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Remothered: Tormented Fathers Review (Switch Port) | Horror am Krückstock

Auf PC, PS4 und Xbox One war Remothered ein Überraschungshit, welcher sich auf der Switch leider nicht wiederholen lässt.

Entwickler Chris Darril von Darril Arts ist Italiener und Idealist. 2007 beschließt er mit gerade mal 18 Jahren das Spiel Remothered zu erschaffen. Er möchte eine spielbare Mischung aus Mulholland Drive, Das Schweigen der Lämmer und Rosemary’s Baby kreieren. Mit viel Eigenarbeit, Hilfe von Freunden und der Zusammenarbeit mit Stormind Games ist Remothered: Tormented Fathers ein kleiner Publikumsliebling in der Horror-Szene geworden, als es am 31. Januar 2018 auf Steam erschien – zehn Jahre nach der initialen Idee.

Schon allein diese Hingabe verdient Respekt. Bereits zum Release haben die Spieler_innen ein paar Bugs und Unsauberkeiten bemängelt wie die schwer nachvollziehbare KI und die hakelige Steuerung. Aber das Spiel hat offenbar genug ambitionierten Grusel geboten, um den mit Shovelware überschütteten Gore-Fans eine abwechslungsreiche Erfahrung zu bieten. Das Spiel wurde auf PS4 und Xbox One portiert und ein Nachfolger angekündigt.

Fast Forward zu Mitte 2019: Remothered kommt nun auch auf die Nintendo Switch. Offenbar ist das so eine Nebenwirkung dieser Hybridkonsole, dass „alte“ Spiele nach und nach unweigerlich portiert, als HD-Remaster oder auf irgendwelchen Collections wiederveröffentlicht werden. Leider ist die Switch nicht die leistungsstärkste Maschine auf dem Markt. Bethesda haben mit Doom zwar bewiesen, wie es funktionieren kann, die haben aber auch genug Ressourcen und Kohle, um den Port repräsentativ zu gestalten.

Was muss das muss. Offensichtlich muss jedes Spiel auf die Switch.

Aber fangen wir vorne an. In Remothered: Tormented Fathers spielen wir quasi Jodie Foster aus Das Schweigen Der Lämmer. Nur heißt sie hier Rosemary Reed. Und der Antagonist ist praktisch Norman Bates aus Psycho – ein Notar im Ruhestand namens Richard Felton, der in einem riesigen alten Spukhaus mit seiner Krankenschwester wohnt.
Die Tochter der Feltons, Celeste, sei vor Jahren verschwunden. Rosemary möchte herausfinden, was mit ihr geschehen ist, da sie Grund zur Annahme hat, dass die Eltern selbst am Verschwinden beteiligt waren.

Also verschafft sie sich Zugang zum Haus und wird bei Dr. Felton vorstellig. Woher sie von Celeste weiß, was Rosemary mit dem Fall zu tun hat und vor allem warum sie vehement, fast sogar aggressiv in ihrer Befragung vorgeht, ist nicht klar. Rosemary besitzt für die Spieler_innen keine Vorgeschichte. Es kann dadurch weder eine Verbindung noch Motivation aufgebaut werden. Dennoch startet das Spiel mit einer hitzigen Auseinandersetzung, die ich von der Intensität her eher nach dem ersten Drittel des Spiels erwartet hätte. Felton reagiert dementsprechend genervt und schmeißt Reed aus seinem Haus.

Die neugierige…, ja, was denn? Journalistin? Polizistin? Weiß ja niemand! Also, die neugierige Rosemary Reed lässt sich natürlich nicht so leicht vertreiben und schleicht fortan durchs alte Haus mit den Holzdielen. In der Nacht. Aus dem sie gerade eigentlich herausgeworfen wurde. Na gut. Sie hat ja eine Mission.

Rosemary findet im Haus verteilt Dokumente über schief gelaufene Experimente, aus denen eine Krankheit entstanden zu sein scheint. Und nach ein wenig schnüffeln landet sie im Schlafzimmer des alten Felton und entdeckt dort seine als verstorben gedachte Mrs. Felton: in klassischer Mama Bates-Manier halb mumifiziert und mit Motten übersät. Fortan muss Reed vor Dr. Felton flüchten, der sie mit Schlachterschürze und Sichel verfolgt. Unter Couchen, in Schränken oder sonst wo kann sie sich verstecken, bis Monsieur sich entscheidet, die Jagd aufzugeben.

Ich kann deine Ungeschicktheit riechen

Das Gameplay von Remothered: Tormented Fathers ist dem Survival Horror Versteckspiel ohne Waffen entlehnt, der von Titeln wie Haunting Ground, Outlast, Deadly Premonition, The Evil Within oder SOMA mehr oder weniger erfolgreich etabliert wurden. Mit der Prämisse zu spielen, sich nicht bis an die Zähne bewaffnen zu können, um die Monster souverän abzuwehren, treibt das Adrenalin in die Höhe – wenn der Zeitraum, in dem sich versteckt werden muss, sich nicht zu lange zieht (SOMA) und sich nicht zu oft wiederholt. Auch wenn die Bewegungsmuster der Monster zu gleich sind wird es schnell langweilig und unglaubwürdig (Outlast).

Dr. Felton scheint allerdings gar keinem Muster zu folgen sondern pauschal hinter Reed herzulaufen – auch wenn sie sich im Nebenraum befindet. Und hat er einmal Fahrt aufgenommen ist Rosemary zu langsam unterwegs, um ihm zu entwischen. Sie findet aber allerlei Gegenstände, die als Abwehr eingesetzt werden können. Gläser oder andere zerbrechliche Dinge können zur Ablenkung durch die Gegend geworfen werden. Wenn nichts hilft und sie doch in die Klauen eines Gegners gelangt, gibt es eine einmalige Chance mit einem spitzen Gegenstand zuzustechen, um sich freizukämpfen.

Remothered: Tormented Fathers: Der Switch Port

Abgesehen vom wenig innovativen oder abwechslungsreichen Gameplay, ist leider die Portierung auf die Nintendo Switch so misslungen, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass die Entwickler das mit einem Patch (Anmerkung der Redaktion: Ein Patch wurde angekündigt) flicken können.
Das Hauptproblem ist hierbei die Optimierung der Technik, weswegen Rosemary sich wie in Zeitlupe vorwärts bewegt. Zudem gibt es, wie in vielen Spielen Passagen, in denen während des Gehens Dialoge geführt werden und dafür das Rennen deaktiviert wurde. Das fühlt sich dann an, als ob Jim Jarmush ein Remake von Psycho gedreht hätte. Sehr entschleunigt.

Auch die Grafik leidet unter der Portierung. Auf dem PC und den anderen Konsolen sieht Remothered gut aus und läuft flüssig. Natürlich könnten einige Details ausgearbeiteter sein aber der Nintendo Switch-Port hinkt hinterher wie, naja, wie die ungeschickte Protagonistin auf den knarzenden Holzdielen.
Wobei hier eigentlich nicht sehr viel knarzt. In diesem Setting, wo geschlichen werden muss und Lautstärke Gegner aufrüttelt, sollte alles im Soundabteil stimmen. Leider erwidert der Untergrund keine signifikanten Unterschiede beim Laufen. Manchmal ertönen gar keine Geräusche. Nicht alle Schubladen oder Schranktüren quietschen oder knarzen beim öffnen. Generell klingt das Spiel eher nach Fertigware als nach individueller Audioidentität.

An der Musik wurde aber nicht gespart. Darril konnte Nobuko Toda für den Soundtrack gewinnen, die preisgekrönte Soundtracks für u.a. Metal Gear Solid V, The Evil Within, Killer is Dead oder Halo 5 geschrieben hat. Woran es dann im Einzelnen liegt, dass für Musik prominent engagiert wird, aber Sounddesign hinten über fällt ist ungewiss. Sehr schade, da jeglicher Sound gerade in Horrorspielen sehr stark zur Atmosphäre beitragen kann.

Besser gut geklaut als schlecht selbst gemacht.

Das Schweigen der Psychos – So platt wie diese Zusammenführung der beiden Filmtitel, die am ehesten Pate für das Horrorspiel aus Italien standen, ist leider auch das Gameplay und die Grafik des Spiels. Ich kann Remothered nicht seine Ambitionen absprechen. Die Story hat eine gute Grundidee, das Setting ist nicht frisch aber schaurig umgesetzt, die Gegnertypen sehen einfallsreich aus.

Eigentlich möchte ich gerne erfahren, was mit Celeste passiert ist und was es mit dieser Mottenkrankheit auf sich hat. Aber die Technik macht den Titel auf der Switch ungenießbar und das zerrüttet den Spielspaß so sehr, dass es für mich unspielbar wurde.
Nicht nur sieht die Grafik veraltet und unfertig aus, das Spiel ist auch vollkommen unzureichend ausgeleuchtet. Dunkelheit gehört zu Horror zwar dazu, aber es muss erkennbar sein wohin die Reise geht. Das Resident Evil 2 Remake ist das perfekte Beispiel dafür, wie gut sichtbar Dunkelheit sein kann – und dementsprechend wirkt. Die Framerate bricht so stark ein, dass im zentralen Gameplay-Element, der Verfolgung, keine Angst und kein Adrenalinschub sondern nur Frust aufkommt.

Redaktionsempfehlung: Horrorfans, die schon immer mal Das Schweigen Der Lämmer im Bates-Anwesen spielen wollten, sollen ruhig die PC-Fassung ausprobieren. Aber für die Switch ist Remothered: Tormented Fathers leider zu überambitioniert.

2/10 <3*

*diese Wertung gilt ausschließlich dem Switch Port

https://www.youtube.com/watch?v=jhmb9PWAtEs

Developer: Darill Arts / Stormind Games
Publisher: Modus (Digital) / Soedesco (Physisch, Oktober 2019)
Auszeichnungen: Game of the Year 2018 und Game of the Year 2018 Community Choice (Rely On Horror, Best Indie Game 2018 und Best Italian Game 2018 (Eurogamer), Best Horror Game 2018 und Best made in Italy 2018 (The Games Machine), Best Italian Game 2018 (Italien Video Game Awards), Game of the Year 2018 (Stars), Best Horror Game 2018 (SHD), Silver Medal Video Game Music (Global Music Awards 2018), Best Animation 2019 (Oniros Film Awards)
Veröffentlichung: 6. September 2019 (Switch) | 30. Januar 2018 (Steam),  25. Juli 2018 (PS4, Xbox One)

Autor: Dennis Strillinger
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