Ponpu Review | Lasset die Eier explodieren!

Wie in alten Bomberman-Klassikern kämpfen in Ponpu kleine Vögelchen mit ihren Eiern um den Sieg gegen Gegnerhorden und sich selbst.

Bomberman geht immer, oder? Ich habe noch nie erlebt, dass Menschen, die sich ansatzweise für Videospiele interessieren, eine Runde Bomberman ablehnen. Das Konzept ist so simpel, dass jeder Mensch sich schnell einfindet und selbst mit größter Erfahrung kann es immer wieder passieren, dass man eine Bombe übersieht und plötzlich als Verlierer_in dasteht. So haben alle Beteiligten einen Riesenspaß, je unübersichtlicher das Spiel wird, desto besser. Bei vier Personen auf einer kleinen Karte ist es nur eine Frage der Zeit, bis irgendwer eine Explosion übersieht und plötzlich das Zeitliche segnet. Komisch allerdings, dass dieses Konzept kaum erfolgreich kopiert werden kann. Es wird oft versucht, aber nie ist ein Spiel so schnörkellos, so feingeschliffen, dass es ähnlichen Anklang findet. Mal sind die Bewegungen zu langsam, die Bombenlegung zu ungenau, die versteckten Upgrades zu öde. Irgendwas ist immer. Aber vielleicht schafft Ponpu es ja, meine Vorurteile wegzusprengen!

Ente gut, alles gut?

Der Entengott ist da! Damit hätte ich ja rechnen können, dass dieses riesige Federvieh auftaucht, um das Universum einmal auf links zu drehen. So knuffig Enten auch sind, wenn du einmal von einem solchen Vogel über den Hof gejagt worden bist, geht dieses dezente Misstrauen nie mehr weg. Und Ponpu zeigt, dass das absolut berechtigt war! Nur mit der Hilfe eines kleinen Vogels, den ich aus vier möglichen Piepmätzen aussuchen kann, ist das Universum noch zu retten. Sie können explodierende Eier legen, ein Schutzschild nutzen, das vor Explosionen sichert, Feinde betäubt und die Eier wegkickt sowie Spezialbomben einsetzen, beispielsweise mit Fernzünder. Außerdem sieht dieser Piepmatz unfassbar süß aus, vor allem, wenn er nach einem Bosskampf knuffig tanzt. Da fühle ich mich geborgen, die Welt ist in sicheren Flügeln. Und im Gegensatz zu vielen anderen Bomberman-Verschnitten hat Ponpu einen unterhaltsamen Story-Modus, der auch ohne Freunde bei Laune halten kann.

Mit sehr reduziertem Farbschema, in dem vor allem Braun, Rot und Weiß dominieren, ist das Artdesign äußerst markant. Wie in einem sich bewegenden Comic wirken Feinde frisch aufs Blatt gekritzelt und trotzdem sind die Animationen wunderbar flüssig. Das fällt vor allem bei den riesigen Bossen auf, die hier und da auch mit mehr Farbe gesegnet sind. Jede Welt hat ganz eigene Gegnerdesigns, die erst dann zum Hals raushängen, wenn sie mich zum zwanzigsten Mal erwischen und an den Levelanfang setzen. Wenn ich auf diesen verwinkelten Karten nach Schlüsseln suche, die das Tor zum nächsten Level öffnen, passiert es öfters, dass ich in eine Falle laufe oder zu spät meine Bombe auf einen Feind schleudere. Sind so meine drei Herzchen ausradiert, fängt das Level von vorne an. Zum Glück geht das schnell, so dass ich direkt wieder einsteige. Meine Levelkenntnisse aus dem vorherigen Versuch erleichtern mir den nächsten Durchgang enorm.

Ein Ponpu, zwei Ponpu, drei Ponpu, vier Ponpu…

So witzig der Singleplayer-Modus auch anzusehen ist, liegt der eigentliche Zauber von Ponpu natürlich im Multiplayer! Die vier Vögelchen können auf insgesamt vier Menschen aufgeteilt werden, sowohl lokal auf der Couch als auch online, um sich in drei Spielmodi Eier um die Rüben zu werfen. Hier ist der alte Bomberman-Zauber direkt wieder offensichtlich. Während die Geschichte laut Art-Director Pablo Cerrutti auch von The Legend of Zelda und diversen Anime inspiriert wurde, geht es im Deathmatch, Paint Battle oder Coin Steal nur um pure Explosionsfreude. Entweder müsst ihr euch gegenseitig wegbomben, die Karte in eurer Farbe durch eure Eier einfärben oder dafür sorgen, dass eure Gegner_innen durch Treffer Münzen verlieren, die ihr dann einsammeln könnt. Kein Spiel benötigt viel Zeit, um es zu durchblicken, die Steuerung mit vier Richtungstasten sowie vier Aktionen ist schnell verstanden. Es dauert also nicht lange, bis ich wieder fluche, beleidige und Freundschaften auf die Probe stelle.

Fies wie ich natürlich bin, habe ich nie verraten, dass es auch eine Dash-Funktion gibt, mit der viel schneller Strecken zurückgelegt werden können. Vielleicht habe ich diese Mechanik aber auch einfach nur vergessen. Hätte ich sie erwähnt, wäre schnell deutlich geworden, dass Ponpu weitaus mehr Möglichkeiten bietet, sich zu verbessern. Wie setze ich den Schild ein, um Eier abzuwehren? Wann dashe ich zum Feind, um eine Explosion zu setzen oder ihn zu betäuben? Wann schieße ich ein Ei nach dem nächsten und wann bin ich dadurch leichte Beute? Diese Erfahrungen können Duelle in Ponpu wesentlich einseitiger werden lassen, als es noch in Bomberman der Fall war, bieten aber auch genügend Möglichkeiten, mit der Zeit besser zu werden. Zumindest, wenn die Freundschaft so lange hält und nicht irgendwer schon vorher das Gamepad oder die Tastatur aus dem Fenster schmeißt. Das ist nämlich eine mehr als nachvollziehbare Reaktion in manchen Spielsituationen.

Auf zum Eiertanz

Kurzum: Ich mag Ponpu. Ich finde diese Vögelchen zum explodieren putzig, hatte riesigen Spaß an abgefahrenen Bossgegnern und ein Multiplayer-Modus mit diesem Spielkonzept hat mich noch nie wirklich enttäuscht. Probleme hatte ich nur, wenn ich dank der Optik nicht genau ausmachen konnte, welche Blöcke auf der Karte weggesprengt werden können, welche massiv sind, welche meine Eier möglicherweise zu mir zurückschleudern oder ob es sogar ein feindliches Monster ist. Dafür sahen die Level im Storymodus durch das Farbschema einfach zu ähnlich aus, auch wenn das Studio Purple Tree wirklich alles versucht hat, unterschiedlichste Settings zu nutzen. Und trotzdem wollte ich sehen, was mich noch erwartet, trotzdem wollte ich online Sieg um Sieg einfahren. Wenn ich Bomberman spielen will, aber kein Bomberman zur Hand habe, ist Ponpu wohl die bestmögliche Alternative, die trotzdem noch ganz eigene Ideen einbringt. Das ist schon eine enorme Errungenschaft, wie ich finde!

8/10 🥚

https://youtu.be/XDF-z6Hbb_w

Developer: Purple Tree
Publisher: Zordix Publishing, Green Man Gaming Limited
Genre: Bomb-Action, Multiplayer
Team: Ezequiel Heyn (Game Design), Alfredo Hodes (Lead Developer), Pablo Cerrutti (Art Design)
Auszeichnungen: Best Game, Best Art, Press Choice (EVA Play 2020 Digital Awards), Best Game, Best Soundtrack, Best Design, Best Art (Expovit2020 Vit Awards)
Veröffentlichung: 29. November 2020 (Switch), 2. Dezember 2020 (Steam, PS4, Xbox One)

Redakteur | + posts

Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.

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