Monobot Review | Scheiß auf Freunde bleiben

Mit dem Puzzle-Platformer Monobot legen die Developer von DreamSmith Studio ein Debüt hin, das Emotionen auslöst.

Ich habe eine große Sympathie für Roboter. Den ordnungsliebenden Wall-E hat mein 15-jähriges Ich damals ins Herz geschlossen. Mein Job als SEO-Managerin (SEO = Search Engine Optimization) huldigt dem Google Bot, den das Unternehmen aus dem Silicon Valley ebenfalls personifiziert und ihm sogar einen Blumenstrauß in die Hand gedrückt hat. Außerdem sind seine Haare eine Wiese. Googelt mal, hehe. Von dem kleinen Roboter-Kumpanen, der mich im Adventure Gris auf meiner farbenfrohen Reise begleitet hat, brauche ich gar nicht erst anfangen. Ich bin selbst ein bisschen erstaunt darüber, wie knuffig und herzerwärmend vermenschlichte Objekte doch auf mich wirken können. Ich würde fast behaupten, für meine blechernen Freunde mehr Wohlwollen übrig zu haben als für manch menschliches Exemplar aus Fleisch und Blut. Noch erstaunlicher wird meine Sympathie, wenn ich darüber nachdenke, dass Roboter uns ersetzen, im schlimmsten Fall sogar zerstören können. Bei genau diesem Gedanken setzt der Puzzle-Platformer Monobot an.

Ich habe einen Arm – und der kann Blau leuchten

Mein Mitgefühl schlägt direkt Alarm, als der kleine Mono zu Beginn des Abenteuers von hoch oben aus einer Art Kapsel auf den Boden plumpst. Doch obwohl er ziemlich klein ist, scheint er sehr robust zu sein. Seine flügelähnlichen Ärmchen bewegen sich noch und das Rad, mit dem er sich fortbewegt, tut auch noch, was es soll. Instinktiv drücke ich auf meinem Controller erst einmal alle Knöpfe, um zu sehen, was der Roboter so draufhat. Springen? Geht nicht. Laserstrahlen schießen? Geht nicht. Enttäuschend. Immerhin ist Mono niedlich und erinnert mich „im Gesicht“ – ich nenne das jetzt einfach mal so – wirklich ein bisschen an Eve aus dem bereits erwähnten Pixar-Abenteuer Wall-E. Schnell bemerke ich, dass ich mich unglaublich langsam fortbewege. Auch erneutes, ungeduldiges Rumdrücken auf diversen Controller-Tasten kann daran nichts ändern. Neben langsam von links nach rechts rollen entdecke ich aber schon bald eine weitere Fähigkeit: Dinge schieben.

Beim Umherschieben von Kisten und Hebebühnen macht Mono einen herrlich angestrengten Gesichtsausdruck, für den er seine leuchtenden Kulleraugen fest zusammenpresst. Solche Details machen mir Spaß. Generell bin ich von Anfang an sehr begeistert vom Look des 2D-Abenteuers. Ich befinde mich ganz alleine auf einer verlassenen Forschungsstation. Außer ein paar Roboter-Leichen, die genauso aussehen wie ich, scheint hier erst einmal nichts mehr los zu sein. Die dystopische Stimmung, die rostigen Gerätschaften, die reduzierten Sounds meines Reifens auf dem Gitterboden des Labors oder das leise Klirren, wenn Mono sich an einer Eisenkette hochzieht – das alles passt sehr gut zusammen. Ich bin also trotz aller Düsternis, die mir entgegenschwappt, erst einmal positiv gestimmt. Als ich dann noch relativ schnell mein erstes Upgrade bekomme, fühle ich mich unbesiegbar: ich habe einen neuen Arm. Und was macht der? Er leuchtet blau. Praktischerweise besitzt er außerdem magnetische Anziehungskraft.

Der Monobot hat zwar Magnet-Power, aber an der Grammatik arbeiten wir noch

Mono kann sich also jetzt an bestimmten magnetischen Objekten festmagnetisieren. Zumindest so lange, bis seine Magnetkraft wieder nachlässt, nach ungefähr acht Sekunden oder so. Ganz genau beschrieben wird mir meine neue Superkraft in einer Art Logbucheintrag, die von ehemaligen Forscher_innen geschrieben wurden. Ob das echte Menschen oder ebenfalls Roboter waren – beziehungsweise gewesen sein werden, denn das ganze spielt irgendwann um 2300 – ist mir nicht so ganz klar. Ich bin mir aber sicher, dass diese Leute ein sehr großes Mitteilungsbedürfnis gehabt haben werden. Denn die Texte, die da via Hologramm auf dem Bildschirm erscheinen, erschlagen mich. Es ist nicht, dass ich nicht gerne lese, im Gegenteil. Es ist auch nicht, dass ich nicht mehr über Monos Welt erfahren will. Es ist eher, dass diese Texte maximal verwirrend geschrieben sind, sodass ich einfach aus Angst vor Gehirnüberhitzung mental abschalten muss.

Hinzu kommt, und das ist etwas, was mich wirklich ärgert, dass die Texte teilweise einfach fehlerhaft sind. Ein Beispiel zwei aufeinanderfolgender Sätze habe ich mir extra herausgeschrieben: Das heißt, wir haben Erfolg oder du sterben. Wir waren 35 Minuten abgereist. Ich weiß nicht, ob hier Yoda als Übersetzer engagiert wurde, oder ob für die Übersetzung einfach zu wenig Budget da war, weil zu viel Kohle für die Grafik draufgegangen ist. Ob die Kaalingan, die im nächsten Satz zu den Kallingan wurden, nun zu zwei unterschiedlichen Rassen gehören, oder ob sie als geeintes Volk nur einem einfachen Tippfehler zum Opfer gefallen sind, werde ich wohl nie erfahren. Ebenso wenig, wer oder was die Kaalingan überhaupt sind. Ich finde mich dadurch in einer eigentlich banalen Story wieder, die mich durch das ganze Geschwurbel am Ende dennoch etwas ratlos zurücklässt. Habe ich verstanden, was die Schöpfer_innen mir sagen wollen? Kaalingane Ahnung.

Monobot: Vom Wortakrobaten zum Physik-Professor

So, die Grammatik-Polizei hat den Abzug angetreten, kommen wir zum Gameplay. Ich habe ja schon erwähnt, dass alles langsam ist. Ich habe das selber gar nicht als besonders störend wahrgenommen, bis Christina in meinem Twitch Stream zu Monobot geschrieben hat: „Boah, ist das langsam.” Von da an hat sich auch für mich alles gezogen wie Kaugummi. Danke, Christina! Das Problem wird dadurch verstärkt, dass ich für die meisten Rätsel extrem viel Herumprobieren muss. Muss die Kiste jetzt hier stehen oder ein Stück weiter links? Mh, lass mich das „mal eben“ ausprobieren. Nur, dass „mal eben“ leider ziemlich lange dauert. Wenn ich dann noch einen falschen Schritt mache, irgendwo herunterfalle und den ganzen Weg zurückrollen muss, ist eine halbe Ewigkeit vergangen. Und ich falle und vertue mich oft. Da ich nicht der allergeduligste Mensch bin, bin ich von diesem zähen Gameplay irgendwann ziemlich genervt.

Die Entwickler_innen von DreamSmith Studio haben Monobot als physikbasierten Platformer vorgestellt. Vielleicht stimmt das und ich verstehe einfach rein gar nichts von Physik – was absolut im Rahmen des Möglichen liegt. Allerdings hatte ich in der Schule immer mindestens eine drei in diesem Fach. Damit kann ich vielleicht nicht selber einen Roboter bauen, aber einen Monobot durch ein Videospiel zu steuern sollte drin sein, oder? Ich will dem Platformer seine physikalische Grundlage gar nicht absprechen. Fakt ist aber, dass viele der Rätsel einfach nur durch Trial and Error gelöst werden können. Was wiederum auch okay wäre, wenn ich nach einem Fehlversuch ein bisschen zackiger wieder am Punkt des Scheiterns anknüpfen könnte. Ab einem gewissen Punkt bin ich wieder einmal über meinen Schatten gesprungen und habe einen Walkthrough bemüht. Der war gar nicht so einfach aufzutreiben, da Monobot noch recht neu ist. Aber ich habe einen Leidensgenossen gefunden.

I have no idea what I’m doing

Dieser Mensch, der Mono auf Youtube in sechs Videos begleitet hat, hat diese Review gerettet. Ohne ihn hätte ich das Ende dieses Platformers nie gesehen. Mit ihm war es aber auch schwierig. Denn als er das letzte Rätsel, das mich in die Kapitulation getrieben hat, endlich lösen konnte, habe ich in seinen Augen die pure Fassungslosigkeit gesehen. Ich zitiere: „I have no idea how I did that“. Und ich dachte nur: „I feel you.” In meinem Redaktionslieblinge-Podcast hat Benja mich gefragt, was mich in einem Videospiel zum Weiterspielen bewegt. Ganz klar: Logische Rätsel, nach deren Lösung sich ein befriedigendes Gefühl einstellt. Ich muss nicht einmal selbst auf die Lösung kommen, um ein Rätsel als gelungen anzuerkennen. Aber Puzzle, die selbst nach ihrer Auflösung nichts als Fragezeichen hinterlassen, zerstören mein Spielerlebnis. Wofür der Aufwand, wenn ich am Ende nicht die innere Faust ballen kann? Was soll das?

Als ich im oben erwähnten Twitch-Stream eine halbe Stunde an einem Rätsel festhing, nur um festzustellen, dass ich einfach nur zu blöd bin, da wollte ich noch, dass Mono und ich Freunde bleiben. Ich habe Fehler gemacht, habe eingesehen, dass ich es bin, die an sich arbeiten muss. Aber das Blatt hat sich gewendet. Wir haben uns auseinandergelebt, der niedliche Roboter und ich. So sehr, dass ich am Ende nur noch seine negativen Eigenschaften gesehen habe. Ich wollte, dass es vorbei ist. Heute, mit etwas Abstand, erinnere ich mich auch manchmal an sein knuffiges Gesicht und die Tatsache, dass er sich so süß gestreckt hat, wenn ich ihn länger in der Ecke herumstehen ließ. Ich denke an unsere guten Zeiten. Aber ich muss stark sein. All seine positiven Eigenschaften wiegen nicht auf, was er mir angetan hat. Mein Geduldsfaden ist unwiderruflich gerissen. Mono? Ich scheiß auf Freunde bleiben.

4/10 🤖 💔

Developer: DreamSmith Studio
Publisher: Ukuza, B1 GAME
Genre: Puzzle-Platformer
Team: Robert Jiang (Creator, Director, Designer), Tan Ouyang (Designer), Ginch Liu, Chengwei Song, Gary Fang (Artists), Shane Delumeau (Producer)
Auszeichnungen: Indie Section Selected Exhibitor (Tokyo Game Show 2020)
Veröffentlichung: 18. Juni 2021 (Steam)


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Redakteurin | + posts

Der Noob von WTLW. Sie kennt sich in der Gaming-Welt nicht so gut aus wie ihre Kolleg_innen, lernt aber gerne dazu. Klassisch mit “Die Sims” in die Gaming-Szene eingestiegen, spielt sie heute am liebsten Adventures, Platformer und Puzzle-Games. RPGs sind auch okay – aber nur, wenn sie schön aussehen.

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