Beschützt Schätze mit einer Monsterhorde vor den Guten, um in Legend of Keepers Angestellte_r des Monats zu werden.
„Ey Malte, guck mal, dieses Spiel hier, Legend of Keepers, das ist wie Darkest Dungeon, aber du spielst die Monster!“ – Damit kriegt man mich ja sofort! Darkest Dungeon ist eines meiner absoluten Lieblingsspiele. Eine düstere Atmosphäre, lovecraftsche Einflüsse und ein enormer Schwierigkeitsgrad zerpflücken meine Heldentruppe mehr als einmal, bevor ich wirklichen Fortschritt machen kann und die Bosse der Verliese erledige. Mal um Mal schicke ich meine Truppe ins Abenteuer und kann nur hoffen, nicht zufällig auf eine zu starke Monsterhorde zu treffen, die meine Held_innen in Panik versetzt, ihre Moral ins Bodenlose stürzen lässt oder direkt allen das Leben nimmt. Die Zusammenstellung der Truppe mit unterschiedlichen Klassen und Fähigkeiten ist unabdingbar, um auch nur den Hauch einer Chance zu haben. Und das kann ich jetzt aus Monsterperspektive spielen? Ritter in glänzender Rüstung verjagen und in Panik versetzen? Das klingt großartig! Wo muss ich unterschreiben? Braucht ihr noch meine Seele obendrauf?
Das Einstellungsgespräch
Ach, ich muss nur diesen Vertrag ausfüllen und schon bin ich angestellt? Ich darf als Sklaventreiber, Zauberin oder Techniker arbeiten, um andere Fähigkeiten zu nutzen? Ja, ich verstehe. Ich habe ja schon immer gerne gebastelt… achso, ich muss mich erst als Sklaventreiber beweisen, danach als Zauberin und erst dann darf ich Techniker sein? Klar, das ist kein Problem. Sie müssen ja auch sehen, dass ich der Herausforderung gewachsen bin. Wie sieht denn mein herkömmlicher Arbeitstag aus? Natürlich, sie können mich in jeden Dungeon schicken, ich kümmere mich um den Schutz. Zwei Fallen und sechs Monster bekomme ich gestellt? Reicht das denn, um den Dungeon zu schützen? Achso, wenn ich die heldenhaften Truppen besiege, kann ich mir neue Angestellte und Technik aussuchen und bekomme das Geld der Feinde? Klingt gut. Dann kann ich die Moneten direkt in weitere Fieslinge und Hinterhalte stecken oder meine vorhandenen Angestellten trainieren. Das sollte ich hinbekommen.
Und wenn die glorreichen Truppen ankommen, wie soll das Ganze ausgehen? Ach, es ist egal, ob sie wegrennen oder getötet werden? Wichtig ist nur, dass ich die Tränen oder das Blut sammle, um daraus weitere Upgrades zu basteln. Verstanden! Und wie lange setzt ihr mich in einem Dungeon ein? Bis der letzte Champion mit seiner Truppe erledigt ist? Ja, dass das einige Wochen dauern kann, ist kein Problem. Es tauchen vorher ja auch genug andere Menschen auf, mit denen wir Spaß haben können. Und in der Zwischenzeit kann ich ja jede Woche einer anderen Beschäftigung nachgehen. Hier ein Raubzug, da Training für die Monster, ein Betriebsausflug oder eine Geschäftsreise. Klar, ich muss die Moral meiner Angestellten oben halten. Ich weiß, sonst droht ein Burnout und sie können nicht mehr kämpfen. Von den Guten umgeboxt zu werden drückt die Stimmung, das verstehe ich. Ich glaube, das krieg ich alles hin!
Legend of Keepers ist NICHT wie Darkest Dungeon
So, die ersten Aufträge sind erfolgreich erledigt. Bisher durfte ich in jedem Dungeon zwei Räume mit jeweils drei Monstern besetzen. Ich muss vorher entscheiden, welche Monster in welchem Raum zur Verfügung stehen und daraus die beste Mischung gegen die Feinde basteln. Dabei geht es um Resistenzen gegen Elemente, damit meine Truppen länger aushalten und im Optimalfall wirken ihre Fähigkeiten so zusammen, dass meine Feinde keine Chance haben. Der erste Monsterraum dient meist nur zur Vorbereitung und wird schnell weggesäbelt. Das macht meinen Angestellten natürlich miese Laune, aber der Erfolg gibt mir Recht. Ich tröste sie einfach mit kleinen Ruhepausen und lasse sie manchmal Angriffe aussetzen. Immerhin bekomme ich, wenn ich mich gut anstelle, als Sklaventreiber einen Praktikanten oder als Zauberin einen starken Spruch, um die heldenhaften Truppen durch mehr Räume zu jagen. Manche Dungeons haben sogar extra Gefahren zu bieten, das freut mich natürlich doppelt.
Aber wie Darkest Dungeon ist Legend of Keepers überhaupt nicht. Dafür fehlt mir die Bindung zu meinen Monstern. Klar, alle haben Namen, aber sie sind nur taktisches Kanonenfutter. Da wir in jedem Dungeon bei Null anfangen, finde ich es nicht dramatisch, wenn sie mal umgeboxt werden. Wenn die Helden durchs Verlies bei mir ankommen, übernehme ich es halt selbst und mach kurzen Prozess. Zum Glück regeneriere ich pro Woche Lebensenergie, ich habe also etwas Luft, um Fehler zu machen. Nur völlig unbedacht sollte ich meine Truppen nicht aufstellen. Ein Blick auf Stärken und Schwächen sowie die Effekte der bis zu fünf Artefakte, die ich kriegen kann, verhindern mein Ableben. Nur macht es das nicht zum Gegenstück von Darkest Dungeon, weil wir Monster gegen Held_innen in einem Dungeon sind. Die zu treffenden Entscheidungen sind völlig andere. Ich fühle mich eher wie in einem taktischen Rougelite anstatt wie in einem Rollenspiel.
Die Firma dankt
Könnten wir vielleicht nochmal ein Mitarbeitergespräch führen? Ja, ich hab was auf dem Herzen. Ich habe die Aufträge alle geschafft und ihr vertraut mir mittlerweile soweit, dass ich einen Dungeon so lange bewachen darf, bis es gar nicht mehr geht, fernab der üblichen Aufträge. Auch wenn mir zu Beginn andere Erwartungen bereitet wurden, habe ich wirklich gerne für Sie gearbeitet. Aber so langsam brauche ich etwas Neues. Irgendwie fehlt mir die Abwechslung, ich mache ja doch immer irgendwie das Gleiche. Nein, das ist kein reines Rougelite-Problem! Die Artefakte oder die Monster könnten mit ihren Fähigkeiten so große Unterschiede bringen, dass jeder Auftrag was völlig Neues ist. Aber das schafft Legend of Keepers nicht. Ja, die Aufträge der einzelnen Klassen versuchen durch die unterschiedlichen Ausgangspunkte immer neue Ansätze und es hat auch Spaß gemacht, mich darauf einzustellen, aber wenn ich den Rhythmus erst mal habe, ist jeder Kampf wieder gleich.
Ob ich die ganzen Mods ausprobiert habe? Natürlich. Ich weiß die Mühe auch zu schätzen. Auch, dass jeder geschaffte Auftrag ein neues Monster in den Katalog brachte, war wirklich schön. Aber das ändert doch am gesamten Spielgefühl nichts. In anderen Rougelites merke ich grundlegend verschiedene, aber allesamt interessante Kombinationsmöglichkeiten zwischen den mir gegebenen Materialien. In Legend of Keepers kann ich zwar schauen, ob ich Angst oder Gewalt verbreiten will, Statuseffekte nutze oder mit roher Kraft draufhauen lasse, aber die Mechaniken dahinter wirken alle ähnlich. So bin ich einfach müde geworden. Ich hatte keine schlechte Zeit in ihren Verliesen! Das ist mir sehr wichtig zu sagen! Aber es ist an der Zeit, weiterzuziehen. Ich brauche eine neue Herausforderung, frischen Wind. Ich bin mir sicher, dass bald jemand anderes meinen Platz einnehmen und sicherlich ähnlich motivierte Arbeit verrichten wird! Also danke vielmals für die Zeit! Die Tür finde ich schon selbst!
7/10 ⛓️
Developer/Publisher: Goblinz Studio
Genre: Rougelite-Strategie
Team: Alison Derolez (Producer); Mathieu Chauderlot (Art Director); Léonard Bertos (Narrative Design); Chris Humbert, Bastien Locoge (Developer)
Musik: Jérôme Mathis
Veröffentlichung: 29.April 2021 (Steam, Epic Games Store, GOG, Switch)
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Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.