Mit S.C.A.R versuchen Savage Studios die Arena-Shooter der frühen 2000er Jahre wiederauferstehen zu lassen.
2004 und 2005 waren für lange Zeit die letzten guten Jahre für Arena-Shooter. Doom 3 und Quake 4 markierten den Schlusspunkt eines seit dem Release des ersten Doom anhaltenden Hypes. Das Doom Reboot von 2016 läutete eine neue Blüte des Genres ein und viele zogen nach. Indie Studios schufen ihre Werke meist als eine Hommage der Shooter der späten 1990er, was auch die typische Pixel-Optik beinhaltete. Liebevolle Umsetzungen wie Project Warlock waren dabei durchaus erfolgreich. Savage Studios übernehmen das Gameplay, schlagen optisch aber eine andere Richtung ein und orientiert sich an der frühen 3D-Grafik von eingangs erwähnten Titeln.
Simulating Carnage And Rockets in S.C.A.R
S.C.A.R könnte so eins zu eins aus der ersten Hälfte des vorletzten Jahrzehnts kommen, sowohl optisch, als auch spielerisch. Ob das nostalgische Gefühle weckt oder erst mal vor den Kopf stößt, kommt wohl darauf an, wer gerade vor dem PC sitzt. Fakt ist: das Gameplay spricht für sich. Ohne erst als Alibi eine Hintergrundstory zu etablieren schmeißen mich die Developer nach einem kurzen Tutorial direkt in die Action. Mehr als eine kleine Pistole ist erstmal nicht drin, aber auch die Dämonen-Gegner sind anfangs noch in kleinen Gruppen unterwegs. Nach einigen Minuten wird es Ernst und ich stolpere bei meiner Wanderung durch verlassene Fabrikhallen über eine Shotgun, die natürlich in keinem Arena-Shooter fehlen darf. Ab da sind die Gänge und Hallen dieser Untergrundanlagen komplett dämonenverseucht. Doch solange ich immer in Bewegung bleibe, bleibt das Geschehen leicht zu kontrollieren.
Eine besondere Rolle nimmt beim flinken Movement der automatische Kletterhaken ein, mit dem ich mich auf jeder Oberfläche anhalten und schnell durch die Luft ziehen kann. Um dieses Werkzeug auch richtig ausreizen zu können, benötigt es natürlich dementsprechend vertikale Level. Die Kampfarenen sind teilweise höher als breit, sodass der geübte Einsatz des Greifhakens bald zur Pflicht wird, um zu überleben. Mit dieser vertikalen Levelgestaltung und dem Kletterhaken setzt der Oldschool-Shooter auch eigene Akzente. Zu keiner Zeit wirkt er wie eine geistlose Kopie klassischer Arena-Shooter. Dash und Doppelsprung vervollständigen das große Bewegungsarsenal.
Krake im Raketensilo
Die ersten Tode sterbe ich beim Verteidigen einer riesigen Rakete, die den gesamten Bildschirm einnimmt. Wenigstens ist mein Zerstörungspotenzial durch einen Raketenwerfer stark angestiegen. So halte ich die Gruppen von Sphären verschießenden Dämonen nach einigen Versuchen vom Zerstören der Startrampe ab. Warum ich diese Rakete beschützen sollte? Keine Ahnung! Weiter zum nächsten Kampf. Schlüsselkarten, hier und da ein Geheimraum, alle essentiellen Zutaten eines Oldschool-Shooters sind hier vorhanden. Bald erbeutet mein namenloser Dämonenschlächter ein Scharfschützengewehr. Das ist auch bitter nötig, denn der erste Bosskampf, von denen jedes Kapitel von S.C.A.R mehrere bekommt, lässt die Schwierigkeit beträchtlich ansteigen. Der liebevoll „Groper“ getaufte Zyklop hat sich bei der Auswahl seines Rüstzeugs wohl an mir orientiert, doch statt mit seinem Kletterhaken zu klettern, zieht er mich kurzer Hand zu sich heran, um mich zu verdreschen.
Endgültig auf die Bretter schicken kann ich ihn erst, wenn ich rausgefunden habe, wie die Maschinen lahmlegt werden, die ihn heilen. Diese Art von Umgebungsinteraktion inklusive der einfachen Rätsel, bei denen das Ausprobieren und Erkunden im Vordergrund steht, bringt S.C.A.R die nötige Abwechslung. Nachdem ich den „Groper“ hinter mir habe und mit der roten Keycard eine Tür mit der Aufschrift „Exit“ öffne, teilt mir eine Nachricht mit, dass ich mich noch nicht genügend bewiesen habe. Plötzlich werde ich in eine riesige Arena transportiert, in deren Mitte ein krakenartiges Ungetüm thront, das von beweglichen Barrieren geschützt wird. Nun heißt es ein letztes Mal eine Strategie entwickeln und mich nicht von den Legionen an Kleinvieh ablenken lassen, die ihrem glitschigen Meister beistehen wollen.
Das Gemetzel in S.C.A.R beginnt gerade erst
Die erste Episode, die ich durchspielen durfte und mit der S.C.A.R in den Early Access startet, wird ein Fünftel des fertigen Spiels darstellten. Schon jetzt ist der Spaß und das Herzblut, das die Masterminds bei der Entwicklung in ihr Werk stecken, jederzeit spürbar. Das Gameplay funktioniert wunderbar, die Technik ist aufgrund der frühen Entwicklungsphase noch ausbaufähig. Die spielerische Richtung stimmt hier in jedem Fall. Ich persönlich hoffe stark darauf, dass das fertige Spiel genauso abwechslungsreich sein wird wie Episode 1.
Die vertikale Bewegungsfreiheit verändert nicht nur das Kampfgeschehen, sondern fügt auch der Erkundung der Level eine zusätzliche Ebene hinzu. Wer hier genau sucht, findet Geheimareale, die einen wichtigen Vorteil bieten. Denn der Schwierigkeitsgrad ist zumindest bei den Bosskämpfen happig. Stilecht oldschool eben! So wie alles an dieser Indie-Ballerei. Gerade weil S.C.A.R mich angenehm gefordert, aber nicht überfordert hat, bin ich gespannt auf Episode 2. Der Spielspaß stimmt schon mal in dieser Rohfassung. Deshalb kann ich mich schon mal vorsichtig optimistisch auf das Endprodukt freuen.
Developer: Savage Studios
Publisher: Audio Visual Entertainment
Genre: Arena-Shooter
Veröffentlichung: 15. Juli 2020 im Early Access (Steam)
Der Historiker von WTLW. Spielt alles vom Walking Simulator bis zum Point-and-Click Adventure, am Liebsten aber RPGs mit guter Narrative und Strategie.