No Longer Home | Ungewollter Abschied

Home is where the Heart is? Von wegen, viel zu oft entscheiden – wie in No Longer Home – Regierungen darüber, wo du dein Leben zu verbringen hast.

Ich kann kaum zählen wie oft ich schon umgezogen bin. Wirklich ungern habe ich mein letztes Zuhause nie verlassen. Nur beim letzten Umzug zog ein kleines bisschen Wehmut mit um, weil ich mich einfach an die Menschen, die ich mit meiner flauschigen Mitbewohnerin auf unseren Abenteuern (aka Spaziergang) traf, gewöhnt hatte. Ich hatte mich eingerichtet wenn auch nicht alles stimmte. Dennoch war die Freude auf das, was da kommen sollte, viel zu groß, um auch nur annähernd Bedenken zu hegen. Ich kann mir also nicht mal annähernd vorstellen, wie es sein mag seines Zuhauses, geschweige denn des Landes verwiesen zu werden, weil ein offizielles Dokument besagt, dass ich meine eigentliche Aufgabe dort beendet habe. Ich konnte mich immer selbstbestimmt für oder gegen einen Umzug entscheiden. Im semibiographischen Narrative No Longer Home kann das Ao nicht.

Du kannst hier nicht bleiben

Das Zuhause, das sich Bo und Ao in London während ihrer Studienzeit aufgebaut haben, es wird dank Visa Limitation bald nicht mehr ihr gemeinsames Zuhause sein. Das Leben, fremdbestimmt von der Regierung, die nach dem Studium sagt, du wirst hier nicht mehr gebraucht. Es ist Zeit Abschied zu nehmen, von deinem Zuhause und von Bo. Der Person, mit der du über ein Jahr lang dein Leben geteilt hast. Eine unbestimmte Zukunft wartet, die nicht nur Emotionen und Erinnerungen weckt, sondern auch Zukunftsängste und Unsicherheit auslöst.

„Prekarität und Identität sind die primären Themen der Story. Die Ereignisse im Spiel basieren auf unseren eigenen Erfahrungen zu einer Zeit, als wir uns vom Leben nach der Uni desillusioniert fühlten und versuchten herauszufinden, wie es weitergehen soll“ sagt Lead Writer und Cinematographer Cel Davison (they/them). „In No Longer Home geht es um die Erkundung des eigenen Platzes in der Welt und das Finden des Zauberhaften in der alltäglichen Häuslichkeit.“ Lead Artist und Animator Hana Lee (they/them) fügt hinzu, dass die Arbeit an No Longer Home auch eine Art Erforschung und Ausdruck ihrer eigenen Emotionen war, die nach dem Abschied unweigerlich folgten. Außerdem konnten sie so zwischen Großbritannien und Japan einfacher Kontakt halten.

No Longer Home wirkt wie ein Theater-Diorama

Humble Groves und Fellow Travellers No Longer Home erzählt ein Scheibchen des Lebens, das sich vor allem mit Abschied und Identität beschäftigt. Durch Konversationen und das Umherstreifen durchs Haus in London erfährst du mehr zu Charakterzügen und Lebenssituationen von Bo und Ao. Die beiden Entwickler_innen legen großen Wert auf die Szenerien und was diese im Stande sind zu erzählen. Ihre Spielumgebungen ähneln in ihren Low-Polydesign kleinen Theater-Sets, die abermals Emotionen, Erfahrungen und Symboliken transportieren. Dazu zählt dann auch die Erforschung der eigenen Identität.

Nicht nur Bo und Ao sind Non-Binary Personen, auch die Entwickler_innen bei Humble Groove sind es. Durch den autobiographischen Einfluss und das Integrieren von diversen Charakteren wollen sie eine breitere Zugänglichkeit für Menschen garantieren, die in Videospielen sonst gerne übersehen werden. Doch nicht nur Sichtbarkeit und die Beschäftigung mit ungewolltem Abschied macht dieses Narrative so spannend. Die melancholische, desillusionierte Atmosphäre beim Erkunden des Hauses konnte schon zur LudoNarraCon Demo (noch immer auf Steam spielbar) ihre Stärken zeigen. Zwischen gepackten Umzugskisten, Fruchtfliegen, Katzen und strangen Vorkommnissen entfaltete sich ein ganz eigener Drive. Und genau den darfst du schon in ein paar Tagen inklusive des Gefühls des Abschied nehmen Müssens in Gänze erleben. No Longer Home erscheint am 30. Juli 2021 auf Steam, Epic Games Store, Humble Store und GOG.

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Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.

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