Komm mit raus, Entdeckermaus Review | Jetzt will ich wirklich raus!

Komm mit raus, Entdeckermaus nimmt uns mit auf eine virtuelle Reise in die echte Welt – klingt komisch, ist aber so!

Bis ich aus dem Elternhaus ausgezogen bin, hatte ich mein ganzes Leben lang Katzen. Und ich hatte ein Buch, in dem etliche Katzenrassen mit Fotos, Namen und Eigenschaften vorgestellt wurden. Das Buch habe ich zwar längst entsorgt, trotzdem kann ich noch souverän die Maine Coon von der Norwegischen Waldkatze, die Russisch Blau von der Britisch Kurzhaar und die Siamkatze von der Ragdoll unterscheiden. Weil ich dieses Buch geliebt und studiert habe – und mich seine Inhalte natürlich auch brennend interessierten. Vor allem, wenn Katzennachwuchs ins Haus stand und ich bis zum Tag, an dem wir das Kätzchen abholten, alle Infos über die Rasse inhalierte. Soll heißen: Was Kinder abfeiern, bleibt meist lange hängen. Und da viele Kinder heutzutage eher Konsolen als Bücher abfeiern, macht Komm mit raus, Entdeckermaus alles richtig. Hier erleben wir interaktives Bücherblättern, das nicht nur kleinen, sondern auch großen Entdeckermäusen richtig Spaß machen kann.

Unsere Natur, serviert in kleinen Häppchen (absolut vegan!)

In meiner News zu Komm mit raus, Entdeckermaus habe ich euch schon erzählt, dass ich das große Glück hatte, in einem Haus mit riesigem Garten aufzuwachsen. Als Kind fand ich das cool, aber wusste es rückblickend überhaupt nicht zu schätzen. War halt normal. Wenn ich heute spazieren gehe, weiß ich, dass ein Großteil meiner Kenntnisse über Flora und Fauna (Flora ist das mit den Blumen) auf diese wertvolle Zeit zurückzuführen ist. Als Kind war ich außerdem naiv. In der fünften Klasse mussten wir im Biologie-Unterricht ein Herbarium abgeben. Ich habe mir ultimativ große Mühe gemacht und alle Blätter fein säuberlich in einen Ordner eingeklebt. Dafür habe ich eine absolut gerechtfertigte Eins bekommen. Mein Klassenkamerad Tim (Name NICHT geändert!) bekam eine Eins Plus, weil er alle Blätter einlaminiert – und damit nicht nur für die Biostunde, sondern für die nächsten paarhundert Jahre – konserviert hat. Damals war ich beleidigt, heute denk ich: LOL.

Ich glaube, mittlerweile gibt es auch biologisch abbaubare Laminierfolien. Die Entwickler_innen von Circus Atos sind trotzdem einen anderen Weg gegangen, bei kleinen und großen Entdecker_innen ein Bewusstsein für die Umwelt zu schaffen. In einer Art interaktivem Sachbuch kriechen wir als kleine Entdeckermaus durch unterirdische Gänge, klettern auf Bäume oder wandern durch hohe Sträucher. Insgesamt warten vier Lebensräume darauf, von uns erforscht zu werden: Die Höhle, der Teich, der Wald und der Garten. In jedem dieser Gebiete treffen wir typische tierische und pflanzliche Bewohner an. Zu jedem Lebewesen können wir eine Karte öffnen, die uns einige grundlegende Informationen und manchmal auch Details mitteilt. Das können zum Beispiel Querschnitte oder Illustrationen der verschiedenen Entwicklungsstadien eines Insekts sein. Außerdem gibt es zu jedem Tier und jeder Pflanze noch eine kleine Animation: Der Regenwurm windet sich in seinem Erdloch, die Biene summt herum, der Wurmfarn zeigt uns, wie toll er seine Blätter kringeln kann.

Komm mit raus, Entdeckermaus ist wie Lesen, nur krasser

All das wirkt wie Schmökern in einem hübsch illustrierten Sachbuch, nur krasser. Und das ist kein Zufall, denn das Naturspiel basiert auf dem gleichnamigen Kinderbuch-Debüt der tschechischen Autorin Tereza Vostradovská. Neben ihrer Arbeit als Autorin ist sie außerdem freiberufliche Grafikdesignerin bei Circus Atos – womit sich der Kreis auch schon wieder schließt. Wer sein Kind also richtig flashen will, blättert gemeinsam mit dem Nachwuchs erst in dem Buch und taucht dann in die interaktive Welt der Entdeckermaus ein. Ich weiß nicht, wie Kinder heute drauf sind, aber mich hätte das damals ziemlich aus den Socken gehauen. Ich erinnere mich noch an ein Hörspiel aus meiner Kindheit, in dem die Protagonist_innen an einer Stelle funkelnde Edelsteine gefunden haben. Und jetzt stellt euch mein Gesicht vor, als meine Mama damals meinte, ich soll mal unter mein Kopfkissen gucken und ich dort tatsächlich funkelnde (Plastik-)Edelsteine entdeckte. Mindblown for a lifetime. Kinder sind toll.

Zurück zum Thema: Genau wie seine Vorlage ist die Videospiel-Version von Komm mit raus, Entdeckermaus in wunderschönen, handgemalten Wasserfarben illustriert. Auch wenn wir gerade nichts anklicken, sind Pflanzen und Tiere um uns herum in ständiger Bewegung. Außerdem sorgen echte Zwitscher-, Summ- und Krabbelgeräusche dafür, dass wir uns wirklich wie in einem echten Wald fühlen. Dass die kleine Maus sich an der einen oder anderen Leiter verhakt und dabei aussieht, als würde sie einem abgefahrenen Natur-Rave beiwohnen, verzeihe ich ihr aufgrund der hübschen Grafik und der charmanten Animationen gerne. Auch wenn Kinder die Hauptzielgruppe dieser virtuellen Entdeckungsreise sind, habe ich mich als Erwachsene nicht fehl am Platze gefühlt. Eher war ich erstaunt, wie wenig ich über unsere krabbelnden und fliegenden Mitbewohner eigentlich weiß. Deshalb habe ich mir in einem Anflug von Entdeckungsdrang direkt ein Fernglas bestellt, um mich jetzt im echten Leben auf die Pirsch zu legen. Wir sehen uns draußen!

8/10 🐭🌳

Developer/Publisher: Circus Atos
Genre: Familienspiel, Point-And-Click
Team: Michal Berlinger (Game Development/Design), Bára Podhorská (Graphic Design), Tereza Korecká Vostradovská (Graphic Design), Jan Netušil (Graphic/Motion Design)
Auszeichnungen: Hitomi Prize (Digital Ehon Award Tokio 2018)
Veröffentlichung: 25. Februar 2019 (Steam, Android, iOS), 23. April 2021 (Xbox Series X|S, Xbox One, Switch)

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Redakteurin | + posts

Der Noob von WTLW. Sie kennt sich in der Gaming-Welt nicht so gut aus wie ihre Kolleg_innen, lernt aber gerne dazu. Klassisch mit “Die Sims” in die Gaming-Szene eingestiegen, spielt sie heute am liebsten Adventures, Platformer und Puzzle-Games. RPGs sind auch okay – aber nur, wenn sie schön aussehen.

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