Sifu | Wie Mods ein Spiel besser machen 

Sifu hat schon weit vor Release großes Interesse geweckt, doch es waren Spieler_innen, die es wirklich besonders haben werden lassen! 

Seit ich als Teenager einen PC für Videospiele genutzt habe, haben mich Modifikationen interessiert. Ob neue Kampagnen und Einheiten bei Command & Conquer, neue Level und Charaktermodelle in Doom oder völlig neue Spiele wie DOTA, das aus Warcraft 3 entstand: Fans der Spiele nahmen sich vorhandene Codes, spielten daran herum, schafften etwas völlig Neues oder optimierten bereits Vorhandenes. Während manche Studios wie Nintendo sich bis heute gegen diese Entfremdung ihrer Werke wehren, haben andere erkannt, dass sie davon profitieren und Spieler_innen an ihre Software binden können. Steam eröffnete das Workshop-Programm, um Mods entspannt einzubinden. Auch andere Plattformen stellten sich dem zumindest nicht in den Weg. So entstanden letztendlich völlig eigenständige Spiele wie das von uns hochgelobte The Forgotten City. Auch wenn ich selbst keine Ahnung davon habe, Mods zu programmieren, liebe ich es, durch unzählige Möglichkeiten zu scrollen! 

Kampfsport bis ins hohe Alter 

Das führt mich geradewegs zu Sifu von Sloclap. Jenes Studio, das bereits in Absolver zeigen konnte, wie hervorragende Kampfmechaniken aussehen sollten. Die werden dieses Mal jedoch nicht in eiem Online-Multiplayer-Game angewandt, sondern in einer klassischen Singleplayer-Erfahrung. Als geschickte_r Kämpfer_in geht es in mehreren Leveln von Raum zu Raum, um die dort anwesenden Feinde zu vermöbeln. Die darin eingesetzten Bewegungsabläufe und Techniken wirken wie aus einem Martial-Arts-Film. Der Schwierigkeitsgrad bleibt klassischen Beat’em Ups treu. Werde ich von den Feinden überwältigt, altert mein Charakter. Dadurch kann er im nächsten Anlauf zwar weniger Schläge einstecken, aber dafür auch stärker austeilen. Wenn ich also im ersten Level mehrere Jahre Lebenszeit verliere, kann ich mir bei den späteren Herausforderungen keine Fehler mehr erlauben. Sifu motiviert mich dazu, meine Fertigkeiten im Kampf zu verbessern, um einen Spielabschnitt so jung wie möglich abzuschließen. 

Glücklicherweise ist es jederzeit möglich, alte Level zu wiederholen, um sie mit einem jüngeren Alter abzuschließen. Da es jedoch in den Abschnitten selbst keine Checkpoints gibt, funktioniert das nur, wenn ich Gegnerverhalten einstudiere. Mechaniken müssen ordentlich erlernt und verinnerlicht werden. Sifu lässt mich recht schnell merken, dass es kein Zuckerschlecken wird, meinen ermordeten Vater zu rächen. Ich würde sogar behaupten, dass viele aus diesem Grund das Spiel irgendwann in die Ecke pfeffern und liegen lassen. Manchmal ist es wirklich schwer ersichtlich, wie die Feinde genau ticken. Da helfen die hübsche, minimalistische Optik und ein netter Soundtrack auch nicht weiter. Sifu ist so knackig, dass Sloclap eine Schwierigkeitsanpassung zum Freischalten als Update bereits angekündigt haben. Doch genau an dieser Stelle zeigt sich plötzlich, wozu Mods in Spielen mit halbwegs großer Community in der Lage sind. 

Sifu – Was nicht passt, wird passend gemacht! 

Ihr könnt beispielsweise einen kompletten Speicherstand erhalten. Oder ihr installiert direkt den Godmode, wenn euch der ganze Kampfsportzirkus zu viel ist. Zumindest auf dem PC ist das möglich. Der Epic Games Store lässt mich Dateien der Spiele leicht austauschen. Wer die PlayStation-Version spielt, bleibt leider außen vor. Eine Godmode-Modifikation ist mir das erste Mal in Max Payne über den Weg gelaufen. Ihren Ursprung hat sie aber in Commander Keen, wo der Cheatcode “GOD” Unverwundbarkeit ermöglichte. Gerade in Videospielen, die besonders herausfordernd sind, hat sich diese Modifikation etabliert. Der Schwierigkeitsgrad löst sich dadurch in Luft auf. Niemand kann mir noch etwas anhaben. Ich prügle mich einfach durch jedes Level, ohne Schaden zu nehmen. Jetzt sagt ihr vielleicht, dass so der ganze Spaß flöten gehe, aber ich möchte widersprechen. Das ist eine viel zu einfach gedachte Aussage, die das eigentliche Potential der Unverwundbarkeit nicht in Betracht zieht. 

Wenn ich in mehreren Anläufen nur verprügelt wurde, kann ich es dem Spiel endlich heimzahlen. Ihr wolltet mich brechen? Tja, stelle ich halt meine eigenen Regeln auf. Dazu habe ich Zeit, Kampftechniken zu verinnerlichen, ohne dafür bestraft zu werden. Als ich den Godmode später deinstallierte, fiel mir auf, dass ich auch deutlich besser geworden war. Ich hatte nicht ständig das Bedürfnis, mein Pad gegen die Wand zu pfeffern. Das muss ich Sifu nämlich lassen – wenn alles wie am Schnürchen läuft und ich auch ohne Mods durch Gegnerhorden fege, fühlt sich das unfassbar gut und belohnend an. Eine Modifikation des Spiels ist daher immer nur eine Option. Lässt der Reiz eines Titels irgendwann nach, ist es für mich mittlerweile ganz natürlich, nachzusehen, ob eine Mod die Spielerfahrung wieder auffrischen kann. In Sifu könnt ihr den Schwierigkeitsgrad sogar steigern, wenn ihr wollt. 

Auftragen! Polieren! 

Modifikationen zeigen immer wieder auf, dass Probleme der Spiele von der Community angegangen werden können. Vampire – The Masquerade: Bloodlines bekommt bis heute neue Mods und Patches spendiert. Gothic 3 wurde dank engagierter Fans vom Fehlerteufel zu einem spielbaren Titel optimiert. Sifu verliert nicht nur durch den Godmode einige der Kritikpunkte. Dem Spiel wurde bereits im Vorfeld vorgeworfen, asiatische Kulturen klischeehaft darzustellen. Die Inspiration liegt laut Sloclap in alten Jackie Chan-Filmen. Auch, wenn das gesamte Studio aus weißen Menschen besteht, lässt sich eine enge Verbindung zur Kampfsportkultur nachweisen. Erzählerische Floskeln, falsche Schriftzeichen oder ähnliches sind nicht zu finden. Sich durch den Hintergrund von der Grundprämisse gestört zu fühlen, ist trotzdem legitim. Doch auch hier springen Mods in die Bresche. Die Optik des Spiels könnt ihr komplett neu gestalten. Cutscenes können verändert oder optisch aufgewertet, die Kamerasteuerung verbessert und Charaktere angepasst werden. Sogar die eigene Spielfigur kann nahezu alles sein. 

Falls ich nicht mit dem integrierten Charakter prügeln will, mache ich das als Marvel-Held, John Wick oder Phil Collins. Ich kann sogar ein komplettes Power Rangers-Spiel aus Sifu machen, wenn ich die passende Mod installiere. Das alles finde ich großartig. Ohne die Mühen der Community hätte ich das Spiel wahrscheinlich schnell beiseitegelegt und mir eingestanden, dass ich gerade weder Geduld noch Geschick habe, um mich damit auseinanderzusetzen. Jetzt hingegen schaue ich regelmäßig, was kreative Köpfe sich ausgedacht haben. Wenn das so weitergeht, brauche ich nicht mehr lange, um Sifu ohne Hilfe durchzuspielen. Mods helfen mir die Mechaniken zu verinnerlichen und die insgesamt fünf Level besser zu verstehen. Ich kann euch also nur ermutigen: durchsucht das Internet nach Mods für Sifu oder eure Lieblingsspiele. Ich verspreche euch, ihr werdet etwas finden!

Developer/Publisher: Sloclap
Genre: 3D Beat ‚em Up
Team: Jordan Layani (Creative Director), Olivier Gartner (Lead Programmer), Lucas Rousselot (Lead Sound Design), Paul-Émile Boucher (Lead Artist), Guillaume Loquin (Lead Character Design), Servane Altermatt (Lead Concept Artist), Kevin Rogger (Animation Director), Benjamin Colussi (Action Choreographer)
Musik: Howie Lee
Veröffentlichung: 8. Februar 2022 (Epic Games Store, PS5, PS4)


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Redakteur | + posts

Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.

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