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Xuan Yuan Sword 7 Review | Chinesischer Klassiker

Die Spielereihe Xuan Yuan Sword kommt mit dem siebten Teil zum ersten Mal lokalisiert auf die Konsolen Europas!

Videospiele in China haben nicht unbedingt den besten Stand. Zwar veröffentlicht Tencent als größtes Internetunternehmen der Welt eine Vielzahl profitabler Spiele und kooperiert auf vielen Ebenen mit Studios und Publishern auf der ganzen Welt, doch trotzdem gibt es in China selbst starke Regularien für das Medium. Von der Regierung als unmännlich empfundene Spielinhalte dürfen nicht entwickelt werden, Kinder haben gesetzlich vorgeschriebene Spielzeiten, an die sich zu halten ist und wenn Spiele den Anliegen der Regierung nicht entsprechen, werden sie nicht veröffentlicht oder direkt vom Markt genommen, wie es beim Indie Horror Spiel Devotion lange Zeit der Fall war. Das beeinflusst kreative Köpfe auf der ganzen Welt, die sich dadurch Vorgaben beugen müssen, um den großen chinesischen Markt nicht zu verschrecken. Allesamt keine schönen Meldungen und trotzdem gibt es immer wieder Studios aus China, die allen Verhältnissen zum Trotz tolle Spiele entwickeln und sie der ganzen Welt verfügbar machen.

Hausarrest seit über 30 Jahren

Bereits in meinem Newsbeitrag zum Spiel schrieb ich, dass 1990 der erste Teil der Reihe in China erschien. Mittlerweile ist Xuan Yuan Sword nur schwer zu bekommen, da es sogenannte Abandonware ist: Software, für die es keinen Verleger mehr gibt und die daher nirgends mehr verkauft wird. Auf Internetseiten, die sich genau mit solchen Spielen befassen, sind noch Versionen dieses Serienursprungs zu finden. Wenn ihr allerdings kein Chinesisch lesen könnt, dürfte das Spielvergnügen schnell vorbei sein. Eine Übersetzung gibt es nicht und bis auf den sechsten Teil, der auf Steam verfügbar ist, sind auch die anderen Teile kaum auffindbar. Verwunderlich ist das vor allem deswegen, weil Xuan Yuan Sword die erfolgreichste chinesische Spielereihe ist. Zwar kennen wir das auch von anderen Fällen aus Japan, wo sowohl die Dragon Warrior-Reihe als auch Final Fantasy erst nur sehr begrenzt in Europa erhältlich waren, das Interesse hieran wurde jedoch deutlich früher erkannt.

Waren die Zweifel dort vor allem im Gameplay begründet, da sich niemand vorstellen konnte, dass Menschen außerhalb Asiens auch rundenbasierte Rollenspiele zocken würden, kommt bei Xuan Yuan Sword noch ein deutlich stärkerer Fokus auf chinesische Kultur hinzu. Die Befürchtung, dass Menschen wenig Anknüpfungspunkte an die Spielwelt finden würden, ist aus finanzieller Sicht daher zwar nachvollziehbar, jedoch auch äußerst schade. Sicher, für die Lokalisierung hätte nochmals Geld in die Hand genommen werden müssen, das damals vielleicht nicht vorhanden war, allerdings hoffe ich sehr, dass durch einen möglichen Erfolg des siebten Teils auch die Vorgänger nach und nach eine Übersetzung spendiert bekommen. Denn ich kann an dieser Stelle schonmal sagen, dass es gerade diese kulturelle Komponente war, die mich immer wieder vor den Bildschirm holte. Weder Geschichte noch Gameplay konnten mich so verzaubern und begeistern wie es die durch die Gestaltung der Land- und Ortschaften und die Musik vermittelte Stimmung vermochte.

Xuan Yuan Sword 7 ist sowas von Made in China

Mich freut es besonders, dass die Sprachausgabe hier immer chinesisch ist. Es kann vereinfachtes oder traditionelles chinesisch gewählt werden, mehr aber auch nicht. Das bedeutet, dass sehr viele Untertitel gelesen werden müssen. Glücklicherweise sind die Dialoge im Spiel jedoch immer in ruhigen Momenten, so dass es nicht ablenkt, den Blick an den unteren Rand des Bildschirms zu senken. Ich hebe das deswegen so hervor, weil dadurch die Besonderheit der chinesischen Sprache schnell offensichtlich wird. Der Hauptcharakter Taishi erzählt hier und da gerne mal einen Witz, der im Untertitel alles andere als witzig ist. Jedoch höre ich sofort, dass es sich um ein chinesisches Wortspiel handelt, weil ständig die gleichen Laute anders betont gesagt werden. Das ist eine Eigenart der chinesischen Sprache, die das Lernen so unheimlich schwierig macht. Wäre Xuan Yuan Sword 7 also synchronisiert worden, hätten diese Witze auch eine komplette Überarbeitung benötigt, um Taishis Charakter darzustellen.

Während ich also den Stimmen lausche, im Hintergrund traditionelle chinesische Musik leise die Stimmung untermalt und ich durch enge Schluchten, tiefe Wälder und kleine Dörfchen laufe, sauge ich die Atmosphäre komplett auf. Die Struktur der Ortschaften, die kleinen Dialogfetzen der umherlaufenden Bevölkerung und auch das Gegnerdesign in den Dungeons ist etwas, das in der hiesigen Spielelandschaft selten vorzufinden ist. Politische Strukturen der einzelnen Dörfer spielen im Hintergrund eine Rolle, ohne zu sehr in die Geschichte einzufließen, wodurch es zwar mein Interesse weckt, was genau vorgeht, es aber nicht allzu schlimm ist, sollte ich doch etwas nicht verstehen. Und ich bin ehrlich: Das ist mir häufiger passiert, weil ich plötzlich ein paar Namen miteinander verwechselt habe und urplötzlich nicht mehr wusste, über welchen Charakter gerade gesprochen wurde. Ich habe mich durch Taishis Augen ein bisschen wie ein Tourist gefühlt, der einen völlig neuen Landstrich erkundet.

Hau einfach drauf

Das war auch möglich, weil ich die Geschichte nett, aber wenig mitreißend fand. Während einer Mission mit der Lujin-Armee wird Taishis kleine Schwester tödlich verwundet. Er kann sie gerade noch in das mystische Elysium bringen, wo ihre Seele gerettet und später in einen Holzroboter gepackt wird, über den sie Taishi begleitet. Die Armee ist äußerst skeptisch auf Grund seines plötzlichen Verschwindens und seines Kampfgeschicks, weswegen Taishi und seine Schwester nun sowohl versuchen, ihren Körper zurück ins Leben zu holen, als auch als ausgerufene Rebellen vor der Lujin-Armee fliehen. Dabei begegnen sie unzähligen Monstern und spektakulären Bossen, die meist durch einfaches Draufhauen und Ausweichen besiegt werden. Xuan Yuan Sword bietet die Möglichkeit, neue Kampfhaltungen zu erlernen, zwischen denen Taishi wechselt. Pro Haltung beherrscht er einen schnellen und starken Angriff sowie eine Spezialfertigkeit, die wir aber erst so spät lernen, dass sie eher für das New Game + nützlich ist.

Ebenfalls kann seine Schwester durch eine Tastenkombination einen Angriff zum Kampf beisteuern. Am Ende gibt es Gegenstände und Erfahrungspunkte, mit denen aufgelevelt wird. Die Items können dann wieder im Elysium genutzt werden, um Waffen zu verstärken, neue Rüstungen zu erstellen und sie zu Talenten fusionieren, die Boni im Kampf geben. Im Laufe des Spiels kann ich außerdem Elysium selbst immer weiter aufrüsten, um noch stärkere Gegenstände, Fähigkeiten und Ausrüstung zu erhalten. Nur um letztendlich wieder schnelle Angriffe zu spammen, hier und da einen Heiltrank zu schlucken und geschickt auszuweichen. Die angedeutete Vielfalt in Xuan Yuan Sword 7 ist die meiste Zeit einfach nicht notwendig. Während viele Spiele dadurch sehr eintönig werden würden, funktioniert das stupide Schnetzeln jedoch so locker flockig, dass ich mich gar nicht beschweren möchte. Alles läuft darauf hinaus, dass ich mir weniger Gedanken um Spielmechaniken machen muss und dafür mehr von der Welt habe.

Ich bin der Meister der Mühle

Bei einer Sache muss ich all das gerade Geschriebene jedoch revidieren: Zhuolu-Schach!  Die längste Nebenquest des Spiels verlangt, dass ich in jedem Dorf, das ich durchstreife, den oder die beste Zhuolu-Schach-Spieler_in finde, herausfordere und besiege. The Witcher hatte Gwent, Yakuza ließ mich Shogi oder Mahjong spielen, Xuan Yuan Sword 7 hat eben dieses traditionelle Spielchen. Dabei handelt es sich im Prinzip um das hier bekannte Mühle. Zumindest sieht das Feld ähnlich aus. Es geht darum, drei der eigenen Steine in einer Reihe zu platzieren – horizontal, vertikal oder diagonal. Ist so eine Reihe gelegt, kann ein Stein der anderen Farbe geklaut werden. Soweit sind die Regeln bekannt. Der Unterschied hier ist aber, dass ein Feld, von der ein gegnerischer Stein stibitzt wurde, nun blockiert ist und daher nicht mehr belegt werden kann. Das Spiel endet also, wenn alle Steine gelegt wurden und die Person mit den meisten geklauten Steinen gewinnt.

Eine weitere Besonderheit ist, dass manche Steine noch zusätzliche Effekte hervorrufen. Manche können nur auf blockierte Felder gesetzt werden, andere lassen sich nicht entfernen oder klauen direkt anliegende Steine der anderen Farbe. Mit jedem Sieg bekomme ich weitere dieser effektvollen Klötzchen dazu und kann bis zu sechs davon mit ins Spiel nehmen. Was soll ich sagen? Ich fand es großartig! Sobald ich ein Zhuolu-Brett in einem Dörfchen sah, habe ich mich direkt ins Spiel gestürzt. Ich habe Taktiken ausgetüftelt, die perfekten Steinkombinationen herausgefunden und bin mittlerweile ungeschlagener Zhuolu-Profi. Zumindest in Xuan Yuan Sword 7. Ein so einfaches Spiel hat durch seine kulturellen Eigenarten voll ins Schwarze getroffen und mich im Sturm erobert. Das ging so weit, dass ich fest davon überzeugt war, dass es sich hier tatsächlich um ein chinesisches Brettspiel handelt, bevor ich erfahren musste, dass es eine Erfindung der DOMO Studios ist. Schade! Ich hätte es gekauft!

Folge dem Schwert in Xuan Yuan Sword 7!

Es ist auf jeden Fall diese Mischung aus erfrischender Abwechslung und charmanter Holprigkeit, die Xuan Yuan Sword 7 für mich so besonders macht. Die hölzernen Animationen der Charaktere, die angenehme Anzahl an Sidequests mit äußerst variabler Qualität, die unterhaltsamen Schreibfehler in den Untertiteln – all das fügt sich zu einem Bild zusammen, dass mir zeigt, dass hier bei allen Problemchen doch enorm viel Herzblut und Liebe für die Welt in das Spiel geflossen ist. Mir ist ein kreatives Spiel mit all diesen Problemen tausend Mal lieber als ein glattpoliertes Produkt, zu dem ich über die gesamte Spieldauer keine Bindung aufbauen kann. Ich bin froh um die kreativen Köpfe der chinesischen Spielebranche, die mittlerweile eine größere Bühne für ihre Titel bekommen. Denn dort gibt es noch sehr viel zu entdecken, was wir so zuvor noch nicht gesehen haben!

7/10🦜

Developer: DOMO Studio, SOFTSTAR
Publisher: Yooreka Studio, SOFTSTAR, EastAsiaSoft
Genre: Action RPG
Team: Dash Li (Lead Game Design), Yu Yin (Lead Writer), Jay Chen (Art Director), Kai-Yuan Jao (Lead
Programmer), Lidy Hsu (Quest- & Eventdesign)
Musik: Izumi Wu, Rizet Tseng, Hong Zhang Su (Composer)
Veröffentlichung: 28. Oktober 2020 (Steam), 30. September 2021 (PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One)


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