Irgendwas ist in deinen Gehirnzellen auf wesentliche Trigger konditioniert. Simpler Abruf gespeicherter Anreize. Du liest nur Point & Click und Pixel. Schon hängst du am Rest der Zeilen. Cyberpunk oben drauf und der Drops ist gelutscht.
Die deutsche Sprache bietet für diesen Umstand eine Floskel: „Eine Schwäche für etwas haben“ und gibt gleichzeitig dessen negative Konnotation mit auf die Reise zum Empfangszentrum. Selber Schuld also, dass du ständig darauf reinfällst. Du bist eben Schwach, kannst nicht anders. Du hast keinen Willen, das jemals zu ändern und deshalb versagst du. Immer und immer wieder.
Die englische Sprache hingegen bietet folgende Redewendung: „To be a sucker for sth!“ Völlig losgelöst von diesen Satzfragmenten kann „sucker“ zwar durchaus zum Trottel oder Dussel mutieren, jedoch wird im genannten Zusammenhang die positive Seite des Menschen herausgestellt. Sucker ist hier als imaginärer „Saugnapf“ zu verstehen. Der Mensch bekommt ein Interessen-Upgrade und sammelt endlosen Input zum immer gleichen Thema. Nicht die Schwäche steht im Vordergrund sondern die Beharrlichkeit alles „aufsaugen“ zu wollen. Gefällt dir eigentlich ganz gut! Und wo du jetzt sowieso schon ein Saugnapf bist, kannst du auch gleich noch The Sundew mit aufsaugen.
Was passiert eigentlich in Shibukawa, der neuen Hauptstadt Japans in Jahr 2054? Genau das ist die Frage, seitdem Roboter alle Cyber-Cops ersetzten und jede Art der Kriminalität nahezu ausrotteten. Anna Isobe ist so eine Cyber-Polizistin. Ihr Job ist zur Bedeutungslosigkeit verkommen, Langeweile beherrscht ihren Alltag. Doch mögen die Erfolge der Roboter statistisch noch so schön klingen, den ausgeklügelten künstlichen Intelligenzen fehlt es an wichtigen Eigenschaften. Unterscheidung, Urteilsvermögen und Scharfsinn! Anna fühlt sich einsam inmitten der zahlreichen Roboter.
Und so entwickelt sich eine fesselnde Geschichte um Freundschaft, Intrigen und Duplizität in 2D-Retrooptik, die ihren reichhaltigen LucasArts-Einfluss absolut nicht leugnen kann und will. Muss sie auch gar nicht. Agnès Vuillaume alias Clemenc von 2054 aus Frankreich saugt Point & Click Abenteuer und Cyberpunk Kultur ebenso auf wie du. Sie arbeitet allein an dem ambitionierten Projekt, das im Sommer 2020 für PC erscheinen soll. Die Vorlieben der 42 jährigen aus Gaming, Computer und Robotern werden ebenso in die retrofuturistische Welt eingebunden, wie neue Techiken der Beleuchtung, um den charmanten Pixeln ihre Eigenheit und Frische zu verleihen.
The Sundew ist ein klassisches Adventure mit Tiefgang, Mord, Akohol, Sex und Drogen. Hm, nein, Eigentlich nur Alkohol. Ein wenig. Ein oder zwei Bier, vielleicht mehr und einen Whiskey. Und vielleicht einer toten Person! Sehr tolle Pixelkunst in jedem Fall, die ihr düsteres Ambiente nicht nur in den Bildern, sondern auch in der elektronischen Chiptune Musik entfaltet.
Wenn du jetzt auch ein Saugnapf sein willst oder bist, solltest du mal rüber zu Kickstarter surfen und Clemenc bei ihrem aller ersten, alleinigen Adventure Projekt The Sundew unterstützen, damit die Games Branche mehr interessante Geschichten, komplexe Charaktere und Themen erhält. Zur Zeit sind leider erst 30% des Ziels erreicht was bedeutet, dass du in den verbleibenden sieben Tagen mal all deinen Sucker-Homies Bescheid geben solltest, damit sie nicht als Lauch verkommen und sich auf dieses retrofuturistische 80er Pixelspektakel freuen und eventuell auch den Prototypen spielen können.
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Autorin: Benja Hiller
Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.