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Angespielt… | Die Demos der DreamHack Beyond 2021 Teil 1

A Musical Story

Auf der DreamHack Beyond lassen sich viele der ausgestellten Indies zwischen dem 24. und 31. Juli 2021 ausprobieren. Ein Fall für Christina!


Schließ die Augen und spiele „The Vale“.

Falling Squirrel (19. August 2021 | Steam, Epic Games Store, itch.io, Xbox Series X|S, Xbox One)

The Vale ist wahrhaft ein außergewöhnliches Spiel, auch wenn ich mit diesem Adjektiv oft leichtfertig umgehe. Dabei ist es gar keine Neuankündigung, sondern mir bisher einfach nur durchgerutscht. Das erste Mal war die Demo bereits 2019 spielbar, aber nachdem The Vale im Februar Gold-Status erreichte, verzögerte sich wegen Corona das Voice Over. Und das Voice Over ist nun mal der Kern des gesamten Gameplays und absolut unverzichtbar. Warum? Nun, weil The Vale komplett blind spielbar ist. Es ist speziell für sehbehinderte Menschen und mit ihrer Hilfe entwickelt worden, sodass ihr auf dem Bildschirm nichts außer tanzenden bunten Punkten zu sehen bekommt. Ich habe die 40-minütige Demo komplett mit geschlossenen Augen gespielt und bin überwältigt von der Sorgfalt, mit der die virtuelle Welt um mich herum erschaffen wird. Stimmen, Klänge und Musik leiten mich sicher durch eine Welt, die mir nicht freundlich gesonnen ist.

Warum? Ich bin Alex, die blinde Prinzessin. Als ich mit meinem Onkel in die Grenzregionen reise, wird mein Wagen angegriffen und ich bleibe allein zurück. Aber ich wäre nicht die Königstochter, wenn ich mich kampflos ergeben würde. Zum Glück hat mir mein Onkel ein Schwerttraining angedeihen lassen, das es mir ermöglicht, anhand von Geräuschen Angreifer zu lokalisieren und zurückzuschlagen. Obwohl das etwas schwerfällig vonstattengeht, machen diese Kämpfe total Spaß. Ich bin eh ein auditiver Typ und lege viel Wert auf ein rundes Sounddesign. Doch damit nicht genug, für sehbehinderte Menschen wird auch jede Menüoption und jede Anweisung laut vorgelesen. Jene Menschen werden diesen Artikel nicht lesen können, aber wenn ihr jemanden kennt: Bitte erzählt ihm/ihr von The Vale. Ich musste nach dieser Erfahrung erst einmal in die optische Welt zurückkehren, so tief versunken war ich in der Dunkelheit meiner Imagination.


„Lord Winklebottom Investigates“ ist ein klassisches Point-and-Click Detektiv-Adventure mit einer großzügigen Prise trockenen britischen Humors.

Cave Monsters (2021 | Steam, PS4, Xbox One, Switch)

Es dürfte kein Zufall sein, dass die zylindertragende Giraffe Lord Winklebottom in einem Reihenhaus mit einer Hausnummer wohnt, die mir verdächtig nach 221B aussieht. Baker Street, ick hör dir trapsen. Nicht weniger bedeutsam erscheint mir, dass jene distinguierte Giraffe ein genialer Ermittler ist. Und der hält sich zusammen mit seinem Assistenten Dr. Frumple im eben genannten Gebäude auf, das sich in einer typischen Londoner Straße zu befinden scheint. Tee, Sir? Oder wie auch immer eine britische Giraffe angesprochen wird. Ich bringe an der Stelle meine Verwirrung zum Ausdruck, dass Lord Winklebottom das einzige der anthropomorphen Tiere ist, das auf vier Beinen zu stehen scheint. Alle anderen Zeitgenossen wie Nilpferdkollege Frumple, ein Schwein oder eine Ziege frönen dem aufrechten Gang. Aber wahrscheinlich ist das Winklebottoms Größe geschuldet, eine stehende Giraffe hätte einen zusätzlichen Bildschirm benötigt. Wo war ich?

Ach ja, der Fall. Ganz klassisch, ein Mordfall. Mehr als vermuten, dass Mx. Axolotl im praktischen Wassertank tatsächlich abgelebt ist, kann ich aber nicht. Das Geschrei seiner Magd könnte durchaus darauf hindeuten, zumal sich Lord Winklebottom des Falles annehmen wird. Und so machen sich Genie und tüchtiger Assistent auf den Weg zu den Docks, um die Überfahrt zu der Insel anzutreten, auf welcher sich das Verbrechen abgespielt haben dürfte. Aber ich hätte hier kein echtes Point-and-Click Adventure, wenn nicht einige Hindernisse in meinem Weg stünden, und so darf ich mit jeder Menge britischer Coolness einen Weg in die Kneipe suchen und einem Hafenmitarbeiter zur Hand gehen. Das spielt sich erfrischend simpel und gleichzeitig charmant, sodass ich auf das nächste Detektivspiel mit Tieren sehr gespannt bleibe.


You Suck At Parking?“ Ja, absolut, genau du bist gemeint! Jetzt park‘ die verdammte Karre!

Happy Volcano (2021 | Steam)

You Suck At Parking ist eins von diesen Spielen, die auf genau einem Kniff beruhen. Und hoffen wir mal, dass die Entwickler_innen mich nicht einfach beim Einparken beobachtet haben und dann dachten: Das ist so lachhaft, daraus machen wir ein Spiel! Ich bin zwar keine Einparkgöttin, aber etwas smarter als die kleinen Wagen in You Suck At Parking stelle ich mich dann doch an. Meine einzige Aufgabe dort ist, mein Auto auf einem mit einem großen P markierten Spot zu parken. Klingt einfach? Du hast ja keine Ahnung. Denn die Steuerung der Autos ist mit voller Absicht so undankbar, dass ich versucht bin, frustriert auf meine Maus zu hauen. Controller werfen kann ich nicht, ich besitze keinen, aber die mutwillige Zerstörung meines Schreibtischs liegt nach einigen erbärmlichen Parkversuchen durchaus im Bereich des Denkbaren.

Mal segele ich eine steile Klippe herab, mal krache ich in die glühend heiße Bande, die mein Auto in ein Häufchen Asche verwandelt. Und manchmal geht meinem Vehikel schlicht die Puste aus, besser gesagt der Sprit. Ich habe nicht unendlich Versuche ein Auto zu parken, wenn es einmal steht, dann steht es. Machste nix. Dafür bekomme ich mehr als ein Fahrzeug für meine armseligen Versuche den Parkplatz zu erreichen. Alle motorisierten Fehlversuche bleiben auf der Strecke stehen, was Fluch und Segen zugleich darstellt, da sie einerseits Hindernisse darstellen, andererseits aber auch auf beliebige Art auf den Parkplatz befördert werden können. Wenn ihr mich also seht, wie ich jubelnd am Rande einer Massenkarambolage stehe, dann ist wahrscheinlich irgendein armes Auto mit einem Reifen auf den Parkplatz „geschoben“ worden. You Suck At Parking? Na, das wollen wir doch mal sehen!


Wie ich in „Button City“ Knöpfchen drücke oder Die totale farbliche Überforderung

Subliminal (11. August 2021 | Steam, PS5, Xbox Series X|S, Switch)

Man muss ihn sicher mögen, den quietschbunten, plattgedrückten Look von Button City und seinen Bewohner_innen. Aber trotz ihres primitiven, blockigen Aussehens haben uns die tierischen Herzchen einiges voraus. Zum Beispiel ein Müllvermeidungs-, Trennungs- und Recyclingsystem, das nicht nur auf gutem Willen basiert. Oder eine genderneutrale Sprache. Oder einen respektvollen Umgang miteinander, selbst wenn die gegnerische Truppe in einem Match Gogabots vernichtet werden soll. Letzteres ist ein Minispiel und besitzt einen 4v4-Modus, bei dem ich zusammen mit drei Freund_innen gegen das legendäre Scrub Squad antrete. Bedeutet, ich spiele mit Bots gegen Bots, aber das macht erstaunlich viel Spaß. Wenn noch mehr der Minispiele in Button City so überzeugend sind, ist mein Ehrgeiz geweckt.

Abgesehen davon tue ich mich allerdings etwas schwer. Die Tierchen haben zwar alle gemüsige Namen (Fennel, Cilantro) und schrille Klamotten, ich kann sie trotzdem nicht auseinanderhalten. Button City ist so quietschig, dass es schmerzt. Alles schreit Fluff, außer Licorice, xie schreit Tuff. Der Grund, dass Fennel nun durch die Arcade-Hallen von Button City rennt, ist übrigens der Kid’s Day, der alle Kinder kostenlos die Arcade-Automaten nutzen lässt. Nicht, dass ich Kinder von Teens von Erwachsenen unterscheiden könnte, irgendwie hilft mir ihre Größe nicht weiter. Aber wer weiß schon wie alt die Nook-Brüder eigentlich sind… Apropos: Erwartet eine Art Animal Crossing mit Arcade statt Insel, einem Polygon-Filter von 100% und einem Farbsättigungsfilter von 150%. Ich gehe jetzt erst mal meine Augen in einem schönen, ruhigen Noir-Spiel erholen.


Im üppig bewachsenen Raumschiff von „Growbot“ ist einiges im Argen.

Wabisabi Play/ Application Systems Heidelberg (Sommer 2021 | Steam)

Die Growbot Demo ist nicht viel mehr als ein Teaser, ein kleiner Einblick in die Spielweise des herzerwärmenden Point-and-Click Adventures. Der kleine Growbot Nara sucht das Büro seines Captains auf, welche_r jedoch nicht da ist. Also durchsucht Nara das Büro und findet ein fluffiges, pinkes Tierchen, das fortan als Guide dient. Es weiß, wo unser_e Captain ist, also machen wir uns auf den Weg in den blühenden Garten. Dort müssen wir den kaputten Growbot reparieren, mit einem Schraubschlüssel, der bequemerweise in unser Inventar gewandert ist. Flugs ein paar Teile an die richtige Stelle geschraubt, fertig ist die Wundermaschine. Captain erwacht zum Leben und weist uns an, die Station zu übernehmen. Nara ist zwar etwas ängstlich, aber bereit die mysteriöse Übernahme der Quasi-Kristalle zu bekämpfen.

Und das war’s auch schon. Genau sechs Minuten habe ich den organischen, leuchtenden Zeichenstil von Growbot genießen dürfen, bevor die Demo endete. Der kleine Einblick hat mir aber verraten, dass mich ein sehr friedliches Spiel erwartet, das vor allem durch die künstlerische Darstellung von Lisa Evans besticht. Ob ich auch Spaß an der Story haben werde, lässt sich anhand des spielbaren Inhalts noch nicht sagen. Ich wäre zu gerne Starbelly, dem flauschigen Hologramm mit den Sternen auf dem Bauch begegnet, aber das muss leider bis zur Vollversion warten. Growbot soll eigentlich noch diesen Sommer erscheinen, aber wir verlassen uns darauf nicht und warten lieber bis zur gamescom, ob wir dort neue Informationen erhalten.


„The Legend Of Tianding“ spielt im traditionellen China des 19. Jahrhunderts und vereint einen Comic-Look mit präziser Kampfkunst.

Creative Games, Computer Graphics Corp/ Neon Doctrine (Oktober 2021 | Steam, Switch)

Um es kurz zusammenzufassen: Tianding ist ein chinesischer Robin Hood, der von den Reichen nimmt und den Armen gibt. Unter den armen Taiwaner_innen gilt er als Legende, und die Reichen fürchten ihn für seine Taten. Ganz besonders ein Reicher zieht Taindings Aufmerksamkeit auf sich, nämlich der ruchlose Teehausbesitzer Wang, der sich ganz besonders gutmütig verhält (nicht). Also ist mein erster Job nach dem Tutorial, sein Teehaus zu infiltrieren und es Wang mal so richtig zu zeigen. Ganz stilecht mit Schärpe und Kung Fu, denn The Legend Of Tianding hält sich recht akkurat an die historischen Vorlagen. Vereinzelte Comicpanels erzählen mir in typisch übertriebenen Dialogen die Hauptgeschichte, im comicartigen Sidescroller darf ich selbst zur Waffe greifen. Wer mich kennt, weiß, dass derlei Gefechte nicht zu meiner Stärke zählen. Mir fehlt die Präzision und das letzte Fünkchen Talent, im Eifer des Gefechts die richtigen Tasten zu treffen.

Nun, das ist auch im Stile eines traditionellen chinesischen Comics nicht anders. Ich beginne ab einer gewissen Zahl an Gegnern, einfach wahllos Tasten zu hämmern und vergesse dabei neben Ausweichen auch ganz grundlegende Mechaniken. Das kostet mich ein ums andere Mal auf dumme Art das Leben, aber allzu hart geht das Hack’n’Slash nicht mit mir ins Gericht. Insgesamt hat mir das, was ich bisher gesehen habe, viel Spaß gemacht. Ich sterbe noch immer zu oft, aber es ist nicht so frustrierend, dass mir komplett der Spaß am Setting genommen wird. So habe ich es eine ganze Stunde in der Demo ausgehalten. Ich kann mir durchaus vorstellen, mit viel Übung und etwas Wille noch zu einer passablen Kampfkünstlerin zu werden. Die authentischen chinesischen Voice-Over runden das Gesamtbild ab und verleihen dem 2D-Plattformer das gewisse Etwas.


„A Musical Story“ erzählt in Musik und Bild die Geschichte eines Lebens voller Musik.

Glee Cheese Studio/ Digerati (TBA | Steam, Switch)

Nina wäre begeistert. Ein Spiel, das ganz auf Musikrätsel setzt! Das quasi die musikalische, rhythmische Seite in mir hervorlockt und herausfordert. Genau ihr Geschmack! (Hust) A Musical Story erzählt die Geschichte des jungen Artists Gabriel, den wir anfangs in einem Krankenbett sehen. Schon dort begleitet uns sein Herzschlag und das gleichmäßige Piepen der Maschinen wie ein Beat, der uns nicht mehr loslassen wird. Die Stücke ändern sich je nach gespieltem Kapitel, in denen wir Szenen aus Gabriels Leben erleben, aber um sie freizuschalten, müssen wir im Rhythmus Tasten drücken. Obwohl (in der Demo) nur die zwei Pfeiltasten rechts und links genutzt werden, entwickelt sich der Schwierigkeitsgrad schnell von banal zu anspruchsvoll. Ich habe meine liebe Mühe, dem kleinen Punkt um den Kreis zu folgen und zum exakten Zeitpunkt die richtigen Tasten zu treffen, obwohl ich mich für durchaus musikalisch halte.

Ich bekomme die Melodie stets einmal vorgespielt und bekomme unendlich viele Versuche sie zu schaffen. So kommt kein Frust, sondern eher ein meditativer Groove auf. Jeder neue Kreis bringt auch eine neue Melodie, welche in den Vordergrund tritt und oft die vorherige überlagert. Sie passt zur jeweils dargestellten Szene, die ich damit aufdecke. Gabriel, so wird schnell klar, hat sein Leben der Musik gewidmet. Er ist (war?) Gitarrist einer Band mit drei Mitgliedern, die mir in wunderschönem reduzierten Artstyle nähergebracht werden. All das schreit 70er in mein Gesicht, und obwohl ich dort nicht mal Quark im Schaufenster war, kommt auch in mir die Hippie-Flowerpower zum Vorschein. A Musical Story kommt auf meine Liste der Spiele, die einen entspannten Abend wert sind, und wahrscheinlich in Ninas Giftschrank.

Damit wäre Teil 1 zur DreamHack Beyond geschafft. Im zweiten Teil erwartet euch unter anderem das künstlerische Behind The Frame. Viel Spaß beim Reinschnuppern!


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