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Street Power Football Review | Hacke, Spitze, eins, zwei, drei!

Zieht die Turnschuhe an, legt euch die stylishsten Klamotten zu und zaubert euch durch die Spielmodi von Street Power Football!

Ich wäre beinahe Fußballprofi geworden. Hätte auf den großen Turnieren der Welt spielen können, meinen Kindheitstraum gelebt. Es gab nur ein kleines Problem. Ich war richtig schlecht. Mein Ballgefühl war vergleichbar mit der Finesse eines betrunkenen Streifengnus, so dass meine einzige Anweisung als Defensivspieler war, den Ball sofort einfach nur weit nach vorne zu bolzen. Bloß nicht dribbeln, keine offensiven Zweikämpfe führen, einfach Gegnern den Ball weggrätschen und dann hoch und weit nach vorne damit. Bis zur E-Jugend hat das auch geklappt und war eine herausragende Taktik. Danach hörte meine Karriere aber auf. Wenn ich also nicht auf dem Platz der Allerbeste werden kann, wie keiner vor mir war, dann doch wenigstens am Gamepad. Die Freude war dementsprechend groß, mit Street Power Football all die Tricks ausprobieren zu können, bei denen ich mir früher einen Knoten in die Beine und zwei Brüche in den Fuß gespielt hätte.

Getunnelt!

Ich kann in insgesamt fünf verschiedenen Spielmodi mein Können unter Beweis stellen. 3 gegen 3 Matches, Freestyle, 1 gegen 1 (auch Panna genannt) und Trick Shot. In den Duellen geht es vor allem darum, mit Tricks und Pässen in die Position zu kommen, ein Tor zu erzielen. Spiele ich im direkten Duell gegen eine andere Person, füllt sich während des Ballbesitzes eine Leiste, mit der ich dann ein Quicktime-Event auslöse. Schaffe ich das besser als mein Gegenüber, wusel ich den Ball gekonnt zwischen den gegnerischen Beinen hindurch und bekomme sogar zwei Punkte gutgeschrieben. Der Freestyle-Modus ist einem Rhythmusspiel sehr ähnlich, bei dem unterschiedliche Tastenkombinationen im richtigen Zeitpunkt gedrückt unterschiedliche Tricks auslösen. Bleibt noch der Trickshot-Modus, in dem ich Hütchen abschieße, Bälle in Tonnen versenke oder die Umgebung mit gezielten Schüssen zerlege, um so viele Punkte wie möglich zu bekommen. Angeschnittene Schüsse oder das Nutzen von Banden erspielen mir einen Bonus.

Jeden Modus in Street Power Football kann ich entweder separat auswählen, ihn im Mehrspielermodus erproben oder in einer Karriere das beste Team der Welt werden, während der ehemalige Freestyleweltmeister Sean Garnier mir in Zwischensequenzen etwas über sich, den Sport und die Sportplätze erzählt, die ich besuche. Die einzelnen Herausforderungen dauern dabei nie besonders lange und sind mit besonderen Herausforderungen garniert, wie zum Beispiel eine Mindestanzahl an Tricks, Pässen oder Punkten, die ich neben dem Sieg auch noch erreichen muss. Klappt das nicht, wird die Mission einfach wiederholt. Je mehr ich spiele, desto mehr Einheiten einer In-Game-Währung erhalte ich. Die kann dazu genutzt werden, neue Klamotten und Tätowierungen für die berühmten Ballkünstler_innen oder einen eigens erstellten Charakter zu kaufen. Denn wir alle wissen ja, dass es sich mit einer geilen Kette, der passenden Snapback und einer frechen Tätowierung auf dem Schenkel deutlich besser in den Hinterhöfen dieser Welt kicken lässt.

Style over substance

Wahrscheinlich liegt hier auch der größte Fokus von Street Power Football. Die Möglichkeiten, seinen Charakter zu gestalten, sind riesig. Alles wird mit derben Hiphopbeats und Tracks unterlegt. Damit wird auch wunderbar die ganze Attitüde dieses Sports abgebildet. Es geht eben nicht darum, die besten Fußballer_innen zu sein, sondern vor allem darum, sich mit seinen Techniken am besten zu inszenieren. Die cartoonige Gestaltung der Figuren ermöglicht hier auch eine große Bandbreite an Individualisierungsmöglichkeiten. Street Power Football ist ohne Zweifel cool und authentisch – abgesehen von den Zwischensequenzen, in denen Sean Garnier vor allem zeigt, dass er nicht unbedingt vor einer Kamera sprechen sollte. Und ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich finde seine Lippenbewegungen zu seinen Sätzen immer gerade so daneben, dass es wirklich unangenehm synchronisiert wirkte. Das sei ihm aber verziehen. Er ist nichtsdestotrotz einer der besten Experten, die in dieses Spiel hätten geholt werden können.

Ich persönlich hörte den Erzählungen und Anekdoten über seine Karriere und den Sport an sich immer interessiert zu. Es war eine nette Ergänzung neben einem ansonsten recht dürftigen Spielumfang. Gerade gegen die CPU ist schnell die Luft raus, die Karriere ist schnell beendet und wer dann nicht völlig im Mehrspielermodus lokal oder online aufgeht, hat nicht mehr viel zu tun. Außerdem wird auch Street Power Online nicht vom Schicksal vieler kleinerer Indie Games verschont, dass schon sehr kurz nach Release die Zahl der Spieler_innen im Onlinemodus relativ niedrig scheint. Eine vielseitigere Karriere oder ein angebundener Storymode, wie es ihn mittlerweile ja in fast allen großen Sportsimulationen gibt, hätten dem Spiel vielleicht etwas mehr Fleisch verpassen können, das mich auch länger am Gamepad gehalten hätte. Der aktuelle Umfang verlor mich leider schneller als erhofft, was allerdings auch an einem ganz anderen Problem lag.

Wenig Power in Street Power Football

So sehr, wie sich gefühlt die ganze FIFA-Welt einen neuen Hallenmodus oder ein neues FIFA Street gewünscht hat, müsste Street Power Football doch eigentlich genau in diese Nische passen. Was dem kleinen Titel aber abhandenkommt, ist das generelle Ballgefühl. Die großen Simulationen schaffen es, mir ein Gefühl von Schwere der Figuren und des Balles zu geben. Sprints, Schüsse und Dribblings fühlen sich wuchtig an. Auch wenn Street Power Football deutlich arcadiger sein will, möchte ich Wumms in meinen Schüssen und Tacklings fühlen. Stattdessen wirkt alles wie an einer Schnur gezogen. Da helfen auch besondere Special Moves wie in Super Mario Strikers nicht, mit denen ich plötzlich drei Meter in die Höhe springe und unhaltbar aufs Tor schieße. Es wirkt nie so, als würden meine Spielfiguren den Ball wirklich mit ihren eigenen Füßen führen. Das ist nicht besonders hilfreich, wenn ein Kernelement des Spiels eben genau diese Nahtstelle beansprucht.

Soundeffekte fehlen und ich kann kaum einschätzen, wo ich ein Dribbling oder ein Tackle ansetzen muss, um damit Erfolg zu haben. Alles, weil sich meine Spieler_innen nie wie tatsächliche Freestyleprofis anfühlen. Ich muss hören, wie der Ball den Fuß berührt, wie Gegner gegeneinander rempeln oder Schüsse aufs Tor gefeuert werden. Doch unter dem großartigen Soundtrack ist Street Power Football vor allem still und wirkt zu künstlich. So sehr ich auch den kompletten Style des Spiels feiere, geht mir der Spaß am Sport bereits nach wenigen Runden flöten. Einzig das direkte Duell auf der Couch lässt über diese Tatsache hinwegsehen. Im Optimalfall höre ich mich dann nämlich nur selbst schreien, weil ein Ball knapp vorbeiging, ein Dribbling nicht geklappt hat und die Person neben mir meinen Fehler eiskalt ausnutzt. Und wenn das nicht mehr für eine gute Party reicht, lasse ich einfach den Soundtrack mit den unterlegten Spielsequenzen im Hintergrund laufen.

6/10 ⚽

Developer: SFL Interactive, Gamajun Games
Publisher: Maximum Games
Genre: Sportspiel
Veröffentlichung: 25. August 2020 (Steam, PS4, Xbox One, Switch)

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