Das Gute am späten Erscheinen unserer besten Indie Game Releases im November 2021? Mehr als die Hälfte ist schon erschienen.
Unpacking
Witch Beam / Humble Games (2. November 2021 | Steam, GOG, Humble Store, Xbox One, Switch)
An einem Umzug ist eigentlich absolut nichts entspannend. Auch das Auspacken nicht! Vor allem, wenn du nicht mal weißt wohin mit dem ganzen überflüssigen Kram. Vorfreude entsteht trotzdem jedes Mal beim Gedanken daran, das neue eigene Heim endlich mit deinen Persönlichkeiten zu verzieren. Mega ambilvalentes Erlebnis. Witch Beam erschaffen aus diesem nötigen Übel in Unpacking eine fast meditative Erfahrung, in der du das ganze Leben einer Person auspackst und die Dinge, die da so kommen, an sinnvolle Orte stellst. Da soll es dann des Öfteren bei der jüngeren Generation dazu kommen, dass der GameCube als Haushaltsgerät in der Küche landet. Leute, so geht das nicht! Denn der schmachtende Puzzler möchte schon, dass du die Teile an die richtige Stelle packst. Denn nur so lernst du über die Zeit auch etwas über die Menschen, deren Kisten du auspackst. Einmal ungestresst einen Umzug beenden. In Unpacking ist das möglich. Vorausgesetzt, du weißt, wo der GameCube hinkommt.
Conway: Disappearance at Dahlia View
White Paper Games (2. November 2021 | Steam, Epic Games Store, GOG)
Die Animationen und der Style von Conway erinnert mich ein wenig an das kauzige, aber wundervolle Last Stop. Doch irgendwie passt dieses Design perfekt für die mysteriöse Geschichte um ein verlorenes Kind. Und ein bisschen verbinden White Paper Games hier den abgehalfterten Ermittler der Noir Erzählungen mit Parallelen zu Das Fenster zum Hof. Denn der pensionierte Ermittler Robert Cornway beobachtet nach dem Verschwinden des Mädchens im 1950er Jahre England seine Nachbarn aus seinem Appartement heraus. Als die Verdachtsmomente zunehmen, schnüffelt er intensiver. In diesem Thriller gibt’s reichlich Licht und Schatten, dubiose Charaktere, düstere Ecken und atmosphärische Inszenierung. Also eigentlich alles, was ein suspensehaltiger Thriller im Sinne Hitchcocks benötigt, um reichlich nägelkauende Spannung zu kreieren.
To The Rescue!
Little Rock Games / Freedom Games (2. November 2021 | Steam)
Tierheime sind ganz wundervolle Einrichtungen, die ihre Bewohner_innen nicht als profitable Gebärmaschinen halten, sondern Tieren aus prekären Verhältnissen ein neues Zuhause schenken wollen. Und wie dankbar die Tiere darüber sind, das erfährst du, wenn du mal durch ein Tierheim schlenderst oder wenn du eines dieser Tiere adoptierst. Es ist unglaublich dabei zuzusehen, wie es endlich seinen Platz findet, auftaut und seine Persönlichkeit entfalten kann. In To The Rescue übernimmst du genau diesen Ort, der ein neues Zuhause erst möglich macht, das Tierheim. Und für Hunde-Menschen zum Vorteil, handelt es sich hier um eine Hundeauffangstation. Du lernst Hunde kennen, erforschst was sie brauchen, schaffst Platz, Essen und Möglichkeiten heran, baust an oder um, rufst aber auch den Tierarzt und versuchst Finanzierungswege zu finden. Eine klassische Simulation halt, nur dass du hier quirligen Hunden bei ihrem Tun zusehen kannst. 20% aller Einnahmen fließen übrigens direkt in die Arbeit von echten Tierheimen.
Time Loader
Flazm / META Publishing (3. November 2021 | Steam, Epic Games Store, GOG)
Wer mit der Zeit spielt, spielt mit dem Raum-Zeit-Kontinuum. Das jedenfalls wissen wir seit es uns Doc Brown gesagt hat. Wer in der Vergangenheit etwas ändert oder durch Zufall Begegnungen beeinflusst, wird in der abgeänderten Zukunft mit den Konsequenzen leben müssen. Diese Konsequenzen betreffen dann oft nicht nur dich persönlich. Musste auch schon Ashton Kutcher in Butterfly Effect feststellen. Der Erfinder Adam hat all diese Filme wohl nicht gesehen und schickt in Time Loader seinen kleinen selbstgebauten Roboter zurück in die 1990er Jahre, um einen tragischen Unfall zu verhindern. Mit den Konsequenzen, die sich aus dem rollenden Platformer ergeben, muss er sich am Ende trotzdem auseinandersetzen. Aber was solls, sich mit dem Roboter spielerisch durch das Haus und Umgebung zu manövrieren und sich mit dessen verteidigungsfreudiger Katze auseinanderzusetzen, ist sowieso schon zu verlockend, als es bleiben zu lassen.
Tunche
LEAP Game Studios / HypeTrain Digital (3. November 2021 | Steam, PS4, Xbox One, Switch)
Tunche – oder auch Rauferei im Regenwald. Denn in LEAP Game Studios Beat’em-Up-Hack’n-Slash Game prügelst du dich rasant durch illustre Gegner des tropischen Waldes. Dabei ist der handgezeichnete Stil in Kombination mit der flotten Action das ausSchlag(haha)gebende Argument. Als würden sich deine Lieblingscharaktere aus dem samstäglichen Comic-Frühstücksfernsehen unmittelbar in die Wald-Keilerei begeben. Fünf Charaktere warten dabei ihre speziellen Fähigkeiten anwenden zu können. Von dir allein gesteuert oder mit drei weiteren Freund_innen im Coop. Und glaub mir, so ein Beat’em Up spielt sich am besten gemeinsam auf der Couch, wenn die direkten Reaktionen zu den fliegenden Füßen erlebbar werden. Und da Tunche sich ebenfalls an der momentan nötig scheinenden Roguelike-Mechanik bedient, bringt jeder Durchgang mehr Fähigkeiten und einen weiteren Schnipsel Story nach Hause.
Demon Turf
Fabraz / Playtonic Friends (4. November 2021 | Steam, Epic Games Store, GOG, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One, Switch)
Demon Turfs Style ist mit seinen platten 2D-Charakteren innerhalb der 3D-Dämonenumgebung einfach mega abgefahren. Ein bisschen so, als hätten die völlig unbekannten Statist_innen von Paper Mario aus Langeweile einen Ausflug in die Unterwelt unternommen. Zwar geht es in Fabraz 3D-Platformer auch darum, das böse zu bekämpfen, doch nur, um sich mit Protagonistin Beebt an die Spitze zu setzen und als Dämonenkönigin auserkoren zu werden. Jede_r besitzt halt seine ganz eigene Motivation, Dinge zu tun. Klassisch ist hier wahrscheinlich nur die Genre-Beschreibung. Von der rappenden Heldin über die Optik bis hin zu den bunten Charakteren der Welt, schreit hier alles nach Erleben wollen. Von übertrieben quietschig bis unglaublich düster vergehen hier vermutlich nur Sekunden. Abgefahren eben! Und wer das vorherige Spiel der Developer (Slime-san) gespielt hat, weiß vermutlich wovon ich hier rede.
Where Cards Fall
The Game Band / Snowman (4. November 2021 | Steam, Epic Games Store, Switch)
Where Cards Fall trifft, ohne dass ich weiß, worum es geht, meinen Weak-Spot. Die fast dioramenhafte Anlage, die sanfte Farbwahl inmitten eines Low Poly Looks, der dennoch Raum für Details lässt. Entspannte Töne unterlegen das Geschehen und inmitten dieser Dioramen wirbeln Karten umher. Okay, Kartenspiele sind so gar nicht meins, aber hör jetzt nicht auf zu lesen. Ich habe die Karten öfter genutzt, um Kartenhäuser zu bauen, als mit ihnen Spiele zu spielen. Einmal sogar ein richtig hohes. Ach nee, das waren Bierdeckel. Aber egal. In Where Cards Fall nutzt du diese Karten, um Häuser zu bauen und sie als Plattformen zu nutzen, die in jedem Diorama zu einem Ort führen, der einen kleinen Teil einer dialogfreien Coming-of-Age Geschichte über Unsicherheit und Emotionen erzählt. Und wie dynamisch authentisch die Karten durch die kleinen Szenen wirbeln, ist wirklich beeindruckend. Hier sprüht so viel Herzblut aus dem Trailer, dass du dem Puzzler eine Chance geben musst. Es geht gar nicht anders.
Epic Chef
Infinigon Games / Team17 (11. November 2021 | Steam, PS4, Xbox One, Switch)
Die einen wollen Dämonenkönigin werden, die anderen der beste Koch weit und breit. Und Kinder, die was wollen, kriegen was auf die Bollen. Zumindest wurde mir das früher immer gesagt. Dabei ist ein Ziel doch eigentlich gar nichts Schlechtes im Leben. Vermutlich war mein kurzfristig gesetztes Ziel, an Süßigkeiten zu kommen, kein allgemein erstrebenswertes? Süßigkeiten, oder vielmehr süße Zutaten, gehören jedenfalls zum Repertoire der Stadt Ambrosia in Epic Chef. Hier ermöglicht dir ein dynamisches Rezepterstellungssystem das Experimentieren mit Tausenden von Zutaten. Denn was du am Ende kredenzen wirst, soll ja alle überzeugen, dass du der Epic Chef hier bist. Niemand sonst! Das geht sicher mit Tomaten-Soufflé und Ungeziefer-Scheibchen an Béchamelsoße. Klar doch, so lange du den Geschmack der Jury-Mitglieder triffst, ist hier alles erlaubt. Ein Kochduell am Rande des Wahnsinns. Britta von Lojewski wäre sicher stolz auf dich.
Moncage
Optillusion / XD (16. November 2021 | Steam)
Als Redakteur_innen wissen wir hier sehr genau, wie wichtig Perspektiven sind. Denn der ein oder andere Blickwinkel schafft neue Ansichten und Herangehensweisen. Auch Moncage arbeitet damit und lässt dich auf eine Welt blicken, die in einem mysteriösen Würfel gefangen ist. Und hier verändert sich die Szenerie mit deinem Blick von Außen. Hast du gerade noch einen Baggerarm gesehen, ist es in der anderen Szene der eines Roboters. Das Puzzle-Adventure fasziniert durch Illusion. Und mögen die Szenen auch noch so lose verbunden sein, der zweite Blick offenbart die Gemeinsamkeiten der Welten. Faszinierend sieht dieses Spiel mit der Optik im Trailer aus. Ebenso wie der Artstyle, der unseren redaktionsintern geliebten Low Poly Look gekonnt in Szene setzt. Du wirst wohl viele Gehirnszellen verbrauchen, um die Magie des Zusammenhangs auszulösen. Doch keine Angst, die Entwickler_innen bei Optillusion geben dir reichlich Hilfe an die Hand, wenn du sie denn benötigst.
The Last Stand: Aftermath
Con Artist Games / Armor Games Studios (16. November 2021 | Steam, Epic Games Store, GOG, PS5, PS4, Xbox Series X|S)
Ein Zombi muss sterben, damit wir leben können. Nein, nein, nein, nicht was du jetzt denkst. Die Welt von The Last Stand: Aftermath ist vermutlich schon hoffnungslos verloren. Es ist immerhin der dritte Teil der Reihe. Hier wüten die Zombis seit Ewigkeiten und du ziehst aus, um die Umgebung nach weiteren Überlebenden zu durchsuchen, nach Kraftstoff und vor allem Essen. Doch dein Leben ist endlich, denn das Virus hat dich bereits infiziert. Entweder frisst deinen Körper bald diese komische Krankheit auf oder ein dahergelaufener Zombi. Aber das ist in diesem Adventure kein Problem. Nach dem Zombi ist vor dem Zombi. Stirbst du, übernimmst du eine_n neue_n kranke_n Überlebende_n. Und kein Grund zur Sorge, dank Roguelite-Mechanik bekommt diese Person alles, was die vorherige bereits geschafft und eingesammelt hat. Aus Aftermath wird flott Afterlife. Top, sone Zombiapokalypse.
…und sonst?
(Early Access, Episoden, Prologe, Ports und Indie Riesen)
03.11.2021 | Humankind – Das Fabius Maximus Update bringt reichlich Inhalt im Rahmen des Dia de los Muertos.
04.11.2021 | A Boy and his Blob – Der 2D Puzzle-Platformer Klassiker erscheint jetzt auch für die Switch.
05.11.2021 | Circa Infinity – Kenny Suns wildgewordener Präzisionsplatformer erscheint sechs Jahre nach der Erstveröffentlichung auf Steam auch auf Xbox X|S, Xbox One und Switch.
05.11.2021 | Encodya – Das Cyberpunk Adventure erscheint auf PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One und Switch.
05.11.2021 | Stilstand – Der wundervoll düster illustrierte interaktive Comic von Ida Hartmann über Einsamkeit und Unbehagen erscheint auf der Switch.
10.11.2021 | Among Trees – Die wunderschöne Survival Sandbox kommt aus den Wäldern des Early Access im Epic Store jetzt in die Lichtung von Steam.
11.11. 2021 | Breakwaters – Das Action-Adventure, in dem du mit dem Element Wasser interagierst, startet in den Early Access auf Steam.
11.11.2021 | Killer in the Cabin – Der Whodunit Multiplayer-Spaß geht am gleichen Tag ebenfalls in die offene Entwicklungsphase im Early Access auf Steam.
11.11.2021 | American Hero – Eigentlich auf dem Atari Jaguar schon für verloren geglaubt, erscheint das Full Motion Video Game etliche Generationen später auf GOG, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One, Switch und Atari VCS.
12.11.2021 | Gynoug – Ursprünglich auf SEGA Mega Drive veröffentlicht, erscheint das klassische Shmup jetzt auf PS4, Xbox Series X|S, Xbox One und Switch.
23.11.2021 | Death’s Door – Der Action-Adventure Hit aus dem Sommer kommt auf die PS5 und die Switch.
26.11.2021 | Len’s Island – Bauen, Farmen, Craften werden vermischt mit Kämpfen und Dungeons. Im Genremix im Early Access auf Steam.
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Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.