Website-Icon Welcome To Last Week

Foreclosed Review | Ausgeschlossen? Angeschossen wohl eher

Foreclosed vereint Cyberpunk, Verschwörung, Comic, Stealth- und Shooter-Elemente. Na wenn das mal nicht zu viel ist.

Eigentlich hat Foreclosed vieles, was ich mag. Eine spannende Comic Optik, das Cyberpunk-Setting und eine verschwörerische Geschichte. So stand es zumindest auf der Verpackung. Gut, da stand auch was von Action und einem RPG-ähnlichen Fähigkeitensystem, aber das ist in Action-Adventures ja zumeist Standard. In schwacher Form halte ich das durchaus aus. Und eigentlich habe ich das Wort Eigentlich hier schon lange nicht mehr benutzt. Manchmal passiert es aber eben doch. Da beeinflusst dich die visuelle Ebene so sehr, dass dir eventuelle Makel nicht mal mehr auffallen. Vielleicht sollte ich es beim Interesse an Spielen genauso handhaben, wie bei der Anschaffung von Dingen. Brauche ich das wirklich? Hat es einen Nutzen für mich? Gefällt es mir außerordentlich gut, sodass mir die bloße Anwesenheit die Mundwinkel neben die Nasenflügel tackert? Nein, denn dieses Handeln hätte mir wohl viele tolle Erlebnisse verwehrt. Also willkommen Foreclosed, du siehst heute aber gut aus!

Foreclosed – ausgeschlossen

Und eigentlich reicht die vorab vermittelte Geschichte nicht mal, um diesen Absatz zu füllen. Aber in diesem Fall habe ich das Wort Eigentlich nur benutzt, um diesen Absatz zu füllen. Clever oder? Hab ich von Antab Studio gelernt. Denn in deren Cyberpunk-Action-Adventure wurde Protagonist Evan Kapnos seine Identität gestohlen. Nein, kein klassischer Datenklau, um irgendeinen Nippes kaufen zu können oder Menschen zu prellen. Seine Implantate wurden gestohlen, auf denen nicht nur seine Identität, sondern auch der Zugang zu allen Bereichen der Stadt gespeichert ist. Und da er in der Stadt jetzt nichts mehr machen kann und somit einen illegalen Status besitzt, will/muss Mr. Kapnos fliehen. Also, eigentlich bekommt er die Anweisung um 16:00 Uhr im „Bürgerbüro“ aufzutauchen, um das Problem anzugehen. Doch irgendwer hackt sich in seinen Kopf ein, um mit ihm zu sprechen und bumms, geht er der Sache auf den Grund.

Mehr braucht es nicht, um aus einem bis hierhin unauffälligen Bürger, einen Freiheitskämpfer zu machen. Nicht minder als die ganze Verschwörung soll aufgeklärt werden. Mit Hackerpower und Waffengewalt. Warte, wo war noch mal mein versprochener handlungsbasierter Cyberpunk-Comic. Ich kam für die gezeigten animierten Comic-Panels, die cleveren Schnitte und die coole Inszenierung. Die lässt sich aber locker auf ne viertel Stunde runterbrechen. Denn Foreclosed scheint seine Prämisse nur am Rande zu interessieren. Vielmehr schickt es dich nach durchaus charmant anzuschauenden Perspektivspielchen aus Top-Down, fester Kamera und Sidescroller-Elementen in die Third Person Perspektive. Bei Abwegen durch die Lüftungsschächte der Gebäude sogar in die First Person Perspektive.

Ich bin Evan Kapnos, der Stormtrooper der Videospiele

Und genau dort wartet das eigentliche Gameplay-Element, das durch die wenigen Storyfetzen zusammengehalten wird. Eine Aneinanderreihung von Stealth und Shooter-Passagen mit ein paar knopfdrückenden Hacker-Eskapaden. Und eigentlich wäre das überhaupt nicht erwähnenswert, wenn denn diese Passagen vor allem… funktionieren würden. Ja, gut aufgepasst! Das Wort Eigentlich hat sich auch in diesen Absatz geschlichen. Was für ein gewiefter Schlingel. Doch Protagonist Kapnos verhält sich in Schleichpassagen eher wie mein Hund im Souvenirladen. „Was? Ich habe einen Schwanz? Das wusste ich nicht?“ Naja, gut, ich war auch nie die Beste im Verstecken spielen oder Hinterrücks angreifen. Mit der Waffe geht der Gute dann aber ähnlich um, wie Bodo, der mit seinem Bagger versucht, einen Container auf vier Eiern zu parken. Zu seiner Verteidigung sei zu sagen, er hat vermutlich noch nie eine Waffe in der Hand gehabt. Und zum Glück wirken die im Pulk ausschwärmenden Gegner alles andere als bedrohlich.

Das hilft jedoch alles nur bedingt. Foreclosed besitzt genau zwei Schwierigkeitsgrade, Normal- und Storymode. Letzterer beschert dir lediglich ein paar Treffer mehr, die du eistecken kannst. Wäre eigentlich gar kein Problem, wenn denn die Aktionen akkurat gesteuert werden könnten. Ich bewundere den Menschen tatsächlich sehr, bei dem ich mir die letzten eineinhalb Stunden des Spiels angeschaut habe. Mit welcher Geduld er hinter Barrikaden verharrt und wie langsam und bedacht er das Fadenkreuz ausrichtet, um überhaupt eine Chance zu haben nicht zu sterben. Faszinierend anzusehen… aber WARUM? Denn Kapnos beherrscht eigentlich eher hektisches, ungenaues Fuchteln. Selbst die automatische Zielfunktion ist dabei absolut nutzlos, wenn irgendwelche imaginären Spinnen an der Decke anvisiert werden, während deine Gegner dich natürlicherweise in der Zeit des Zielvorgangs bereits abgemurkst haben. Aber verzage nicht, hast du einmal die Geduld aufgebracht, ziemlich weit zu kommen, setzt Foreclosed dich einfach wieder komplett an den Anfang aller Kampfhandlungen.

Wenn das Wörtchen wenn nicht wär, wär mein Vater Millionär – und diese Review mindestens 150 Zeichen kürzer

Während ich mich in meinem zwei Anläufen in einem Videospiel so geärgert habe, wie fast noch nie, sodass ich nach dem zweiten Anlauf direkt den „Deinstallieren“-Button gedrückt habe, war ich bei der Ballung des Gameplays des Walkthrough zumeist unglaublich ungeduldig und genervt. So sehr, dass ich bis jetzt (14:00 Uhr) nicht nur gut gefrühstückt, sondern meine Salzlackritzheringe ebenso schnell aufgefuttert habe, wie die dicken Pommes und die Veggie-Schnitzel. Und eigentlich esse ich vormittags zur Arbeit gar nicht mal so viel. Es passiert hier wirklich nichts. Deine Handlungen, genau an einem Punkt haben sie Auswirkungen. Foreclosed scheint ein Spiel, das viel bedacht, aber wenig durchdacht hat. Es will irgendwie alles und verprellt dabei alle. Selbst die Musik und das Voice-Acting bleiben mir in einer unangenehmen Kombination aus Westernritt und übertriebenem Theatertod in Erinnerung. Ein Soundbrei, der ungefähr so klingt: „Damm dadadamm dadadamm dada Aaaaaargh! Damm dadadamm dadadamm dada Aaaaaargh!“

Obendrauf erzählt der Protagonist seine Geschichte in dieser klassisch tiefen übertriebenen Kino-Trailer Intonation. Und fast klingt er wie Peter Storemare, der in Swedish Dicks „In a World, where there is no World!“ persifliert. Die beste Assoziation des Artikels. Antab Games sagen auf ihrer Steamseite, dass Foreclosed definitv etwas für dich ist, wenn du Max Payne, Liberated, die Deus Ex Reihe oder Cloudpunk mochtest. Ich sage dir, völlig konträr zum eingangs gehegten Minimalismusgedanken. Spiele lieber alle vier Spiele einzeln, schnapp dir einen gut erzählten und schön visualisierten Cyberpunk-Comic und schau eventuell noch mal die beiden Blade Runner Filme. Denn jeder Geduldsfaden ist für Foreclosed zu kurz. Schade, denn Ideen waren eigentlich reichlich vorhanden. Und ich verspreche dir, das Wort Eigentlich ist hier jetzt zum letzten Mal aufgetaucht. Wer hätte gedacht, dass es am Ende genau das RPG-Fähigkeitensystem ist, das mich überhaupt nicht stört.

3/10 🙈🔫

Developer: Antab Studio
Publisher: Merge Games
Genre: Action-Adventure
Veröffentlichung: 12. August 2021 (Steam, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Switch)


Dir hat diese Review gefallen? Dann lass uns gerne einen Kaffee da!

Die mobile Version verlassen