Elden: Path of the Forgotten Review | Wiederhol das nochmal, aber langsam!

Kryptisches Storytelling und taktische Schwertkämpfe warten in Elden: Path of the Forgotten auf euch!

Ein gutes Videospiel benötigt nicht viele Worte, um euch zu erklären, was zu tun ist. Funktionen des Gameplays werden intuitiv durch das Leveldesign vermittelt. Das Ausprobieren unterschiedlicher Tastenkombinationen und Spielmechaniken wird gefördert. So sind kaum Tutorials notwendig und ihr als Spielende werdet organisch in die Welt eingeführt. Kein NPC muss euch erklären, dass ihr an einer bestimmten Stelle bitte den A-Knopf drücken müsst. Solche Dialoge können ungemein aus der Immersion eines Spiels reißen, wenn alle anderen Figuren im Dorf euch ängstlich von einer großen Bedrohung berichten. Elden: Path of the Forgotten versucht ebenfalls, einen solchen Gameplay-Ansatz zu verfolgen. Das Spiel der einzig aus Dylan J. Walker bestehenden ONERAT GAMES beschreitet diesen Weg besonders radikal. Leider ist das nicht immer förderlich für das Spielerlebnis.

Junger Mann, ich hab sie jetzt nicht verstanden…

Dialoge im klassischen Sinne gibt es in Elden: Path of the Forgotten gar nicht erst. Ihr schlüpft in die Haut von Elden, um seine Mutter in einem von wandelnden Albträumen durchsetzten, mittelalterlichen Land zu retten. Das erzählt mir der Titel in seiner Zusammenfassung auf der Steam-Seite. Im Spiel selbst habe ich davon keine Ahnung. Ich weiß nicht, wie unser Held heißt, geschweige denn warum er seine sichere Hütte verlässt, um die unzähligen Monster im Wald zu töten. Dylan J. Walker verzichtet nämlich komplett auf verständliche Dialoge. Vereinzelt werden Informationen in Bildform dargestellt, die ihr versuchen könnt, zu entschlüsseln. Meist jedoch wird alles in einer Schriftsprache angezeigt, die völlig unverständlich bleibt. Selbst die Buchstaben sind nur unbekannte Symbole. Ihr fühlt euch allein und hilflos in einer Welt, die euch keinerlei konkrete Informationen geben kann und will. Erst durch Geschehnisse im weiteren Spielverlauf fällt langsam der Groschen, was eigentlich euer Ziel ist.

Bis dahin schleicht ihr nur gemächlich durch die düstere Welt und wartet ab, welch schaurigen Wesen euch erwarten. Und wenn ich gemächlich sage, dann meine ich das auch genauso. Elden wirkt nicht, als wäre ihm das Wort Hektik ein Begriff. Vielleicht gibt es das in seiner Sprache nicht. Er schlendert gemächlich durch die Gegend, Tempo bekommt er nur durch seine Ausweichrolle, ansonsten nimmt er sich seine Zeit und damit auch eure. Stürzt er Hals über Kopf in die Kämpfe, ist eure Reise auch schneller vorbei als ihr “~#<~”-” sagen könnt. Lasst die Gegner lieber zu euch kommen, studiert ihr Verhalten und reagiert dementsprechend, um platzierte Schläge zu landen. Elden: Path of the Forgotten führt euch sehr langsam in die Welt ein und spannt eure Nerven damit ins Unermessliche. Die aufgezwungene Entschleunigung versetzt euch in die Lage eines Menschen, der nicht weiß, was hinter der nächsten Ecke auf ihn wartet.

Elden: Path of the Forgotten – schön und gut, aber wo lang geht er denn?

Während ich euch gerade über das Spiel berichte, merke ich, wie spannend ich das Grundkonzept finde. Es ist großartig, welche Gefühle eine solche Herangehensweise an ein Spiel in mir auslösen können und wie viel mit dem Verzicht auf Informationen erreicht werden kann. Und gleichzeitig keimt in mir die Frage, wieso ich gar keinen Spaß an Elden: Path of the Forgotten hatte. Ich glaube, dass Dylan J. Walker den Zeitpunkt verpasst hat, wo seine Idee einfach zu viel wurde. Ein Spiel, das auf Dialoge und Tutorials verzichtet, gibt trotzdem durch die Gestaltung der Welt klare Hinweise, wo ihr als nächstes hinwandern solltet. Ein Schloss in der Ferne weckt Interesse, Lichter weisen den Weg oder die altbekannte Weisheit “Wenn du Monster siehst, bist du auf der richtigen Spur” sind hilfreiche Indikatoren dafür. Wenn ihr in die Haut von Elden schlüpft, fehlen diese ganzen Informationen.

Ihr steht oft in einer Umgebung, die sich trotz Vogelperspektive zur besseren Übersicht einfach unfassbar ähnelt. Gerade die düsteren Waldgebiete lassen euch ziellos umherirren. Stellt euch darauf ein, mehrmals an derselben Holzfällerhütte zu landen, vor der die verwesenden Monsterkadaver liegen, die ihr einige Minuten zuvor dort hinterlassen habt. Eldens gemächliches Tempo macht diese wiederholten Entdeckungen noch frustrierender. Ab und zu tauchen Buttonprompts auf, die euch zeigen, dass ihr einen Knopf drücken könnt, um nun Magie zu wirken oder ein Schild zu lesen, welches ihr nicht versteht. So habt ihr immerhin die Information, dass in dieser Richtung etwas Interessantes sein könnte. Das hält euch jedoch nicht davon ab, an der nächsten Kreuzung wieder falsch abzubiegen und einen langgezogenen Bogen zu spazieren. Die eher reduzierte Pixeloptik erschwert es merklich, klar erkennbare Einzelheiten in der Umgebung auszumachen. Habt ihr diesen Ort schonmal besucht oder sieht es nur so aus wie die Gabelung zuvor?

Könnten Sie das nochmal erklären?

Irgendwann findet sich schon der richtige Weg und nach guten fünf Stunden könnt ihr auch das Ende des Pfades der Vergessenen erreichen. Müßig ist die Reise trotzdem. Gerade zu Beginn habe ich diverse Waffen gefunden und hatte keine Ahnung, wie und ob ich sie überhaupt ausrüsten kann. Das Spiel bleibt seiner Grundidee so treu, dass selbst die grundlegendsten Informationen verwehrt bleiben. Sobald ein Guide zum Spiel verfügbar ist, der diese Kleinigkeiten erklärt, steht es euch als Spielenden zumindest frei, ob ihr euch diese Hinweise geben lasst oder euch auf die intendierte Art und Weise gänzlich unwissend auf die Suche nach Eldens Mutter macht. Ich hingegen habe mich einfach nur verloren und hilflos gefühlt. Das mag auch genau die Intention des Spiels sein und ich respektiere die Entscheidung diese Grundidee konsequent zu verfolgen. Ich selbst war jedoch einfach nur froh, das Spiel endlich in den Tiefen meiner Spielebibliothek versinken zu lassen.

Diese RPG-ähnlichen Spiele aus der Vogelperspektive mit herausfordernden Kämpfen, Magie, Ausweichrollen in düsteren Dungeons, sind aktuell ein sehr beliebtes Genre. Es ist daher schön zu sehen, wie Studios trotzdem frischen Wind in dieses Konzept bringen wollen. Allein dafür weiß ich Elden: Path of the Forgotten zu schätzen. Und trotzdem begebe ich mich lieber in ein Umfeld, das mir etwas griffigere Mechaniken bietet, sowohl in der Erkundung der Welt als auch im Kampfsystem. Vielleicht bin ich mittlerweile auch übersättigt von dieser Art von Spiel sowie dem äußerst reduzierten Pixellook. Wenn ich über das Spiel der ONERAT GAMES nachdenke, gibt es vieles, das ich wirklich mögen müsste. Ich hoffe sehr, dass diese Punkte bei einigen von euch stärkeren Anklang finden, auch wenn ich am Ende des Spiels einfach nur müde war. Es wäre doch schade, wenn Elden ansonsten den lovecraftschen Horrorelementen erliegen müsste und seine Mutter auf ewig verloren bleibt.

6/10 💬

Developer: ONERAT GAMES
Publisher: Another Indie
Genre: Topdown Action-RPG
Einzelentwickler: Dylan J. Walker
Veröffentlichung: 9. Juli 2020 (Steam, Switch)

Redakteur | + posts

Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.

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