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Epic Games Store vs. Steam | Wie wichtig ist der neue Game Launcher für Indies?

 

Immer wieder versuchen Unternehmen ein Krümelchen aus Steams Monopol Kuchen herauszubrechen. Erfolgreich war bisher niemand. Der Epic Games Store könnte das ernsthaft ändern. Vor allem durch sein Indie Game freundliches Modell.

Seit Dezember 2018 ist Epic Games mit eigenem Store auf dem Markt und du so: „Och nee, ich hab doch Steam. Wozu denn noch ein Game Launcher? Das ist doch voll unbequem und umständlich wenn ich jetzt das eine Spiel dort und das andere hier starten muss. Hat doch sonst auch niemand gebraucht!“ Contenance bitte, Contenance!

Stille Post

Erinnerst du dich noch an die Zeit als die Deutsche Post oder im späteren Verlauf die Telekom das Monopol auf das Telefonieren in Deutschland hielt? „Musst du wieder so lange telefonieren? Das ist teuer! Fass dich doch mal bitte kurz und geh bloß schnell wieder aus dem Internet raus.“ Minutengenaue Abrechnungen, verschiedenste Tarife für Ort, Umkreis, Deutschland, Europa und die Welt. Telefonieren war günstig wenn du den Hörer erst gar nicht in die Hand nahmst. Inzwischen ist Telefonieren und Surfen in Deutschland zwar immer noch vergleichsweise teuer, aber absolut kein Vergleich zu den 1990er Jahren. Warum? Konkurrenz! Sie belebt das Geschäft, wenn auch der Vergleich mit den Netzbetreibern auf nem Holzbein daherkommt.

Nun war Steam lange Zeit die einzige Option, um Spiele digital zu vertreiben. Es gibt zwar Konkurrenz in Form von GOG.com oder firmeneigene Konzepte wie den Uplay Store von Ubisoft. So richtig durchsetzen oder Steam mal einen richtigen Haken verpassen konnte jedoch niemand.

Battle Royal!

Nun tritt also Fortnite Erschaffer Epic Games in den Ring gegen den übermächtig erscheinenden Gegner Steam und bringt ein Konzept mit, das vor allem für Developer und Publisher von großer Bedeutung scheint. Wolltest du ein Spiel auf den Markt bringen war Steam die bisher einfachste und zugänglichste Lösung. Vor allem aber die mit der absolut größten Reichweite im PC-Gaming. Doch wie das Monopole eben so an sich haben, vielleicht nicht immer die fairste. Steam oder besser gesagt Valve, der große Konzern hinter Steam, verlangt im Normalfall eine Umsatzbeteiligung von 30%, während 70% der Errungenschaften an dich als Entwickler gehen. Hört sich erst mal gut an oder?

Zumindest, wenn du beispielsweise mit der Game-Engine Unity dein Spiel programmierst. Benutzt du die kraftvolle und vielfältige Unreal Engine, wirst du weitere 5% an Epic Games abtreten müssen. Ja, genau die mit dem neuen Game Launcher. Die Lizenzen für die Nutzung des Programms liegen nämlich dort. Nun dachte sich also Epic Games, wo wir schon die Rechte an dieser tollen Spielekreationsplattform besitzen, können wir das doch auch irgendwie nutzen. Und so schmiedeten sie einen Plan, der innerhalb eines Jahres umgesetzt wurde. Jeder, der sein Spiel mit Unreal entwickelt und sein Spiel anschließend im Epic Games Store zum Kauf anbietet, spart sich die 5% Nutzungsgebühr. Dazu gibt es oben drauf eine nette Marge von 88% für die Entwickler, denn Epic behält nur ganze 12%, egal ob Unreal oder Unity als Grund für das Spiel herhalten müssen.

Knock Out?

Veröffentlichst du also dein Spiel im Epic Games Store, kannst du mit einer Mehreinnahme von mindestens 18 Prozentpunkten pro Spiel gegenüber der Steam Veröffentlichung rechnen. Fand auch Valve ziemlich beeindruckend, weswegen sie recht hektisch ihre Preispolitik anpassten. Erwirtschaftet ein Spiel bei Steam 10 Millionen Dollar, behält Steam nur noch 25% ein. Gelangt das Spiel an die Marke von 50 Millionen Dollar,  steht das Verhältnis nur noch bei 20% zu 80%.

Der Blick geht damit uneingeschränkt zu den Großen, die mit dieser Preispolitik an Steam gebunden werden sollen. Bei Steam machen also nur diejenigen Kohle, die eh schon ziemlich viel haben. Für kleinere Studios, die jeden Taler zum Überleben brauchen, ergibt diese Strategie absolut keinen Sinn. Erfolgreiche Spiele im Indie Game Segment verkaufen sich vielleicht wenn sie gut laufen über eine Millionen mal, auf allen Plattformen zusammen. Also Konsolen, Mobile und PC-Gaming. Viele Experten behaupten, dass Steam bei einer Minimalbeteiligung von 8% noch immer äußerst lukrativ laufen würde.

So ist es nicht verwunderlich, dass viele Indie Game Studios gleich zu Beginn auf Epic setzen. Super Giant Games „Hades“ ist gerade bei Epic Games exklusiv im Early Access, Super Meat Boy Forever soll ebenfalls dort erscheinen und Annapurna Interactive hat gleich ihren kompletten Publishing-Katalog eingespeist. Nach etwas über einen Monat mit Epic Games Store auf dem Markt, sind die Erfolgsaussichten natürlich kaum abzusehen, aber Epic Games, die ebenfalls zu einem Megakonzern namens Tencent gehören, scheint zumindest auf seiten der Publisherfreundlichkeit einiges richtig zu machen und kommt so nicht nur großen Unternehmen entgegen.

Für Steam spricht derzeit die Reichweite. Bei ca. 33 Millionen Nutzern täglich und 67 Millionen Nutzern monatlich, scheint ein Spiel dort erst einmal gut aufgehoben, um für jeden zugänglich zu sein. Zudem gibt es eine Einbindung von Erfolgen und VR-Support. Epic Games kann, zumindest noch,  alles nicht bieten. Doch ein Wachstum könnte sich äußerst rasch gestalten.

Was hast du jetzt davon?

Auf den ersten Blick könnte es dir egal sein wo du dein Spiel herunterlädst und von welcher Plattform aus du es startest, Faulheit mal ausgeschlossen. Außer natürlich, dir ist es ganz lieb, wenn deine Lieblingsstudios ein wenig mehr in der Tasche haben, um weiterhin tolle Games zu erschaffen.

Das weiß natürlich auch Epic. Solange Spiele auf beiden Plattformen erhältlich sind, braucht es kleine Lockvögel, die dir die Entscheidung leichter machen. Abgesehen von exklusiven Inhalten wie Hades, die über einen längeren Zeitraum ausgebaut werden müssen, verschenkt Epic nun alle zwei Wochen einfach mal ein Spiel. Subnautica, Super Meat Boy, What Remains Of Edith Finch und Axiom Verge waren es zum Start. Du erhälst also nicht irgendein belangloses Häppchen Graubrot zum vorkosten, sondern gleich ein ganzes drei Gänge Menü. Eine Auswahl der besten Indie Games der letzten Jahre. Umsonst, einfach so, weil du dich bei Epic angemeldet hast und eventuell bald eine regelmäßige Nutzung in Betracht ziehst.

Der Fokus scheint gesetzt! Die Preispolitik kommt natürlich allen gelegen, aber eben besonders den Indie Studios. Denen, die den kleinen Taler drei mal umdrehen und lieber noch einmal unbezahlte Überstunden ranhängen, um ihr Herzensprojekt umzusetzen. Die Frage bleibt nur, wie fest verankert ist Steam in der Gamingbranche? Wie tief verwurzelt bei den Nutzer_innen, die täglich mehrere Stunden auf Steam verbringen, um mit ihren Freunden online zu spielen. Wie flexibel sind alle beim ständigen Wechsel der Launcher? Vielleicht ist das aber auch gar nicht die Zielgruppe von Epic?

Vielleicht nutzen Publisher das kleine bisschen mehr, um im Epic Games Store die Preise zu senken. Vielleicht, um etwas mehr ins Marketing stecken zu können, in weitere Mitarbeiter, höhere Bezahlungen oder bessere Arbeitsbedingungen. Vielleicht macht Valve mal wieder das, was sie eigentlich mal gemacht haben. Also damals, irgendwann in der grauen Vergangenheit. Vielleicht machen sie ja bald mal wieder Spiele? Ein Half Life 3 oder ein Portal 3? Exklusiv auf Steam? Das Aufbäumen des Riesen in Runde drei? Epic Games hat ein paar tiefsitzende Leberhaken ausgeteilt und weitere in Planung. Vor allem aber haben sie ein Modell geschaffen, das den Epic Games Store zu einer exklusiven, geliebten Indie Game Plattform anschwellen lassen kann. Ein Fokus auf Art-Design, tiefgehende Geschichten, innovative Konzepte und… Fortnite.

Wie sich der Fight des Jahrzehnts im PC Gaming nun entwickelt scheint vielleicht spannender zu beobachten als zehn Minuten Activision Boxing für Atari 2600. Ernstzunehmender als alle bisherigen Kontrahenten – die sofort rückwärts über die Seile aus dem Ring flogen -scheint der Kampf zwischen Epic Games und Steam in jedem Fall. Denn wenn die Bedingungen für diejenigen, die den Launcher mit Inhalt füllen respektvoll und fair gestaltet werden, scheint ein Wachstum äußerst wahrscheinlich. Von Konkurrenz profitierst am Ende immer auch du selbst, inklusive deiner Lieblingsindie Studios, die zumindest eine freundliche neue Umgebung aufsuchen können und damit von weiteren Möglichkeiten profitieren.

Autorin: Benja Hiller
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