar nur in abgewandelter Form, angepasst für den europäischen Markt. Wahrscheinlich waren wir dieses bunte Geflimmer abseits der Atari-Hits und dem gesetzten R-Type einfach nicht gewohnt.

Genau deshalb habe ich wohl auch Masayas Gleylancer verpasst, das 1992 für das SEGA Mega Drive erschien. Naja gut, und wahrscheinlich deshalb, weil ich gar kein Mega Drive besaß. Aber selbst wenn ich es besessen und dem äußerst unwahrscheinlichen Fall nach davon gehört hätte, spielen wäre nicht möglich gewesen. Japanische Version – Region Lock – willkommen in der Steinzeit. Dabei sieht das aus wie der Prototyp eines klassischen Shmups. Horizontal, aufgeräumt pixelig, übersichtlich beim Schusswaffengebrauch, kontrastreich genug, um Ausweichmanöver zu starten. Dazu diese charmante nostalgiegeladene Chiptune-Musik, die die Actionszenen des im All fliegenden Raumschiffs elegant unterstützt. Hach, ich hätte es vermutlich schon damals geliebt. Erstmals weltweit in Erscheinung getreten ist Gleylancer 2008 auf der Wii. Ja Entschuldigung, wieder verpasst. Ich habe die Konsole mit der klobigen Bewegungssteuerung halt echt gehasst. So ist die CSH-01-XA „GleyLancer“ eben erneut ohne mich im Jahr 2025 in den Krieg gegen unbekannte Alien-Rassen gezogen.  

Was für eine Zeit, um am Leben zu sein

Dabei ist die Geschichte für diese Zeit fast schon feministisch. Denn nicht eine Damsel in Distress muss in diesem Krieg aus den Fängen der bösen bösen Aliens befreit werden. Es ist der Vater der 16-jährigen Star Fighter Pilotin Lucia, der gefangengenommen und aus der Kriegszone teleportiert wurde. Kurzum entführt die junge Lucia die GleyLancer, schnappt sich ihren guten Freund Teim und geht auf Rettungsmission. Aber zum Glück leben wir ja inzwischen in einer Zeit, in der zum einen in manchen Fällen auf die Community gehört wird und Indie Publisher wie Ratalaika Games solche Dinger auch knapp 30 Jahre nach deren ursprünglichen Release digital breit zugänglich machen. Und das ungeachtet der damaligen gemischten Rezeption.

Wobei ungeachtet hier wohl das falsche Wort ist. Denn zum einen scheint hier viel Leidenschaft an dem Spiel zu bestehen. Zum anderen wurden sowohl die Spielmodi als auch die Steuerung überarbeitet. Außerdem sollen bestimmte Features zur besseren Zugänglichkeit geschaffen werden, um die Space Opera der Neuzeit anzupassen. Alles andere bleibt gewohnt kauzig Retro. So schafft es auch Gleylancer zu neuer Blüte, wenn es am 15. Oktober 2021 auf PS4, Xbox One, Xbox Series X|S und Switch erscheint. Ob ich es dieses Mal wohl schaffe dieses klassische Shoot’em Up tatsächlich zu spielen?

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Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.

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