Minute of Islands | Insel-Ingenieurin

In Minute of Islands hängt das Fortbestehen eines ganzen Inselökosystems an der Fähigkeit einer einzigen Frau.

Technik hat mich schon immer fasziniert. Schon früh saß ich vor dem Plattenspieler meiner Eltern, habe die vielen Knöpfe der Anlage angestarrt und überlegt, ob nun Die Mumins oder Die Schlümpfe unter der Plattennadel rotieren sollten. Ich habe meinem Opa gebannt dabei zugesehen, wie er Dinge in seinem Garten zusammenbaute oder reparierte. Und immer wieder habe ich meinen Dad dazu angehalten, doch bitte die Motorhaube des Autos zu öffnen, damit ich einen Blick hineinwerfen konnte. Etwas Defektes mit geschickten Handgriffen dazu zu überreden doch bitte wieder zu funktionieren, wirkte auf mich äußerst beeindruckend. Fast wie Zauberei! Von einem auf den anderen Moment von „nicht brauchbar“ in „äußerst hilfreich“ verwandelt. Es war also kein allzu abstrakter Gedankengang, das auch in mein Berufsleben integrieren und Dinge reparieren zu wollen. Wie ich mich allerdings gefühlt hätte, wenn ich wirklich die Einzige bin, die sowas kann, mag ich nicht mal ansatzweise überdenken.

Ich muss das reparieren! Ich muss das reparieren?

Zum Glück haben sich Studio Fizbin darüber eh schon Gedanken gemacht und Minute of Islands erschaffen. Die Held_innenreise also nicht wie sonst so üblich einfach bestreiten, sondern thematisieren, was das mit den Menschen macht und ob sie das überhaupt weiter verfolgen wollen. Die Mechanikerin Mo lebt mit ihrer Familie auf einer wunderschönen Inselgruppe. Um dort jedoch leben zu können, bewirtschaften dort mit ihnen zusammen lebende Riesen gigantische lebensnotwendige Maschinen. Als diese plötzlich ausfallen, zieht ein mysteriöses Gas über die Insel, befällt Lebewesen mit einem Pilz und lässt sie in der Folge mal schneller, mal langsamer sterben. Es liegt an Mo die Maschinen wieder zum Laufen zu bringen und der Bedrohung auf den Grund zu gehen.

Minute of Island verbindet die so beliebte Held_innenreise mit Themen der psychischen Gesundheit. Druck, Abhängigkeit, Traumata und Erinnerungen drängen sich in das narrative Puzzlespiel. Beim Erkunden der unglaublich detailverliebten Comicwelt triffst du auf verschiedenste Wesen und tauchst in vergangene Erinnerungen, die immer wieder ein Stückchen mehr von der mysteriösen Welt preisgeben. Mit den Händen in den Taschen zieht Mo aus, um mit ihrem Omni-Switch ausgefallene Antennen und Lüftungsanlagen zu reparieren und zu reaktivieren. Studio Fizbin kreieren mit Minute of Islands nicht nur ein ausdrucksstarkes narratives Puzzle-Adventure, sondern erschaffen ebenfalls Projektions- und Reflexionsfläche. Eine Erfahrung, die Spiegel und „gesehen werden“ bietet, aber auch das Hinterfragen anregen kann.   

Minute of Islands Demo vor dem baldigen Erscheinen zum Steam Spiele-Festival

Nach Jahren als Mechanikerin musste ich feststellen, dass mein Wunsch in Ruhe an Dingen zu knöstern mit dem Druck und den Zeitvorgaben des Kapitalismus nicht in Einklang zu bringen sind und am Ende nicht nur mich, sondern auch meinen Geist und meinen Körper völlig aus der Bahn geworfen haben. Zum Glück besaß ich eine andere Leidenschaft, die, noch viel mehr als das Reparieren, um Geltungsanspruch rang. Wie aber auf solche Konflikte reagieren, wenn das Leben aller Bewohner_innen von mir abhängen würde? Ich bin froh, dass diese Frage auf Mo abgewälzt wurde und ich dieses Erlebnis nicht allein durchleben muss, sondern mit Mo zusammen. Wie mit der Bürde der „Retterin“ umgehen? Ist es tatsächlich das Richtige für die Inseln? Das Richtige für Mo selbst? Auf diese Reise zur Selbsterkenntnis bin ich seit eineinhalb Jahren so sehr gespannt, dass es mir fast einen Luftsprung entlockte, als Mixtvision und Studio Fizbin nun endlich das finale Veröffentlichungsdatum bekanntgaben.

Zum Steam Spiele-Festival vom 3. bis zum 9. Februar 2021 steht dir eine Minute of Islands Demo zur Verfügung, die ich vorab schon spielen durfte. Nicht nur kannst du dir einen Eindruck von der wirklich zauberhaften Comicgestaltung, sondern auch von der einzigartigen atmosphärischen Stimmung auf den Inseln verschaffen, fantastisch erzählt von Megan Gay. Nach zwei Teilen des ersten Kapitels wurde plötzlich der Bildschirm langsam schwarz. In meinem Kopf erklang ein, „Nein, nicht jetzt!“ und das Ende der Demo war erreicht. Das Erkunden der Insel und das Anfreunden mit der Welt gelangen so unmittelbar, dass jegliches Zeitgefühl verschwand. Zurück in meiner Bibliothek hatten sich jedoch bereits 63 Minuten für das Spielen der Demo verewigt. Besser kann Eintauchen wohl nicht funktionieren. Minute of Islands erscheint am 18. März 2021 auf Steam, GOG und im Humble Store für PC, sowie auf PS4, Xbox One und Switch.

Update 03.03.2021, 18:00 Uhr:

Aufgrund technischer Probleme, die in der Phase des letzten Testlaufs aufgetreten sind, werden Studio Fizbin und Mixtvision den Release am 18. März 2021 nicht einhalten können. „Wir können es kaum erwarten, unser Spiel in freier Wildbahn zu sehen“, sagt Anjin Anhut, Game Director bei Studio Fizbin, „aber wir möchten sicherstellen, dass jeder es in bestmöglichem Zustand genießen kann. Wir hoffen, dass die Spieler*innen sich bald mit unserer Protagonistin Mo auf die Reise durch die fantastische Welt von ‘Minute of Islands’ begeben und selbst herausfinden, was dieses Spiel so besonders macht.“

Einen neuen Termin soll es erst geben, wenn sich alle Beteiligten absolut sicher sind, dass das einzigartige Erlebnis nicht von technischen Schwächen beeinflusst wird. Auch wenn wir uns auf ein baldiges Reparieren mit Mo gefreut hatten, finden wir diese Entscheidung wichtig und richtig. Viel Erfolg beim Finden der kleinen Käfer, liebes Studio Fizbin. Sobald es Neuigkeiten zu einem neuen Veröffentlichungstermin gibt, werden wir ihn euch natürlich mitteilen.

Update 14.06.2021, 2:15 Uhr:

Und schwupps, ist Minute of Island da. Einfach so aus der Future Games Schow geschlüpft. Ab jetzt kannst du Studio Fizbin Inselabenteuer auf Steam, GOG, Humble Store, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One und Switch genießen. Mehr dazu dann auch ganz bald bei uns.

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Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.

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