Boomerang X Review | Deine Klinge kehrt immer wieder zurück

Boomerang X verkettet waghalsige Flugeinlagen mit schnellen Arenakämpfen in einer bunten Inselwelt.

Der Bumerang ist ein international bekanntes Wahrzeichen Australiens. Die indigenen Einwohner des fünften Kontinents benutzten zur Jagd Exemplare, die gar nicht zurückkehren konnten. Der klassische Rückkehrbumerang wurde wahrscheinlich eher zufällig entdeckt. Der Entdecker James Cook brachte das kurvige Jagdgerät nach Europa, wo der mit etwas Drall geworfene Bumerang als nettes Kuriosum und Sportgerät etabliert wurde. Boomerang X hat jedoch wenig mit dem australischen Vorbild zu tun. Genau genommen würden die damaligen Aborigines wahrscheinlich schlimmere Motion Sickness bekommen als Benja, denn das Spektakel von Devolver Digital und Developer DANG! jagt mich durch eine atemlose Abfolge von blitzschnellen Kämpfen und Flugeinlagen.

Unbekannte Waffe auf einsamer Insel

Zu Beginn strandet ein namenloser und für mich gesichtsloser Mann auf einer Insel, deren Klima tropisch anmutet. Schluchten und verlassene Dörfer leiten ihn zu einem Podest, auf dem ein Bumerang ruht. Dieser namensgebende Boomerang wird sich sogleich als tödliches Instrument herausstellen. Aus schwarzer Energie manifestieren sich dunkle Spinnenwesen, Fliegen und Humanoide. Die schwarzen Heimsuchungen zerschneidet der Bumerang mit den gelb glänzenden, scharfen Spitzen mühelos. Die Bewegung gelingt in Windeseile, die Sprünge fühlen sich an, als ob die Schwerkraft sich falsch verhalten würde. Fast schon zieht mich Boomerang X nach vorne, anstatt nach unten. Ich glaube mein Protagonist, den ich aus der Egoperspektive steuere, will auf keinen Fall eine Pause einlegen. Das will auch ich nicht, denn die kurzweiligen Arenakämpfe gegen die unheimlichen Krabbeltierchen machen sofort Laune. Nach ein paar Kämpfen lerne ich zudem zusätzliche Tricks, die die Scharmützel erleichtern.

Nach einigen Arenaeinlagen, die den ungeschulten Gestrandeten in die pfeilschnelle Kampftechnik mit dem mächtigen Boomerang einführen, trifft er auf Tausendfüßler Tepan. Er gehört offenbar dem Volk an, welches die Insel vor langer Zeit bewohnte. Ich frage mich, wie die intelligenten Insektoiden, die offenbar mächtige Strukturen in den Stein hauen konnten und Waffen wie meinen tödlichen Bumerang zur Verfügung hatten, durch eine Heerschar an dumpfen Schattentierchen ersetzt wurden. Doch für storytechnische Überlegungen bleibt erstmal keine Zeit, schon wartet die nächste Halle, die höher als breit ist und durch dessen Vertikalität mich meine Waffe trägt. Auf Knopfdruck teleportiere ich mich nämlich zur derzeitigen Position der geworfenen Klinge. Gärten, Eishöhlen und Vulkane durchquert der einsame Protagonist auf diese Weise.

Der Boomerang X fliegt dir um die Ohren

Anfangs kann die pausenlose Bewegung in alle Richtungen – später sogar ohne Bodenkontakt – leicht überfordernd wirken. Nicht selten dachte ich mir, dass Boomerang X der spielgewordene Alptraum jener Menschen sein muss, die zu Motion Sickness tendieren. Obwohl DANG!´s ungewöhnlicher Arenashooter in etwa zwei oder drei Stunden zu bewältigen ist, würde Benja hier garantiert vor Übelkeit den Rechner aus dem Fenster schmeißen. Stillstand bedeutet hier meist den Verlust eines Lebens und nach ein paar Treffern kann die ganze Arena nochmal von neuem angegangen werden. Allerdings versetzt diese Art der Action mich beim Spielen auch in einen Flow, der schwierig nachzuahmen ist. Immerhin lässt sich nach erfolgten Würfen für einen Augenblick die Zeit verlangsamen, um den nächsten Gegner ins Visier zu nehmen.

Langsam baut sich eine Routine auf. Zielen, aufladen, werfen, Zeitlupe, zielen, werfen… Im Prinzip lassen sich so alle Schattenwesen erlegen, doch jede Gegnerart besitzt andere Stärken und Schwächen. Gerade die Schwachpunkte sind prominent als rote Flecken in der schwarzen Masse angezeigt und dienen somit als Wegpunkte des Flugs der Spieler_innen. Gefährlich wird es vor allem, wenn die Vielzahl der verschiedenen Gegnertypen den Bumerangträger auf einmal beharken. Während eine Horde von Spinnen am Boden einen Gegnerteppich bildet, der die Landung verhindert und dunkle Gestalten von Plattform zu Plattform springen, um mich mit Geschoßen aufzuhalten, erzeugen riesige Vögel mit ihren Schwingen Stürme, die meinen Radius einschränken. Der Schwierigkeitsgrad ist nicht wählbar, sondern baut sich auf diese Weise graduell auf, bis ich in monumentalen Türmen gegen Armeen der Schattenmonster antrete und von allen Seiten gleichzeitig mit Schaden rechnen muss.

Herausfordernd und kurzweilig

Anfangs sind die schattigen Krabbeltiere kein Problem, doch die diversen Gegnermassen der letzten Level brachten mich gelegentlich zum Fluchen. Klar sind die Arenakämpfe schnell vorbei, doch der Todesstoß vom letzten Kontrahenten ist frustrierend. Von Umgebung zu Umgebung steigt die Herausforderung gerade richtig. So bin ich nach dem Durchkämpfen eines Levels stets etwas besser als zuvor, habe aus der Action lernen können. Schrittweise baut Boomerang X Spezialschüsse ein, welche bei geschickter Nutzung die Arbeit erleichtern. Das Ende löst den Plot rund um die Ruineninsel auf, doch ehrlich gesagt ist das wenig befriedigend und mehr Vorwand für die pausenlosen Flugeinlagen mit dem Bumerang.

Ganz werde ich das Gefühl nicht los, dass Boomerang X die Konzeptvorstellung eines noch größeren Spiels sein könnte. Es macht mir für sich genommen wirklich Spaß, doch Mechaniken rund um das messerscharfe Fluggerät würden sich geradezu anbieten für mehr Abwechslung, Erkundung und eine längere Reise. Das Spielprinzip von graduell schwieriger werdenden Arenascharmützeln mit immer mehr Gegnern und noch cooleren Spezialschüssen könnte ad infinitum fortgeführt werden, würde aber nie ein kohärentes World Building ersetzen. Die Inselwelt ist schön und hat großartige Ansätze, sodass ich mehr davon sehen möchte, als der Abspann rollt. Ich mag die puristische Art des Gameplays, die Boomerang X mir vorsetzt, fühle aber dennoch ein schwer zu beschreibendes Loch, das nur mit Hintergrundgeschichte und mehr von der verlassenen Insel gefüllt werden kann.

7/10 🥏

Developer: DANG!
Publisher: Devolver Digital
Genre:
Arenashooter
Veröffentlichung:
8. Juli 2021 (Steam, Switch)


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Der Historiker von WTLW. Spielt alles vom Walking Simulator bis zum Point-and-Click Adventure, am Liebsten aber RPGs mit guter Narrative und Strategie.

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