Re:Turn 2 – Runaway Review | Da steht ein Zug im Nirgendwo 

Red Ego Games schicken euch in ihrer Fortsetzung Re:Turn 2 – Runaway zurück in den schaurigen Zug des ersten Teils. 

Stellt euch vor, ihr entkommt gerade so einem mordlustigen Gespenst. Ihr seid die einzige Person, die es irgendwie lebend aus dieser brenzligen Situation schafft. All eure Freunde bleiben dort, sind voraussichtlich tot. Ihr entkommt über einen See und seid erstmal sicher. Doch plötzlich entdeckt ihr auf der anderen Seite merkwürdige Botschaften, die nur mit einer UV-Lampe sichtbar sind. Dort stehen die Namen eurer Zurückgelassenen sowie einige kryptische Botschaften. Was würdet ihr machen? Es ignorieren? Hilfe holen? Oder auf eigene Faust zurück in den Zug, weil das definitiv eine Nachricht eurer Bekannten ist? Ich bin ganz ehrlich, die letzte Alternative klingt für mich nach völligem Wahnsinn. Wie stark kann denn etwas noch nach einer Falle riechen? Wie naiv muss eine Person sein, um darauf reinzufallen? Existieren in diesem Szenario keine Horrorfilme, die genug Beispiele gezeigt hätten, dass das hier eine enorm dumme Idee ist? Ich weiß es nicht! 

Endstation Geisterwelt 

Die Grundprämisse regt mich also schon auf. Wozu habe ich im ersten Teil alles dafür gegeben, aus diesem Zug zu entkommen, wenn es danach keine dreißig Minuten dauert, bis die Hauptfigur Saki wieder dort landet? Wieso nähert sie sich ihrem Verlobten Sen, der so offensichtlich besessen ist, dass die katholische Kirche schon eine ganze Armee an Exorzisten gesandt hätte? Klar, gruselige Geschichten basieren oft darauf, dass Charakteren eine gefährliche Neugier innewohnt, die sie zu gefährlichen Handlungen antreibt. In Re:Turn 2 – Runaway ist jedoch der gesamte Anfang des Spiels eine Aneinanderreihung von konstruierten, unsinnigen Handlungen, die mich völlig fassungslos zurücklässt. Selten hat mich ein Spiel so schnell verloren und musste mich danach erst wieder einfangen und fesseln. Die Red Ego Games wollten ihre Welt unbedingt weiter ausbauen, was an sich keine schlechte Idee ist. Doch wo ist das erzählerische Geschick des ersten Teils hin? Gibt es hier nur diesen einen Zug? 

Ich fühle mich wie in einer Sackgasse, denn wirklich viel Neues gibt es hier nicht. Die Geschichte wird so nahtlos weitererzählt, dass beide Teile theoretisch auch ein längeres Spiel sein könnten. Solltet ihr Re:Turn – One Way Trip also nicht gespielt haben, blickt ihr hier so gar nicht durch. Kurz zusammengefasst landet eine Truppe Jugendlicher bei einem Campingausflug in einem entgleisten Zug, der Geist eines Mädchens will ihre Seelen und Saki ist die Einzige, die am Ende entkommt. In Teil zwei tauchen also alle altbekannten Charaktere wieder auf, die Umgebungen sind ähnlich und manche Rätsel werden einfach übernommen. Jedoch ist deren Design deutlich schwächer. Mal muss einfach stupide eine Reihenfolge erraten werden, mal sind Codes auf uralten Gegenständen, die mit dem aktuellen Rätsel eigentlich nichts zu tun haben, schwer zu entziffern. Das Spiel ist eine Mischung aus fließender Anteilnahmslosigkeit und frustrierender Rätselhürden, während die Bildschirmtexte sich in Rechtschreibfehlern übertrumpfen. 

Signalstörung im Zug 

Als wäre das alles nicht schon traurig genug, stürzt Re:Turn 2 –Runaway ständig ab. Dialoge beginnen nicht, Räume können nicht mehr verlassen werden und das Spiel friert einfach ein. Dann muss alles neu gestartet werden in der Hoffnung, dass der letzte Speicherstand nicht allzu weit zurückliegt. Red Ego Games haben sich bisher noch nicht dazu geäußert, dass diese Fehler bekannt sind und bearbeitet werden, sodass ich euch keine Entwarnung geben kann. Ich selbst hatte einfach keine gute Zeit in diesem Zug, würde jederzeit eine Fahrt mit dem überfüllten RE1 bevorzugen und möchte euch das daher erstmal ersparen. Das finde ich unheimlich schade. Ich hätte gerne einen etwas kreativeren Ansatz gefunden, um über das Spiel zu schreiben. Hätte die großen Dos and Don’ts für eine sichere Fahrt im Geisterzug aufgelistet, die Horrorklischees auf einer Bingotafel abgehakt oder das beste Spielzeug für Geisterkinder auserkoren. 

Wenn nämlich mal alles funktioniert, ist Re:Turn 2 – Runaway ein schönes und schauriges Erlebnis. Immer wieder jagen mich Monster durch die Abteile oder den Wald, vor denen ich mich hinter Sitzreihen verstecken muss. Ihr langsames Schlurfen sorgt für Herzrasen, ihr pixeliger Speichel tropft bedrohlich auf den digitalen Teppichboden. Das Knarzen der alten Waggons, der pfeifende Wind und prasselnde Regen oder auch das gruselige Kichern der kleinen Mädchen sorgen für Herzrasen. Hier liegen ganz klar einige große Stärken, die in dem Wust aus Ungereimtheiten und Problemen völlig untergehen. Ich musste mich erst einige Tage abregen und wirklich in mich gehen, um auch diese Spielelemente zurück in mein Bewusstsein zu holen. Leider ist nämlich nichts davon in der Lage, diesen Gesamteindruck zu retten.

Endstation, bitte aussteigen!

Jetzt sitze ich also hier und bin einfach nur demotiviert, mich weiter mit diesem Spiel auseinanderzusetzen. War der erste Teil noch eine schöne Überraschung, ein kleiner Geheimtipp im Horrorgenre, helfen der Fortsetzung selbst vereinzelte hübsche Zwischensequenzen, die komplette Vertonung aller Dialoge und eine trotz aller Macken in Grundzügen spannende Geschichte nicht, meine Laune zu bessern. Als die Credits liefen, war ich wirklich wütend über all die Schwierigkeiten und Bugs, die das Spiel mit sich gebracht hat. Mittlerweile ist es mir einfach nur noch egal. Der Geist des Zuges hat mich anscheinend komplett aller Emotionen beraubt. Wahrscheinlich hätte diesem Schienengefährt eine ordentliche Verspätung gutgetan, um die ganzen Macken auszumerzen. Irgendwer hätte vielleicht mal die Notbremse ziehen müssen. Nun ist Re:Turn 2 – Runaway für mich wie der Zug im Spiel selbst mit Vollgas entgleist. 

4/10 🚂

Developer/Publisher: Red Ego Games 
Genre: 2D-Survival Horror
Team:  Omar Bik Hajj (Director), Fajri Rahmadhanny (Programmer), Mark Allen Miller (Writing), Ramon Solé, Ivan Ban (Sound Design)
Veröffentlichung: 28. Januar 2022 (Steam, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Switch) 


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Redakteur | + posts

Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.

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