The Wild At Heart Review | Elflinge? Bitte alle in der Zweierreihe aufstellen!

In The Wild At Heart begeben wir uns in ein mystisches Abenteuer. Doch wir müssen unsere Reise nicht allein antreten.

Wenn zwei Kinder von Zuhause abhauen und sich auf eine abenteuerliche Reise begeben, steckt meist ein traumatisches Ereignis dahinter. Ich selbst wäre für kein Geld der Welt vor meinen Eltern weggelaufen, nicht einmal zum Spaß. Eine rebellische Phase? Hatte ich nicht. Selbst meine Mutter sagt, dass ich ein langweiliges Kind war. Traurig ist sie darüber allerdings nicht. Bei dem jungen Wake und der kleinen Kirby sieht das etwas anders aus. Wake hat ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater, Kirby kennt ihre Eltern nicht und wächst bei ihrer Tante auf. Die gibt ihr regelmäßig zu verstehen, dass sie unerwünscht ist. Unter solchen Voraussetzungen hätte vermutlich selbst ich überlegt, die Biege zu machen. Das Abenteuer, das im echten Leben wohl eher auf der Straße oder im Kinderheim enden würde, führt Wake und Kirby im Action-Abenteuer The Wild At Heart auf eine mystische Reise mitten in den Tiefenwald.

Zwei Kinder, die beschlossen, Reißaus zu nehmen

Dass der zwölfjährige Wake seine Reise allein startet, sieht der mittelmäßig ausgeklügelte Plan der beiden Ausreißer genau so vor: Er macht sich auf in die Wildnis hinter seinem Haus, wo er ein Baumhaus bauen will. Seine beste Freundin Kirby begibt sich kurz nach ihm in den Wald. Dass er sich anstatt in den heimischen Wäldern im Tiefenwald wiederfindet, wo es vor seltsamen Kreaturen nur so wimmelt, war allerdings nicht vorgesehen. Der alte Greis namens Graumantel, dem er am Eingang des Tiefenwalds begegnet, ist allerdings nicht so überrascht von Wakes Ankunft wie der Junge selbst. Fast scheint es, als sei er erwartet worden. Aber wozu? Und wie in aller Welt soll Kirby ihn hier finden? Und warum ist Graumantels Mantel überhaupt nicht Grau?

Das alles sind Fragen, um die Wake sich erst einmal nicht kümmern kann. Graumantel erklärt ihm, dass er der Anführer der Grünschilde sei. Die Grünschilde ist eine Vereinigung, die im Tiefenwald lebt und ihr Zuhause seit geraumer Zeit vor einer Bedrohung beschützen muss, dass vor allem Nachts sein Unwesen treibt: Das Nimmer. Nicht nur, dass es in der Nacht hervorkommt und alles angreift, was in der Dunkelheit noch unterwegs ist. Es ernährt sich auch von dem Gedanken der Grünschilde. Das hat zur Folge, dass sie allmählich vergessen, wie sie heißen und was ihre Bestimmung ist. Die vergesslichen Grünschilde überreichen Wake „Das Buch“, in dem alle Wesen ihrer Art so wie ihre Feinde dem Gedächtnisschwund zum Trotz katalogisiert sind. Dadurch erfahren wir mehr über die vielfältigen Bewohner_innen, zum Beispiel die ungleichen Zwillinge Tanzoft und Tanznicht, die kampflustige Zahnstochina oder die Crazy Cat Lady namens Kitty.

In The Wild At Heart wimmelt es von fantastischen Kreaturen

Gemeinsam leben die Grünschilde im Hain, der auch uns als Basis dient. Nachdem ich verloren gegangene Gegenstände wiedergefunden und das Dorf wiederhergestellt habe, kann ich hier nützliches Zeug kaufen, übernachten oder Elflinge schlüpfen lassen. Elflinge sind meine Helferlein und Wakes einzige Begleitung, bis er seine Freundin Kirby in den Tiefen des Waldes wiederfindet. Sie erweisen sich als äußerst fleißig und nützlich, da sie Gegner angreifen, Items einsammeln oder Hindernisse aus dem Weg räumen können. Allerdings lassen sie sich auch leicht ablenken und gehen schnell mal verloren. Besteht meine Gefolgschaft zunächst aus fünf Elflingen, kann ich im Laufe des Spiels eine Armee von bis zu 70 und mehr der kleinen Wesen zusammentrommeln. Wie Benja in meinem Twitch Stream zu The Wild At Heart treffend analysiserte: „Die sind ja schlimmer als ’ne Gruppe Kindergartenkinder.“

Auf meiner Reise durch die fantastischen Welten des Tiefenwaldes finde ich fünf verschiedene Arten von Elflingen, die alle besondere Fähigkeiten besitzen. Die Zittlerlinge helfen mir in eisigen Gebieten weiter, Glutlinge sind feuerresistent, Stachlinge hauen mit ihren stacheligen Köpfen auch die härtesten Barrieren kaputt. Die Kunst besteht darin, die richtige Gattung im richtigen Moment einzusetzen. Denn auch die Gegner – und davon gibt es zahlreiche – können nicht von jedem meiner kleinen Gefolgsleute besiegt werden. Auch wenn die Zahl an Helfern mich gegen Ende ein bisschen überfordert hat, konnte ich allmählich in meine neue Rolle als Elfling-Mama hineinwachsen, da mein Kontingent erst im Laufe des Abenteuers anwächst. Die Herausforderung, im richtigen Moment zum richtigen Elfling zu greifen, hat mir dabei große Freude bereitet. Und auch wenn sie manchmal ein bisschen anstrengend waren, ist es einfach viel zu süß, wenn sie sich in Reih und Glied hinter mir aufreihen und meine Befehle entgegennehmen.

Spaziergang durch den Tiefenwald

Aber was war denn nochmal mit der Person, für die wir das ganze Abenteuer überhaupt erst angetreten sind? Ich habe Kirby erst relativ spät im Tiefenwald entdeckt, was aber wieder einmal an meiner Unfähigkeit lag. So schwer war sie eigentlich gar nicht zu finden. Ich kann euch nur raten, Kirby möglichst schnell ausfindig zu machen. Nicht nur, dass sie super niedlich und witzig ist, auch ihre Fähigkeiten sind nicht zu unterschätzen. Den Viewmaster auf ihrem Kopf trägt sie zwar nur zur Deko (ich hatte als Kind ein identisches Modell und schwelgte sofort in Erinnerungen), trotzdem sind einige ihrer Skills unverzichtbar, um bestimmte Rätsel zu lösen. Als fast unschlagbares Team schlagen sich Wake, Kirby und diverse Elflinge also die Tage im Tiefenwald um die Ohren. Dort sammeln und kämpfen sie, bis die Sonne untergeht. Denn wir erinnern uns: Mit der Dunkelheit kehrt auch das Nimmer zurück.

Das Gute an The Wild At Heart ist, dass die Welt kunterbunt und fantastisch ist und dazu einlädt, erforscht zu werden. Genau das ist aber auch das Schlechte. Zum Glück kann ich in jedem der Gebiete Lager aufschlagen, in denen ich nach Sonnenuntergang übernachte. Auch das Teleportieren zwischen verschiedenen Gebieten ist möglich. Trotz Karte habe ich aber recht lange gebraucht, um mich zurechtzufinden. Hat mich während meiner Reise eines der zahlreichen Monster doch einmal erwischt, ist das Adventure zum Glück gnädig mit mir. Ich verliere zwar einen Teil meiner Währung, wache aber mit frischem Elan im Lager wieder auf und kann nahtlos am Ort des Scheiterns anknüpfen. Auf jeden Fall ist The Wild At Heart ein Abenteuer, das nicht „mal eben“ erlebt werden will. Die vielfältigen Wesen verdienen es, bis ins Detail erforscht zu werden. Deswegen kehre ich auch ganz sicher noch einmal in den Tiefenwald zurück.

8/10 🌲👫🌲

Developer: Moonlight Kids
Publisher: Humble Games
Genre: Action-Adventure, Puzzler
Team: Justin Baldwin (Art, Animation), Chris Sumsky (Programming, Operations), Ankit Trivedi (Programming), Alex Atkins (Writing), Matt Morgan (Audio)
Music: Amos Roddy
Veröffentlichung: 20.8.21 (Steam, Xbox Series X|S, Xbox One, Xbox GamePass )


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Redakteurin | + posts

Der Noob von WTLW. Sie kennt sich in der Gaming-Welt nicht so gut aus wie ihre Kolleg_innen, lernt aber gerne dazu. Klassisch mit “Die Sims” in die Gaming-Szene eingestiegen, spielt sie heute am liebsten Adventures, Platformer und Puzzle-Games. RPGs sind auch okay – aber nur, wenn sie schön aussehen.

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