Im AI Dungeon gibt eine KI anhand der eigenen Angaben ein Abenteuer vor und sorgt so für skurrile Geschichten in jeglicher Hinsicht.
Für viele war Boris ein ganz normaler Angestellter der Arbeiterstadt Duisburg. Täglich fuhr er mit dem Müllwagen los, säuberte die Straßen der Stadt und wurde kaum beachtet. Niemand konnte ahnen, dass sich hinter dieser Fassade der mächtige Waterwilly verbarg. Vor einiger Zeit bemerkte Boris nämlich, dass das Säubern der Straßen für ihn kein Problem mehr darstellte. Er war in der Lage, Wasser und die darin lebenden Organismen zu kontrollieren. Durch die Ignoranz der Gesellschaft gefrustet, war ihm jedoch schnell klar, dass er keine Rolle als Superheld einnehmen würde. Er hatte die Kraft, die Menschheit auf sich aufmerksam zu machen, so dass ihm endlich der Respekt gezollt werden würde, den er verdient. Nach anfänglich kleinen Raubzügen entwickelte sich in seinem Umfeld ein Netz aus Superschurken, die ihm zur Seite standen. Durch einen Zufall entdeckte er also eines Tages ein Fernsehteam in der Duisburger Innenstadt. Zeit, der Welt seine Fähigkeiten zu zeigen!
Wer hat noch nicht geduscht?
Boris beschwor eine riesige Welle, die aus den Abwasserkanälen und dem Rhein die Innenstadt überflutete und das Fernsehteam wegschwemmte. In den Tiefen des Wassers sah er einen Hai, an dessen Flosse er sich hing und durch mehrere Strudel zu der übriggebliebenen Fernsehreporterin schwamm, die ihn unmittelbar fragte, wer er sei und was seine Pläne wären. Boris griff sich das Mikrofon und rief in die Welt: „Ich bin Waterwilly und werde eure Ignoranz einfach wegspülen. Zu lange lebte ich ungesehen von euch im Dreck, doch jetzt bin ich der Boss!“ und eine weitere Welle schwappte durch die Innenstadt, zertrümmerte mit Wucht die Fundamente diverser Gebäude und kostete unzähligen Menschen das Leben. „Schurken der Welt, vereinigt euch und schließt euch mir an! Ich warte!“ – und jemand erschien. Es war der Grappler, ein Fiesling, der Boris von Anfang an unterstützte.
„Grappler, gut dass du da bist! Lass uns Chaos stiften! Ich bin jetzt der Boss!“, doch der Grappler sagte nur: „Ich bin nicht dazu verpflichtet, deinen Anweisungen zu folgen!“ Verwirrt ließ Waterwilly den Blick über das angerichtete Chaos schweifen und sah in einer Gasse einen Van, der urplötzlich aufs Gas trat und davonfuhr. Dieser Van sah verdächtig nach dem Fahrzeug seines größten Rivalen aus: Der Richter! „Schnell hinterher, Grappler! Wir müssen den Van stoppen!“ rief Waterwilly. Der Grappler nickte nur und stürmte los, Waterwilly glitt ihm über das Wasser hinterher, bis sie den Van verlassen in einer Gasse stehend fanden. Gerade, als der Duisburger Superschurke die Hintertür öffnen wollte, griff der Grappler seine Hand und mahnte um Vorsicht. Waterwilly hielt inne, drückte fest die Hand, die ihn griff und blickte seinem Kollegen tief in die Augen. Die Zeit schien stillzustehen, als Boris sich nach vorne beugte und den Grappler innig küsste.
Tragische Liebe
Der Grappler blickte errötend zu Boden. „Wir sollten weitermachen“, sagte er nur und deutete zum Van. Waterwilly, der emotional völlig aufgewühlt und verwirrt war, griff zur Türe und öffnete das Heck des Fahrzeugs in dieser Gasse. Doch es war niemand drin. Der Van war verlassen. Gefrustet knallte der Herrscher des kühlen Nass die Tür zu und spritzte einen Strahl aus Wasser auf den Tank des Vans. Wie aus dem Nichts explodierte das Fahrzeug, schleuderte Boris und den Grappler gegen eine angrenzende Hauswand, die durch die Erschütterung stark ins Wanken geriet. Während der Grappler sich recht schnell aufrappeln konnte, war Boris zu nah an der Explosion, als dass sein Körper ihm bereits ohne weiteres gehorchen würde. Das Haus hielt den Schäden des Wassers und der Explosion nicht mehr stand und stürzte in sich zusammen. Dabei fielen große Trümmer auf das Waterwillykostüm und die Person darin.
Der Grappler begann die Steine beiseite zu räumen, doch die Welt um Boris wurde immer dunkler. Mit letzter Kraft hauchte er noch ein „Grappler… ich liebe dich“ zwischen den Lippen hervor. Sein treuer Gefährte hörte auf zu graben, stockte in seinen Bewegungen, selbst sein Atem hielt kurz an. Nach einem kurzen Schütteln blickte er zur Seite, murmelte ein „Natürlich…“ und vermied jeden weiteren Blickkontakt mit Waterwilly. Das war zu viel für Boris Seele. Sein Herz zersprang in tausend Stücke, der Lebenswille verließ ihn und alles um ihn verschwand in den Tiefen des Nichts. Das war das frühzeitige Ende des Waterwillys, der an einem gebrochenen Herzen starb.
Verrückte Geschichten aus dem AI Dungeon
Dieses Abenteuer erlebte ich in meiner ersten Runde mit dem AI Dungeon. Nachdem ich zu Beginn frei entschied, wie mein Superschurke aussieht, was seine Fähigkeiten sind, wo er lebt, wer sein Feind ist, gab mir die KI ein Setting zum Einstieg. Der AI Dungeon ist ein dynamisches Textadventure, in dem ich aussuchen kann, ob ich etwas tun, etwas sagen oder die Geschichte mit einem Satz fortsetzen will. Je nachdem, was ich in diesen Kategorien tippe, führt die KI die Geschichte weiter und gibt mir eine erneute Möglichkeit, den Verlauf der Geschichte weiter voranzutreiben. Dabei besteht auch die Möglichkeit, das Erlebte zurückzuspulen, falls aus Versehen ein falscher Befehl ausgeführt wird oder die KI nicht ganz versteht, was ich tun will. Doch genau das gehört für mich auch in einem Gewissen Maße zum Reiz dieses Programms dazu!
Die künstliche Intelligenz hinter dem AI Dungeon ist nicht perfekt. Auch mein Englisch hat hier und da seine Macken. Das also nicht jede Kombination aus Eingabe und Fortsetzung wie die Faust aufs Auge passt, ist fast schon zu erwarten. Aber gerade diese Momente bringen die nötige Portion Wahnsinn in die erlebten Geschichten. So wollte die KI, dass ich den Van mit Feuer beschieße. Ich korrigierte zwar, dass Waterwilly nur Wasser kontrollieren kann, zur Explosion kam es trotzdem. So etwas kann doch nicht selbst ausgedacht werden. Teilweise aus der Luft gegriffene Ereignisse passieren plötzlich und werfen alles auf den Kopf, was ich mir vorher ausgemalt hatte. Der AI Dungeon wirkt wie eine Pen and Paper-Runde mit einer Spielleitung, die Halluzinogene konsumiert hat. Ja, die Stadt mag überflutet und verwüstet sein, aber der Van kann trotzdem entspannt durch die Gassen rasen. Ernsthaft, ich musste mehrmals im Verlauf der Geschichte lauthals auflachen.
Ein Goldstück des Internets
Der AI Dungeon ist völlig kostenfrei für alle Interessierten zugänglich. Über PlayAIDungeon kann eines von vielen unterschiedlichen Szenarien ausgewählt werden. Von Fantasy über Science Fiction, Superhelden bis hin zu Superschurken. Selbst der Konflikt der Elfen gegen den Weihnachtsmann kann gespielt werden. Die Szenarien lassen sich für die ersten paar Sätze ausprobieren. Wollt ihr weiterspielen, ist es notwendig sich kurz auf der Seite zu registrieren. Es ist dann auch möglich komplett eigene Szenarien zu entwickeln, mit der die KI ihren künstlichen Spaß haben kann. Die Möglichkeiten sind also fast grenzenlos und werden mit der Zeit sicher ausgetüftelter und stimmiger, wenn die KI besser darin wird die geschriebenen Sätze zu analysieren und dementsprechend darauf zu reagieren. Diesen Erfahrungsbericht wollte ich daher einfach mit euch teilen, weil ich fasziniert und begeistert zugleich bin.
Erstellt wurde das Programm im Übrigen vom Studio latitude, die sich komplett auf KI gesteuerte Spielerlebnisse konzentrieren. Ein Zweig, den ich höchst interessant finde, vor allem, weil ich gespannt bin wie weit der Fortschritt hier noch gehen kann. Schließlich entwickelt sich auch unsere Sprache ständig weiter, was die KI vor das Problem stellt ständig neue Wörter zu erfassen und sinnvoll in die Sätze einzugliedern. Vielleicht ist es dann auch möglich den AI Dungeon irgendwann in mehreren Sprachen zugänglich zu machen. Aktuell ist es nämlich zwingend notwendig, dass ihr des Englischen mächtig seid, wenn ihr euch in eines der vielen Abenteuer tippt. Latitude hat jedenfalls noch einiges vor in diesem Bereich und ich bin äußerst gespannt, womit uns ihre künstlichen Intelligenzen das nächste Mal überraschen!
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Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.