Mundaun | Bergidyll? Von wegen!

Effektiver Horror entsteht durch dichte Atmosphäre. Die grau eingefärbte Landschaft in Mundaun scheint genau das zu verstehen.

Die Berge, Landschaftsidyll, Alltagsflucht, Ruhepol und Entschleuniger. Doch da gibt es durchaus auch die andere Seite, die allein schon durch das massive Antlitz der Bergmassive gefördert wird. Einsamkeit, Abgeschiedenheit, düstere Höhlen und bedrohliche Hänge. Wenn du dir dann noch diverse Erzählungen der örtlichen Folklore vor die Nase hältst, dich in Mythologien einliest oder auch nur der regelmäßigen Berichterstattung von Bergsteiger_innen Unfällen folgst, wird dir langsam klar. Die Berge haben schon vieles gesehen und können nicht nur unglaublich schön, sondern auch wahnsinnig gruselig und angsteinflößend sein. Zwischen zwei Welten auf der Schwelle zum Wahnsinn oder wirklich so passiert? Who knows? Was jedenfalls nicht zur Beruhigung beiträgt, ist, die Szenerie in ein groteskes schwarz/weißes Antlitz zu tauchen.

Zurück nach Mundaun

Aber beruhigen will Michel Ziegler von Hidden Fields auch so gar nicht. Angst und Unbehagen schüren, das sind genau die Dinge, die in Mundaun das Mysterium im Bergdorf forcieren. Im folkloristischen Horror kehrt ein junger Mann nach dem mysteriösen Tod seines Großvaters zurück in das namensgebende Örtchen, das er seit seiner Kindheit nicht mehr besucht hat. Schnell wird deutlich, dass etwas Altes und Diabolisches die verbliebenen Bewohner_innen nicht ruhen lassen will. Und so versucht Protagonist Curdin die Gründe der bösartigen Umstände in der anmutenden Berglandschaft zu ergründen.

„Die Alpen haben eine besondere Bedeutung für mich und alles im Spiel, von der Geschichte, über die handgezeichneten Charaktere bis hin zu den Hintergründen, würdigt die außergewöhnliche Kultur der Schweizer Region Grisons,“ so Michel Ziegler. Er selbst habe als Kind viele Sommer in der Schweizer Alpenregion verbracht. Mundaun lässt sich von der traditionellen, lokalen Folklore inspirieren und entfaltet seine ganz eigenen Wege, diese adäquat weiterzutragen. Ein Passionsprojekt, das 2014 startete und die Liebe des Zeichners und Programmierers für die Region, deren Kultur und Folklore im Herzen trägt. Über Generationen wurden Märchen und Erzählungen weitergetragen. Nun also, geprägt von diesen Eindrücken, in Videospielform.

Vom Herzensprojekt zum inspirierenden Horror

Um den Horror der Erzählung und die Bedrohlichkeit der Bergmythen in Einklang zu bringen, wählt Michel einen fast metallisch wirkenden groben Zeichenstil. Durch harte Minenwahl und radierte Flächen entsteht ein grotesk scheinender, schummriger Artstyle, der ein wenig an frühe Werke des Horrorfilms wie Nosferatu erinnern mag. Handgezeichneten Skizzen werden eingescannt und wie aufgeweichtes Papier als Texturen auf die 3D-Modelle gelegt (ausführlich gezeigt im ersten Teil von „The Creation Process“ auf YouTube). So entsteht dieser einzigartige Look aus vielen Grauschattierungen, der erst bei genauem Hinsehen seine markant, grobe Linienführung offenbart. Ein ungemütliches Umfeld, das mit reichlich gruseliger Bergerzählung zu einem schummrig, schaurigen Horrorstreifen angerührt wird. Und auch das Spielsystem scheint sich auf eine intensive Horrorerfahrung vorzubereiten.

Über ausladenden Bergwiesen bis hin zum verschneiten Gipfel bist du natürlich nicht allein unterwegs. Auf deinem Weg triffst du auf Bergbewohner_innen, die offenbar ihre ganz eigene obskure Sprache sprechen. Immer wirst du Zeuge sonderbarer Ereignisse oder begegnest seltsamen Kreaturen. In die Welt integrierte Rätsel sollen vor allem die Erzählung vorantreiben und die Mythen transportieren. Aber wie du das wahrscheinlich selbst kennst, wenn die Angst über dich einfällt, bewegen und Vorankommen fällt schwer. Ein Furchtresistenzfaktor kümmert sich in einem „Ursache und Wirkung“-System genau um dieses Phänomen. Je größer deine Angst, desto langsamer bewegst du dich. Und genau diese Details, die in Zieglers Herzensprojekt zusammentreffen, könnten ein Horrorerlebnis kreieren, das du nicht allzu oft miterleben wirst. Mundaun erscheint am 16. März 2021 mithilfe des Publishers MWM Interactive auf Steam, im Epic Games Store, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One und Switch.

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Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.

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