Beat Cop Review | Donuts, Drogen und Delikte

Dieses Pixelpolizeiabenteuer ist eine pure 80er-Hommage in Game-Form. Es bietet eine spannende Story und witziges Gameplay – seit 2017 auf Steam, inzwischen auch auf Konsolen. Aber lasst es Euch von Jack Kelly persönlich erzählen.

Es ist 1986. Ich wurde gerade ins neunundsechzigste Revier in Brooklyn, New York versetzt, weil ich des Diebstahls der Diamanten vom Senator beschuldigt wurde. Komm’ da mal raus.

Tag 1.
Das Revier kennt mich nur aus den Zeitungsberichten. Ich habe diese verdammten Steine nicht geklaut. Als ich den Tatort erreicht hatte, waren die Täter schon über alle Berge. Ich fand den leeren Safe und die Klunker fehlten. Aber erzähl’ das mal den neuen Kollegen. Der Sergeant schickt mich mit meinem Vorgänger Fat Mike auf die Straße; er soll mich mit den gängigsten Ladenbesitzern und Schlüsselpersonen bekannt machen und mir zeigen, wie der Hase hier läuft. Gesagt getan. Es gibt ein paar eingesessene Einzelhändler, wie den jüdischen Adamski und seinen Lebensmittelladen, den eigenartigen deutschen Krank und seine Apotheke, einen guten Donutshop, ein Diner und die obligatorischen Second-Hand-Läden. Zudem muss ich mich mit der italienischen Mafia und The Crew herumschlagen, zwei Gangstergruppierungen, die sich um die kriminelle Macht im Revier streiten. Und just als wir Feierabend machen möchten, wird Mike einen Tag vor seiner Pension in einem Drive-By erschossen. Was für ein Start! Und ich habe angeblich den harmloseren Bezirk.

Tag 2.
Ich weiß noch nicht, was ich von den Kollegen halten soll. McNab scheint ganz in Ordnung. Shepansky ist ein fauler Sack und Cortez ist der perverseste Cop von allen. Ob der mit dem Mund seine Mutter küsst? Nach dem täglichen Briefing rede ich immer kurz mit allen, um auf dem neuesten Stand zu sein. Kaputte Truppe.
Der Sergeant ist ein harter Hund. Morgens zur Tagesbesprechung diktiert er mir Aufgaben. Ich muss Falschparker melden und Abschleppwagen kommen lassen oder Knöllchen für kaputte Scheinwerfer und abgefahrene Reifen verteilen. Wenn ich das nicht einhalte, gibt’s weniger Kohle. Gibt schlimmere Jobs – gibt allerdings auch bessere… Und wenn tagsüber was passiert, kriege ich per Funk Bescheid und muss mich sputen.

„MAKEFAT YO’BUTTS – Sweet around the hole.“ Immerhin sind die Donuts gratis.

Tag 3
Ich verdiene mir nicht gerade ’ne goldene Kanone bei dem Job. Zudem liegt mir meine Ex-Frau in den Ohren mit den Alimenten für Dina. Scheiße. Übermorgen muss ich 300$ parat haben. Ich kann mir ein paar Kröten dazuverdienen, wenn ich das Schmiergeld der Falschparker einsacke. Kann ich das mit meinem Gewissen vereinbaren? Vielleicht. Besser als Pokern gehen. Illegale Spiele werden mir oft genug angeboten. Außerdem könnte ich ja auch für die Mafia oder die Crew Geschäfte unter der Hand erledigen. Hmmm…

Tag 5
Die Mafiosi wollen mich auf ihre Seite ziehen. Die Crew auch. Ich weiß noch nicht, ob ich Pizza oder Breakdance mag. Dina will keinen korrupten Cop als Dad haben. Das hat sie mir gesagt, als sie mich bei der Patrouille aufgesucht hat. Gutes Mädchen. Hoffentlich wird sie nicht irgendwann Bulle.
Jeden Tag Tickets schreiben, Ladendieben hinterherrennen oder die Sorgen der Bürger besänftigen. Ob ich noch mal aufsteige? Der Sergeant hat mir eine gute Zukunft versprochen. Auf der anderen Seite hat mich dieser Typ auf der Straße angesprochen, dass er mich für 2000$ über die mexikanische Grenze bringen könne. Verlockend.

„Cigarette?“
„I know.“ Das Spiel strotzt nur so vor Anspielungen aus der 80er Jahre Popkultur, wie in diesem Fall dem Film Airplane.

Beat Cop ist eine Hommage an alles, was in den 80ern im Fernsehen eine Marke trug. Die Gespräche der Charaktere sind überspitzt aber in der Darstellung ihres Einflusses authentisch, die Figuren selbst sind hundertprozentig stereotyp, die Atmosphäre ist gut. Das Spiel ist aufgebaut wie ein einziger langer Screen: Kelly’s Bezirk, die Straße auf der er für Recht und Ordnung sorgen muss. Wenn Officer Kelly ein Geschäft betritt, geht ein kleiner neuer Bildschirm auf, welcher das Innere des Ladens zeigt. Besucht Jack Leute zu Hause, werden nur Sprechblasen außerhalb des Gebäudes gezeigt. Das Ganze ist also grafisch nicht unbedingt vielseitig.

 

 

 

Dafür steckt in diesem kurzen Straßenstreifen unglaublich viel Liebe zum Detail: der sarkastische 80s-Cop Jack Kelly ist ein vor mehr oder weniger guten One-Linern nur so strotzender Vorzeige-Bulle aus ebendieser Zeit. Gerade so, als hätten sie ihn einer x-beliebigen TV-Serie entnommen. Hier haben die polnischen Entwickler von Pixel Crow ihre Liebe zu Miami Vice, Police Academy und Lethal Weapon einfließen lassen und den geneigten Eighties-Fans einiges an Detailverliebtheit geboten. So finden sich viele kleinere Anspielungen auf dieses glorreiche Jahrzehnt in den kurzen Dialogen, wenn Kelly an einer Häuserklingel schellt, um jemanden ausfindig zu machen. Die Namen an den Klingelschildern, allesamt Charaktere aus Filmen der Zeit (M. McFly, E. Brown, E. Ripley etc.). Auch andere Details wie die vielen Tauben, die sogar mal was fallen lassen, Katzen, die durch die Straßen stromern oder über Fenstersimse schlendern, die lauter werdende Musik aus den Ghettoblastern der Teenies beim Vorübergehen. All das lässt das 80er-Herz höher schlagen. Der Synth-Soundtrack in den Menus und die Pixel-Optik trägt deren Teil dazu bei. Einzig Passanten und Fahrzeuge hätten noch etwas vielseitiger gestaltet werden können, da diese sich etwas zu häufig wiederholen. Trotzdem sehen sie charmant und charakteristisch aus.

Der Tag geht nach einer Weile vorbei und die Aufgaben vom Sergeant sowie die spontanen Funksprüche wollen in diesem Rahmen erledigt werden. Das erweist sich häufig als schwierig, bildet aber die Herausforderung und lässt so kaum Langeweile aufkommen. Das ewiggleiche Szenario wird nicht uninteressant, sondern gewinnt an Authentizität je mehr die Charaktere sich entfalten und die Beziehungen verknüpft werden. Hinzu kommt die Nummer mit den Diamanten, welche ebenfalls abgehakt werden muss, um Kelly’s Namen zu bereinigen. Die Möglichkeit eine weiße Weste zu bewahren oder mit den Gangstern der Stadt gemeinsame Sache zu machen stellt die Spieler_innen vor moralische Herausforderungen.

Was mich überhaupt auf die Idee gebracht hat, dieses Spiel zu besprechen, war der wahnwitzige und brillant inszenierte Trailer in den Neuigkeiten des Playstation Stores, der Spielszenen zeigt, diese aber mit einem klassisch old-schooligem Hip Hop beschreibt. Zwischen peinlichem Werbe-Rap und Beastie Boys dreht es sich in dem Stück nur um das Spiel. Das hat mich so dermaßen abgeholt, dass ich darüber schreiben wollte.

Grand Theft Auto nur andersherum. Und in 8-Bit Pixeloptik halt.

Manche Aufgaben erweisen sich allerdings als schwer lösbar oder schlecht erklärt. So ist es leider schnell geschehen, dass Kelly nicht mehr aus der Beschuldigung, die Diamanten geklaut zu haben, herauskommt und das Spiel somit ein schlechtes Ende findet. So wird abrupt abgehandelt, wie es mit Jack Kelly zu Ende gegangen ist und dann ist ‚Game Over‘. Sehr willkürlich. Den Fall als roten Faden durch die Erzählweise zu ziehen haben die Entwickler nicht konsequent genug beibehalten. Offenbar muss dafür jede Entscheidung und Aufgabe ‚richtig‘ gemeistert werden, um am Ende die Wahrheit zu lüften. Was aber im Umkehrschluss auch einen Teil der Wiederspielbarkeit ausmacht, denn davon hat das Spiel doch einiges zu bieten.

Sich komplett auf die Seite der Mafia zu schlagen oder mit der Crew zu verbünden sind zwei Erzählstränge, die andere Entscheidungen direkt aushebeln, wenn die Gegenpartei kategorisch außen vorgelassen werden soll. Das geschieht durch ein Punktesystem: für The Crew, die Polizeikollegen sowie die Mafia gibt es schlimmstenfalls Minus 100 und bestenfalls 100 Punkte; eine Art Respektmeter. Somit ist es trotzdem spannend, mehrfach zu spielen, um zu sehen, was passiert, wenn sich die Beziehungen verändern. Im Hauptmenü besteht zudem die Möglichkeit die Zeit zurückzudrehen und ab einem bestimmten Punkt weiterzuspielen, um andere Entscheidungen zu treffen. Ab dann muss aber bis zum Ende weitergespielt werden, da sich alle Entscheidungen individuell auf die Ausgänge auswirken. Das Feature ist dennoch nützlich, wenn der exakte entscheidende Zeitpunkt bekannt ist.

Beat Cop ist für Fans der 80er und Polizeiserien, für Gamer-Kinder aus dem Heimcomputercrash, Nostalgiker_innen und sogar für Gelegenheitsspieler_innen. Da das 2D-Polizei-Adventure mit Zeit Management Faktoren in Tage unterteilt ist, können schnell zwischendurch ein oder zwei „Levels“ gespielt werden. Und das werde ich sicherlich noch einmal machen, um herauszufinden, was denn nun wirklich hinter den gestohlenen Diamanten steckt. Oder um als Ehrenmitglied der Mafia zu machen, was ich will.

7/10 <3

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=cvJBrD25O_Y&w=560&h=315]

Developer: Pixel Crow
Publisher: 11bit Studios
Team: Maciej Miasik, Adam Kozlowski
Veröffentlichung: 30. März 2017 (Steam), 5. März 2019 (PS4, Xbox One, Switch), außerdem auf iOS und Android

Autor: Dennis Strillinger
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