Crash Drive 3 Review | Motorisierter Spielplatz

Das niederländische Studio M2H lässt mit unzähligen Gefährten in Crash Drive 3 zum dritten Mal das Chaos in Multiplayer-Lobbys ausbrechen!

Habt ihr schon mal einen Unfall gebaut? Mit dem Auto von der Straße abgekommen, jemanden angefahren, ein anderes Auto gerammt? Mir ist das alles schon passiert, alles ist gut ausgegangen, weil ich doch immer vorsichtig genug war, um rechtzeitig zu reagieren. Die einzige Situation, in der ich deutlich mehr Glück als Verstand hatte, war mein Rutschmanöver in der Nähe des Hauses meiner Eltern. Ich hatte gerade frisch den Führerschein, die Straßen waren spiegelglatt und obwohl ich nicht zu schnell fuhr, wollte mein Auto in einer Kurve plötzlich nicht mehr lenken und ich landete im Graben. Wäre das Auto einen Meter weiter gedüst, hätte ich massive Holzscheite im Motor gehabt. So konnte mein Vater einfach mit seinem Traktor antuckern und mich aus der misslichen Lage befreien. Glück gehabt. In Crash Drive 3 läuft das anders. Hier schepper ich im Sekundentakt in Wände und Wagen. Aber das ist schon okay so.

Zeit für Bleifuß!

Mit einer Horde anderer Personen werde ich in eine von fünf verschiedenen Arenen geworfen. Mal ist es die Antarktis mit einem riesigen U-Boot in der Mitte, mal ein sandiger Canyon voller Minenwagen und Bahngleisen oder ich lande direkt auf dem Mond, wo Asteroiden und UFOS zusätzliche Plattformen in der Luft bieten. Alle paar Sekunden startet hier ein Event, an dem ich teilnehme. Eine Wahl habe ich nicht wirklich, aber es stört auch niemanden, wenn ich einfach nichts mache und weiter diese offene Welt erkunde. Hier gibt es in jedem Gebiet zehn Logos des Studios M2H und zehn grüne Ringe zu finden. Während erstere einfache, nutzlose Collectibles sind, muss ich mindestens acht Kringel durchqueren, um den Zugang zu einer neuen Welt freizuschalten. Den Rest der Zeit pese ich über Rampen, mache abgefahrene Stunts und reize meinen Boost völlig aus, um ein paar Dollar zu verdienen.

Je schneller ich Stunts aneinander kette, je länger ich drifte und je ausgiebiger ich durch die Luft fliege, umso mehr Geld springt am Ende dabei raus. Das brauche ich, um mir die neuen Welten leisten zu können. Ist alles freigeschaltet, kann ich mir neue Autos davon kaufen, neue Boostfarben oder lustige Antennen. Für jede geglückte Aktion kriege ich für meine Autos sogar Erfahrungspunkte, um diese aufzuleveln, was sie noch schneller und wendiger macht. Doch ehrlich gesagt merke ich davon kaum etwas. In Crash Drive 3 fahren sich fast alle Wagen ähnlich, der Untergrund fühlt sich an wie Seife und oft verpasse ich deswegen um Millimeter die Gegenstände und Rampen, die ich eigentlich erwischen wollte. Benjas Simulationsverlangen wird hier definitiv nicht befriedigt, doch gerade durch die Onlinekomponente kommt so eine ordentliche Portion Chaos in die flotte Raserei. Gerade, wenn ein Event wie Räuber & Gendarm startet, wird die Steuerung ein eigener Widersacher.

Die Routen sind frei in Crash Drive 3

Das Schöne ist, dass mich hier nichts einschränkt. Jeder Hügel, jedes Hindernis lässt sich irgendwie erklimmen. Mal hilft ein gut gesetzter Boost, mal benötige ich eine Rampe, um mit einem Sprung auf dem großen Schloss in der Mitte der Karte zu landen. Viel Glück den anderen, die jetzt versuchen müssen mich hier zu rammen, um an die fesche Krone über meinem Wagen zu kommen. Wenn ich einen Ort sehen kann, dann tragen mich meine Räder sicherlich auch irgendwie dorthin. Diese Open World-Floskel habe ich schon oft gehört, hätte aber nicht gedacht, dass sie auf einen kleinen Funracer wie Crash Drive 3 zutrifft. Ich habe mich wie der König der Welt gefühlt, als es mir auf dem Mond gelang, mit Boosts und geschickten Sprüngen, dank der geringen Schwerkraft, auf einem Asteroiden hoch über der Oberfläche zu landen. Die Stuntcombo, die ich beim Sturz von dort herunter abzog, sucht sicherlich ihresgleichen.

Dabei gibt es immer wieder kleine Errungenschaften, die mich weiter motivieren, mehr auszuprobieren. Gewinne alle Events einmal. Mache einen Vorwärts- und einen Rückwärtssalto in einem Sprung. Schaffe einen Dreifachsalto, ramme ein explosives Fass, lass dich vom Katapult wegschleudern, sammle alle Autos, finde alle Ringe und Logos. Ich habe enorm viel zu tun, bis ich wirklich jeden Winkel der Welten in Crash Drive 3 gesehen und zahlreiche Gegner_innen hinter mir gelassen habe. Und ich habe noch nicht mal angefangen wirklich von den Events zu sprechen, die mir hier im Sekundentakt an den Kopf geworfen werden. Ich kenne das Studio M2H vor allem durch düstere Weltkriegsshooter. Umso überraschter war ich, wie vielseitig, wie knallig bunt und wie spaßig Crash Drive 3 ist und dass augenscheinlich auch einige andere ähnliche Titel im Portfolio dieser Entwickler_innen stehen.

Lasset die Spiele beginnen!

Okay, zu Beginn war ich äußerst verwirrt. Ein Countdown lief am oberen Bildschirmrand und plötzlich hieß es, ich solle den Strandball beschädigen. Ein grüner Pfeil zeigte in eine Richtung, allerdings war ich so fernab des Geschehens, dass ich nicht verstand was Sache ist. Mit der Zeit wurde es besser. In Windeseile fand ich diesen großen Ball und rammte ihn was das Zeug hielt. Wenige Minuten später fuhr ich mit durchgedrücktem Boost ein Rennen über zahlreiche Hügel, nur um danach im folgenden Event mit gezielten Stunts so viele Objekte wie möglich zu berühren. Wenn ich Crash Drive 3 etwas vorwerfen könnte, dann höchstens, dass die Events sich durch die kurze Dauer schnell wiederholen und schlecht erklärt werden, wenn überhaupt keine Vorkenntnisse in dieser Art Spiel vorherrschen. Zwar zeigen grüne, dicke Pfeile, wo es lang geht, aber was genau jetzt gerammt, besprungen oder verfolgt werden will, erschließt sich erst mit der Zeit.

Da hilft es natürlich nicht, dass ich selten das Gefühl habe meinen Wagen zu beherrschen. Oft wirkt alles irgendwie zufällig. Vor allem wenn es darum geht andere Mitspieler_innen zu rammen, kann ich mich eigentlich nur auf mein Glück verlassen, dass ich dieses Mal hoffentlich in die richtige Richtung schliddere. Doch genau das macht auch den Charme von Crash Drive 3 aus. Es ist kein Spiel, in dem ernsthafte Meisterschaften abgehalten werden sollen. Es geht hier um Freude am Durcheinander. Wenn ich selbst eine Krone trage und vor anderen Menschen wegfahre, ist es nur zu lustig, wie sie verzweifelt knapp an mir vorbeirutschen und in der Wand landen. Das gehört halt dazu. Natürlich hilft es nicht gerade der Langzeitmotivation, wenn ich nur bedingt besser werden kann und so viel vom Glück abhängt, aber ein paar flotte Runden am Tag gehen immer.

Hallo? Ist da wer?

Das Beste ist jedoch, dass ich nie eine leere Lobby hatte. Innerhalb von Sekunden stand mein Wagen auf einem der Gebiete und es fuhren bereits zahlreiche Wagen wild umher. Wie oft mochte ich die grundlegende Idee eines Multiplayertitels, nur um dann ewig im Matchmaking zu versauern. Crash Drive 3 scheint eine ordentliche Spieler_innenbasis zu haben. Es ist sogar möglich, miteinander zu chatten und niemand hat gepöbelt. Wirklich niemand. Sowas geht online also tatsächlich. Das lag vor allem daran, dass niemand von der Chat-Funktion Gebrauch gemacht hat (außer eine Person namens Rombusball, daher an dieser Stelle: Entschuldige, dass ich auf dein freundliches „Hallo, ist jemand da?” nicht geantwortet habe). Aber hey, keine Kommunikation ist mir immer noch lieber als toxisches Gepöbel. Crash Drive 3 scheint einfach für eine gute Zeit zu sorgen, in der viele Menschen miteinander um die Wette flitzen, Chaos anrichten und dabei beste Laune haben. Mehr davon!

8/10 🚗🚎🚓

Developer/Publisher: M2H
Genre: Online-Funracer
Team: Mike Hergaarden, Matt Hergaarden, Glenn Comis, Benjamin Rijsdijk
Musik: Sonic Picnic, Daniël Metselaar, Chris Bras
Veröffentlichung: 9. Juli 2021 (Steam, Epic Games Store, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One, Switch, Android, iOS)


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Redakteur | + posts

Die Couchkartoffel von WTLW. Sein Seelentier ist definitiv ein Relaxo! Am liebsten hockt er zu Hause und spielt Videospiele. Seine Nase steckt er dabei in alles mögliche, wagt sich an jedes Genre und hat schon diverse Horrorspiele abgebrochen, weil er nicht der Idiot sein wollte, der jetzt die Treppe herunter zum gruseligen Geräusch geht.

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