Mutropolis | Expedition zur Erde

Im Jahr 5000 sind die Errungenschaften der Erde vergessen. Nur Archäologe Henry glaubt an die Erzählungen um die Stadt Mutropolis.

Dank des rücksichtslosen Umgangs der Menschheit mit unserem Heimatplaneten scheint es gar nicht so abwegig, dass die Erde in einer absehbaren Zukunft irgendwann unbewohnbar wird. Die Menschen verschwinden also auf irgendeinen vergleichbaren Planeten und nach Jahrtausenden weiß niemand mehr so recht, ob die Geschichten um die Erde überhaupt noch wahr sind. Aus Neugier schicken sie dann ein Archäolog_innen-Team dorthin zurück, fangen an mit den professionellen Ausgrabungen und finden – die Aufzeichnung einer Episode Teletubbies. Wenn das Forschungsteam nicht bereits jetzt einfach im Affekt die Erde wieder verlassen hat, könnten sie Berge von Müll aus den Ozeanen fischen oder sich fragen, warum ihre Vorfahren aus der Antike überhaupt auf die Idee kamen die Außenluft mit pilzähnlichen Riesenheizungen zu wärmen.

Wer bitte ist dieser Sony Walkman?

Doch Henry Dijon lässt sich von solchen Ereignissen bestimmt nicht schocken. Er ist im Jahr 5000 mit seinem Team auf der Erde, um den Sagen auf den Grund zu gehen. Auf der Suche nach verlorenen Schätzen. Auch wenn dabei die Frage aufkommen mag, „wer eigentlich dieser Sony Walkman war? Und wo er denn hingegangen ist?“ Doch während der friedlichen Arbeiten verschwindet plötzlich der Professor des Expeditionsteams und die Geschichte nimmt einen äußerst seltsamen Verlauf. Das spanische Indie Game Studio Pirita Studio lässt nur so viel verlauten, „die alten ägyptischen Gottheiten gibt es wirklich und sie trachten danach die Menschheit zu zerstören. Also viel Spaß damit.“

Na danke, erst ködert ihr uns mit den wirklich putzig handgemalten Szenerien und dann hetzt ihr uns doch noch Gottheiten auf den Pelz. Mit God of War ähnlichem Gemetzel musst du aber dennoch nicht rechnen. Mutropolis trägt klassische Point-and-Click Adventures im Herzen und verbindet es mit einer modernen Spieloberfläche. Und genau diesen bekannten Charme, kombiniert mit dem wirklich tollen, leicht kuscheligen Zeichenstil, der ein wenig an Broken Age erinnern mag, hat mich schon in der Demo zur gamescom 2020 die Zeit vergessen lassen. Hier kannst du ganz nostalgieschwanger der vergangenen Popkultur frönen. All das bekommt dann so einen leicht mystischen Touch, wie er sich zum Beispiel um die Ausgrabungen der E.T. Atari Module im Jahr 2014 gelegt hat. Unglaublich greifbare archäologische Arbeit.

Ausgrabungsstätte Mutropolis

Beatriz Gascón und Juan Pablo González, die zusammen das Team von Pirita Studio bilden, stellen sich die Frage, was wohl mit der Erde passiert ist, wenn die Menschen einmal in Richtung Mars geflüchtet sind. Werden kulturelle und technische Errungenschaften überhaupt noch gesellschaftliche Relevanz besitzen? Was hat auf der Erde überlebt? Und vor allem, wie reagieren involvierte Menschen, wenn sie 3000 Jahre später einen Eindruck von den Irrungen und Wirrungen der Menschheit bekommen? Wo Forscher_innen auf Indiana Jones, Mona Lisa und Graffiti treffen, sind kuriose Reaktionen und Ereignisse unumgänglich. Und genau davon lebt das Storytelling, leben die skurrilen Welten des Point-and-Click Genres. Humoristisch auf jeden Fall, aber immer mit einer Nuance pointierter Gesellschaftskritik.

Die Demo hat zwischen all den verschrobenen Charakteren und der wunderschön gezeichneten Schauplätze genau das angeteasert. Wenn Mutropolis das in einen sich stets hochschraubenden, interessanten Storystrang integrieren kann und seine archäologischen Rätsel dem Eintauchen in die Welt und dem Fortschreiten der Story widmet, wird hier ein wirklich spannendes Adventure warten. Die Inszenierung der verwilderten Erde, die zu dramatischer Musik Eichhörnchen und Katze zeigt, ist jedenfalls äußerst treffend arrangiert. Knapp drei Wochen musst du auf den Start der Expedition zur Erde noch warten. Mutropolis erscheint über Application Systems Heidelberg am 18. Februar 2021 auf Steam und GOG.

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Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.

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