Griefhelm Review | Duell auf Leben und Tod

In Griefhelm stellen wir uns Zweikämpfen und Gegnerwellen, während wir unser Reich zurückerobern.

Kämpfe unter Rittern realistisch in Film und Spiel darzustellen wäre langweilig. Die Leute wollen einen heroischen Tanz der Klingen sehen und nicht, wie die Schwerter solange vom Plattenpanzer abgleiten, bis eine_r der Kontrahent_innen endlich eine Schwachstelle der Rüstungsgelenke am Hals, oder unter den Armen trifft. Eine effektivere Möglichkeit wäre natürlich, mit einer stumpfen Schlagwaffe, wie einem Streitkolben oder Kriegshammer, solange auf die verfeindete Blechbüchse draufzuhauen, bis die eigentlich schützende Plattenrüstung so verbeult ist, dass das Gegenüber nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Dong! Griefhelm von Johnny Dale Lonack und Herausgeber Thorrnet Publishing ist daher auch alles andere als eine realistische Simulation. Trotzdem rinnt mir beim Spielen in so mancher Situation der Schweiß den Popo runter!

Getrieben von Rache

Der Protagonist in Griefhelm wird angetrieben vom Hass auf seine Feinde und den Wunsch sich zu rächen. Kein Wunder, wurde doch das Königreich, das er einst zu schützen geschworen hatte, von einer Horde Übeltäter erobert. Diese miesen Söldner haben die Gebiete unter sich aufgeteilt, sodass in jedem der vier Bereiche eine andere Gruppierung haust. Mit unserem Ritter folgen wir einem abzweigenden Pfad durchs Königreich, wobei immer zwei bis drei verschiedene Kämpfe zur Auswahl stehen. Mal müssen wir in Hordenkämpfen Wellen von Gegnern ausschalten, mal stellen wir uns zu Duellen, die über mehrere Runden ausgetragen werden. Das Prinzip ist jedoch immer dasselbe: Wir versuchen in den 2D-Levels alle Feinde auszuschalten, bevor sie uns tödlich treffen. Zur Belohnung gibt es entweder neue Ausrüstung, oder Vorteile, die wir im nächsten Kampf einsetzen, etwa ein Pferd, welches uns einen enormen Vorteil gegenüber den Fußsoldaten verschafft.

Wenn wir uns durch die Reihen des Fußvolks gekämpft haben, steht am Ende ein Zwischenboss in unserem Weg, der den Anführer einer Gruppierung darstellt. Ist das Duell gewonnen, suchen wir uns aus, in welche Richtung es weitergeht. Wollen wir direkt in die Burg eindringen, oder entscheiden wir uns für das Camp des Gegners, in dem wir in Zelten kämpfen und unseren Ritter durch an die Zeltplane geworfene Schatten sehen? Auf diese Weise erzielt Griefhelm etwas Wiederspielwert, wenn denn darauf wert gelegt wird, alle Umgebungen einmal gesehen zu haben. Falls wir nicht den Game Over Sceen zu sehen bekommen, der nach dem Aufbrauchen aller Leben erscheint, ist die Kampagne nach zwei Stunden vorbei. Erbeutete Ausrüstung dürfen wir in den nächsten Durchgang mitnehmen.

Schwertkampf auf Speed in Griefhelm

Das Actionspiel versucht zu keiner Zeit taktische Tiefe aufkommen zu lassen. In Griefhelm können wir uns eher auf reflextestende Adrenalinschlachten einstellen. Die arcadigen und kurzweiligen Scharmützel funktionieren eine Zeit lang gut, lassen dann aber Abwechslungsarmut aufkommen. Selbst der Wechsel zu einer anderen Waffenart- neben dem Schwert stehen Speer und Kriegshammer bereit- trägt nichts zur Veränderung des Spielgefühls bei. Hier muss sich der Entwickler Tadel gefallen lassen. Dass sich ein Speer anders anfühlen sollte als ein Schwert, weiß nun wirklich jeder Knappe. Das Paradesystem ist schnell erklärt: Es gibt drei Stellungen, hoch, mittel und tief, ein hoher Angriff wird in der hohen Stellung vom Gegner wirkungslos abgeschmettert. In der Realität kommt dies aber selten zum Einsatz, weil sich die schwer gepanzerten Kämpfer so schnell bewegen, dass wir einfach nach hinten ausweichen und dann kontern können.

Die Schwierigkeit der Begegnungen habe ich dabei als genau richtig empfunden. Griefhelm fordert mich zu jeder Zeit heraus, übertreibt es aber nicht. Auf diese Weise war ich ständig unter Hochspannung! Diese feine Linie zwischen Sieg und Niederlage in den Schlachten macht für mich den einzigen wirklichen Reiz von Griefhelm aus. Es macht nichts überdurchschnittlich gut, aber spielt sich jederzeit spannend und kurzweilig. Genau richtig also für einen Run zum Feierabend. Es gibt klar liegengelassenen Potential, doch aufgrund der Tatsache, dass ein einzelner Mann dieses Spiel entwickelt hat, kann ich Griefhelm kaum böse sein.

Einsamer Ritter auf weiter Flur

Doch nicht nur alleine lässt sich Griefhelm zocken. Im Encounter Modus treten wir je nach Lust und Laune gegen eine KI oder Freund_innen an. Auch zu zweit lässt sich die CPU verkloppen. Wenn ihr gerade keine Mitmenschen zu fassen kriegt, lädt der Online Modus zum Austoben ein. Einziges Problem: Kurz nach Release waren die Server komplett leer. Lediglich eine Lobby wurde mir angezeigt, die ich aufgrund des 700er Pings zeitnah verlassen musste, weil das Gefecht lächerlich abgehackt daherkam. Griefhelm fehlt halt eindeutig die Spieler_innenbasis, sodass sich Onlinegefechte nur mit verabredeten Kolleg_innen anbieten, die nicht gerade für den lokalen Modus bei euch Zuhause vorbeischauen wollen.

Abschließend lässt sich sagen: Für kurze Zeit hatte ich tatsächlich Spaß mit Griefhelm, nach ein oder zwei Runs weiß ich aber tatsächlich nicht mehr wirklich weiter. Das Ritterspiel ist nicht gerade umfangreich oder abwechslungsreich, bald habe ich alles gesehen. Dass die verschiedenen Waffenarten das Spielgefühl genau gar nicht verändern, fällt da umso gravierender auf. Ein paar richtig coole Momente, die aus dem Einheitsbrei herausstechen gab es zwar – da wären der Kampf hoch zu Ross und das Schattenduell im Zelt – das ist mir persönlich aber zu wenig, um es wirklich ins Herz zu schließen. Griefhelm ist wirklich kein mieses Spiel, hat mich aber auch nie richtig begeistern können.

5/10 ⚔️

Developer: Johnny Dale Lonack
Publisher: Thorrnet Publishing
Genre: Fighting Game
Veröffentlichung: 20. August 2020 (Steam)

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Der Historiker von WTLW. Spielt alles vom Walking Simulator bis zum Point-and-Click Adventure, am Liebsten aber RPGs mit guter Narrative und Strategie.

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