OlliOlli World Review | I am a sk8erboi

Schnelle Tricks, Grinds und Grabs gibt es, wie schon in den Vorgängern, auch in OlliOlli World. Dieses Mal jedoch in abgefahrener Cartoon-Optik. 

Willkommen in Radlandia, dem Land der coolen Moves, eigenwilliger Styles und abgefahrener Strecken. Hier geht es nur darum, eine gute Zeit zu haben. Das Skateboard ist das beliebteste Fortbewegungsmittel und eine Huldigung an die fünf Skategötter, die über die Insel wachen. Die Gesellschaft wartet auf den Aufstieg einer neuen Skatelegende, die jede Gelegenheit nutzt, krasse Aktionen zu zelebrieren. Mehr braucht es nicht, um in diesem Idyll glücklich zu sein. Es gibt keine schlechten Vibes, alle sind gut drauf und feiern jeden noch so kleinen Erfolg. Hier lässt es sich leben! Ob ein Eis geschleckt wird, Ballons mit dem Board zum Platzen gebracht werden oder Möwen auf dieselbe Art explodieren, die Laune bleibt oben. Perfekte Bedingungen, um gänzlich unbelastet die eigenen Skills zu verbessern. Um tatsächlich nach der Krone der Skatelegende zu greifen, während eine illustre Runde an Charakteren dabei Unterstützung anbietet! 

Mein Skateboard ist wichtiger als Deutschland 

Ich war nie geschickt genug, um selbst auf einem Board zu stehen. Für die Tony Hawk-Reihe hatte ich zu wenig drauf. Trotzdem liebe ich Videospiele, die mich auf ein Skateboard stellen. Es ist wie ein kleiner Ausflug in eine Subkultur, die sich mir ansonsten nicht eröffnet. Und OlliOlli World ist so zugänglich wie kein anderer Titel. Das mag auf den ersten Blick etwas seltsam klingen. Alles wirkt quietschbunt wie eine Folge Adventure Time. Das hat doch nichts mit Skateboarding zu tun, oder? Doch genau das ist der springende Punkt. Es dreht sich alles um das Rollbrett! Es geht nicht darum, der coolste anhand bestimmter Konventionen zu sein. Du kannst aussehen wie du willst, tragen was du willst und auf jede Gendernorm pfeifen. Während unsere Redaktion den Charaktereditor in The Artful Escape feiert, konnte ich in OlliOlli World tatsächlich eine Spielfigur erschaffen und ständig anpassen, die mich glücklich macht. 

Natürlich, die Optik mag gewöhnungsbedürftig sein. OlliOlli World bricht durchaus mit einigen Konventionen, die das Genre, ja sogar die Reihe selbst, ansonsten vor sich hertragen. Plötzlich geht es um Zugänglichkeit und Weltoffenheit. Roll7 bindet mir das nicht inhaltlich auf die Nase, aber die unterstützende Haltung eines jeden Charakters lässt gar keine andere Deutung zu. Wie kann ich mich nicht willkommen fühlen, wenn vier völlig übertrieben designte Figuren jubeln, weil ich einen einfachen Grind geschafft habe? Ob ich jetzt die große Legende werde, die sich alle erhoffen, ist völlig nebensächlich. Hauptsache ist, dass ich mich den Herausforderungen stelle, mein Bestes gebe und vor allem nicht aufgebe! Und darum sollte es doch beim Skaten gehen, oder? Es ist nicht schlimm, wenn etwas nicht auf Anhieb klappt. Das ist auch unmöglich. Der Sturz gehört genau so zum Skaten wie der Erfolg danach. 

Heaven is a halfpipe in OlliOlli World 

Damit kommt OlliOlli World dem tatsächlichen Sport und der Subkultur näher, als es der erste Eindruck vermuten lässt. Wie beim echten Skaten benötigt es unzählige Versuche, bis ein bestimmter Trick mal klappt oder eine harte Strecke geschafft wird. Anfangs mag das vielleicht sogar durch Zufall passieren. Das Verständnis ist noch nicht da, wie genau dieser eine Sprung gestanden wurde und beim nächsten Anlauf mault es einen sofort wieder. Doch irgendwann sitzt es. Irgendwann stellt diese eine Herausforderung kein Problem mehr dar. Danach heißt es auch schon, die nächste Challenge anzugehen. Sekundenschnelle Rücksetzpunkte und ein flüssiger Spielablauf motivieren außerdem dazu, den Kopf nicht hängen zu lassen, sondern sich immer wieder erneut aufs Brett zu stellen. Lasst euch nicht von den Zwischensequenzen irritieren, die wie ein Stop Motion-Film ruckeln. Das ist so gewollt und liegt nicht an eurem Rechner oder der Konsole! 

OlliOlli World gibt sich große Mühe, so zugänglich wie möglich zu sein. Daher benötigt ihr auch nur zwei Sticks und einen Knopf, um alles aufzufahren, was das Spiel anbietet! Drückt den Stick in eine bestimmte Richtung und lasst ihn los, um zu springen. Drückt ihr ihn an Rails oder Wänden in eine Richtung, grindet ihr. Nutzt ihr dazu noch den rechten Stick, kommt ein Grab dazu. Mit der einen Taste stoßt ihr euch ab, um Tempo zu gewinnen oder um nach einem Sprung in einen Manual überzugehen. Die Steuerung ist schnell verinnerlicht, sodass es nur noch darum geht, die besten Tricks immer besser einzustudieren, bis irgendwann die großen Combos gefahren werden können und Highscores nur so purzeln. Glaubt mir, wenn ihr die erste Strecke in einem einzigen Rutsch beendet, fühlt sich das großartig an, selbst wenn ihr im ersten Moment nicht wisst, was da gerade alles passiert ist. 

Skate or Die! 

In der Monatsvorschau sagte ich bereits, dass die Gefahr bestünde, nichts anderes mehr zu spielen als OlliOlli World. Das liegt vor allem an der unzähligen Menge an Herausforderungen. Einfach alle Strecken einmal zu fahren, ist gar kein so großes Problem. Auch, wenn es dieses Mal dank der Abkehr vom klassischen 2D-Pixellook mehrere Ebenen gibt, die in die Tiefe befahren werden können, ist das nicht zwingend nötig. Doch jedes Level beinhaltet einen Highscore, der gebrochen werden will, sowie Challenges, die jede Strecke etwas kniffliger machen. Dann geht es darum, Ballons zerplatzen zu lassen, Charakteren an einer bestimmten Stelle ein High Five zu geben oder die komplette Strecke in einer einzigen Combo zu packen. Selbst in der ersten der fünf Welten gibt es schon Challenges, die mich in den Wahnsinn getrieben haben. Alle paar Sekunden habe ich mich an den Levelanfang zurücksetzen lassen und es erneut probiert. 

Ich bin einfach motiviert, darüber jede Nebenquest und jedes Kleidungsstück freizuschalten! Das frisst unheimlich viel Zeit und wird mich wahrscheinlich noch über Monate begleiten. OlliOlli World kann durch diese ständigen Herausforderungen immer mal wieder herausgekramt werden. Dann wird kurz ein paar Runden geskatet, bis der Blutdruck zu eskalieren droht. Da hilft dann auch der großartige Lo-Fi-Soundtrack nicht mehr, mich runterzufahren. Aber aufhören kann und will ich nicht, selbst wenn ich manche Challenges vielleicht nie im Leben schaffen werde. Roll7 lässt mich sogar online antreten, um so richtig meine Grenzen aufgezeigt zu bekommen! Ich bin ehrlich, wenn ich noch einen Katzenballon sehe, ob im Spiel oder auf der Straße, ich werde schreien. Aber auf die gute Art, sofern das möglich ist. Zur Abregung ziehe ich dann meinem Charakter die neuen Baggy Pants an, die ich freigeschaltet habe. Mehr brauche ich nicht, um zufrieden zu sein! 

9/10 🛹 

Developer: Roll7
Publisher: Private Division
Genre: Skate-Game, Sportspiel
Team: Craig Thomas (Lead Game Design), Lizz Lunney (Narrative Design), Andrew Brechin (Lead Programmer), Paul Abbot (Lead Art Design), Laura Dilloway (Lead Environment Artist), Guy Cockcroft (Audio Design)
Musik: diverse Musiker_innen
Veröffentlichung: 8. Februar 2022 (Steam, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One, Switch)


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Redakteur | + posts

Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.

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