Golden Force Review | Coins and Combos everywhere

Mit einer gehörigen Ladung Retro-Charme hüpft und schnetzelt ihr euch in Golden Force durch Gegnerhorden.

Ab und zu hole ich meinen alten Super Nintendo aus der Kiste und spiele ein paar Platformer, die mich schon als Kind begeistern konnten. Sehr oft sind sie noch immer so gut wie ich sie in Erinnerung hatte. Das liegt zum einen daran, dass die charmante Pixeloptik auch mit der Zeit nichts an Schönheit eingebüßt hat. Ein riesiger Vorteil gegenüber den ersten 3D-Titeln, die mit ihren klobigen Polygonen eher gewöhnungsbedürftig aussehen. Ein anderes Argument für die alten Klassiker ist oft das schnörkellose, eingängige Gameplay. Es wurde sich auf ein paar wenige Mechaniken konzentriert, die dafür bis zur Perfektion ausgefeilt und im Spiel eingesetzt wurden. So schön ich auch spielerische Vielfalt in einem Titel finde, zieht es mich immer wieder zu diesen Klassikern zurück, in denen es vor allem darauf ankommt, die begrenzten Mittel so lange zu lernen und zu meistern, bis jedes Level im Handumdrehen bewältigt wird.

Mit dem Aufkommen der ersten 3D-Spiele dauerte es seine Zeit, bis diese klassische Form der Spielgestaltung wieder Einzug in mein Wohnzimmer fand. Mittlerweile bin ich sehr froh darum, selbst ganz neue Spiele zu entdecken, die so auch auf alten Konsolen hätten entwickelt worden sein können. Golden Force zum Beispiel, was ich an zwei Tagen durchgezockt habe. Der Endboss wurde besiegt und wenn ich wollte, könnte ich jetzt erneut alle alten Level durchgehen und auch die letzten Geheimnisse aufdecken, um zusätzliche Bonuslevel freizuschalten. Doch so sehr ich den Charme der alten Tage zu schätzen weiß, habe ich dem Platformer der Storybird Games doch den Rücken zugekehrt. Wenn ich ein Spiel zu 100% durchspielen möchte, sollte das entweder recht schnell gehen oder es muss sich für mich in allen Belangen perfekt anfühlen. Das konnte Golden Force leider nicht ganz liefern.

Du hast mein Schwert! – Und meine Axt! – Und meine Metallfäuste!

In Golden Force spiele ich eine Piratentruppe, die über einige Inseln zieht, um dort nach Münzen und Muscheln zu suchen. Dabei werden alle Gegner und sonstige Lebewesen, die sich mir in den Weg stellen, kurzerhand beiseite geschnibbelt, wobei ordentlich Pixelblut über den Bildschirm spritzt. Bevor das passiert, kann ich mir jedoch eine der vier Personen von meinem Schiff aussuchen. Da hätten wir Link, Shantae, Drache Elliot und C20 aka Dr. Gero. Ich weiß nicht, wie sie tatsächlich heißen, aber so sehen sie halt aus. Unterschiede kann ich außer der Optik zwischen den Figuren keine ausmachen. Alle springen gleich hoch, schlagen trotz unterschiedlicher Waffen gleich schnell und bewegen sich mit dem gleichen Tempo durch die Welten. Es scheint also vielmehr reine Geschmacksfrage zu sein, wer jetzt auf Münzjagd gehen darf. Und da ich den alten Mann mit Cyborg-Armen besonders sympathisch fand, wurde meine Piratengruppe eben vom Mecha-Opa angeführt.

Ich hätte auch von einer zweiten Figur im Koop-Modus begleitet werden können, um die schönen Inseln mit ihren zahlreichen Feinden und beeindruckenden Bossen zu bereisen. Dafür fehlte mir allerdings ein Mensch, der sich mit ins Getümmel stürzen wollte (Anmerkung der Redaktion: Du hast nicht mal gefragt!). Die großen Bossmonster mit klangvollen Namen wie General Taco, Nacho oder Tortilla mussten sich also mit meinen Robofäusten begnügen. Vielleicht wäre es zu zweit deutlich einfacher geworden hier kurzen Prozess zu machen. Alleine musste ich immer wieder den Shop besuchen, den ich in der Levelauswahl ansteuern konnte. Entweder, um mit großen Münzen oder Muscheln dauerhafte Upgrades zu kaufen oder mit den kleinen Münzen Items zu holen, die mich für kurze Zeit verstärken oder mir ein Extraleben geben. Das war auch notwendig, denn Golden Force ist ziemlich knackig. Einmal nicht aufgepasst, schon habe ich einen grünen Feuerball im Gesicht kleben oder falle in einen Abgrund.

Mit Golden Force voraus!

Wenn es aber mal läuft, dann gibt sich Golden Force alle Mühe, mich in einem ordentlichen Spielfluss zu halten. Mit jedem Angriff steigt mein Combozähler, während ich laufe, slide oder einen Dash-Angriff durchführe, um Abgründe zu überqueren oder hohe Sprünge zu schaffen. Lade ich meinen Schlag auf, kann ich Gegner auch als Geschoss nutzen. Erleide ich einen Treffer oder schlage ich zu lange auf nichts ein, ist die Combo beendet. Allerdings sind alle Gegner so platziert, dass die Combo bis zum Levelende aufrecht gehalten werden kann. Sollten mal keine Feinde im Blick sein, gibt es Schatztruhen, Schädel, Insekten oder süße Kätzchen, die ersatzweise zerschlitzt werden können. Vielleicht war das auch der Grund, weswegen niemand mit mir spielen wollte. Versteht mich nicht falsch, ich liebe Kätzchen und bin froh um die beiden Tiger, die durch meine Wohnung streifen, aber diese kleinen knubbeligen Miezis in Golden Force zerspratzen einfach so schön.

Im optimalen Fall düse ich also durch das Level, sammle unzählige Münzen ein, finde die drei großen Klunker und die Muschel und unterbreche kein einziges Mal meine Combo, um am Ende die bestmögliche Bewertung zu erhalten. Schaffe ich das in jedem Abschnitt einer Welt, steigt ein Balken, der mich mit Kleinigkeiten belohnt, wenn er bestimmte Höhen erreicht. Ganz am Ende dieser Leiste wartet ein Bonuslevel pro Welt auf mich. Jetzt kommt es allerdings zu meinem großen Geständnis: Das habe ich in keiner einzigen Welt geschafft. In solch einer Perfektion durch die Level zu düsen ist unheimlich schwierig. Während ich anfangs noch versuchte, diesen Grad an Perfektionismus zu erreichen und Level neu startete, wenn etwas völlig in die Hose ging, musste ich mich davon verabschieden, um überhaupt mal zu den Bosskämpfen zu kommen.

Es sind die kleinen Dinge

Der Pressetext beschreibt Golden Force als „old school, aber nicht frustrierend”. Dem kann ich nur zustimmen, wenn ihr euch vom Komplettierungsdrang verabschiedet. Zu oft bin ich bei Sprüngen an kleinen Ecken hängen geblieben, konnte nicht genau abschätzen, wie lang mich ein Schlag von weiteren Bewegungen abhält oder wie die Hitboxen (vordefinierter virtueller Raum, der für Kollisions-/Trefferabfragen genutzt wird) der Gegner aussehen. Manche Feinde schaden mir sofort bei Kontakt, in andere kann ich ohne weiteres laufen, um ihren Schwachpunkt zu treffen. Deswegen habe ich also ständig meine Combo verloren oder durfte am letzten Speicherpunkt starten, der natürlich nicht die gesammelten Münzen speichert, sondern alles auf Null setzt. Will ich Bestwertungen in einem Level, darf ich mir also keinen Fehler erlauben und dafür war mir die Steuerung zu unpräzise.

Es ärgert mich wirklich abgrundtief. Ich liebe eine gute Herausforderung in einem Action-Platformer und habe kein Problem damit, ein Level wieder und wieder anzugehen. Ich habe eine Zeit lang kein anderes Genre gespielt. Aber ich möchte am Ende mit Sicherheit sagen können, dass ich Schuld an meinem Versagen habe. Ich möchte erkennen können, was mein Fehler war und wo ich besser werden muss. Bekomme ich jedoch das Gefühl, dass hier Fehler im Spiel liegen, ist meine Motivation von jetzt auf gleich verpufft. Andernfalls hätte ich sicher noch weitaus mehr Zeit in Golden Force stecken können, um euch von den geheimen Bonusleveln zu erzählen. Kurzum: Ich hatte durchaus eine gute Zeit mit meinem wütenden Robo-Opa und den explodierenden Katzis (liebe restliche Redaktion, es tut mir leid!), es fehlte nur leider der letzte Feinschliff, der Golden Force wirklich großartig hätte werden lassen können.

7/10 🙀

Developer: Storybird Games
Publisher: No Gravity Games
Genre: Action-Platformer
Team: Bruno Rocca, Julien Rocca, Romain Dubuc (Game + Level Design), Antoine Schmoll, Kelly Boutin, Pauline Grassi (Graphic Design), Jerome Alquie (Art Design)
Musik: Stef Sirrah
Veröffentlichung: 28. Januar 2021 (Switch)

Redakteur | + posts

Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.

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