Website-Icon Welcome To Last Week

„young until I die“ | La Dispute, Hot Water Music | 23.06.12, FZW, Dortmund

230620121970

Da ist er! Der Tag, auf den du gewartet hast. Und irgendwie auch doch nicht. Du bist nun 30 und deine Lieblingsband spielt am gleichen Tag. Das fandest du vor vier Monaten noch total verrückt und hast darum die Party kurzerhand einen Tag vorverlegt.

Und nun? 10 Uhr morgens: Alle schlafen noch. Außer dir! Du kannst nicht mehr schlafen, warum auch immer. Eigentlich darfst du auch gar nicht mehr schlafen. Der Raum, den ihr um halb sieben heute morgen verlassen habt, wartet auf seine Dekontamination.

Dein Plan, erst Party dann Konzert, wirkt nun gar nicht mehr so überragend. Alle fragten schon Monate vorher: “Was wirst du machen? Was ändert sich? Wie fühlst du dich?“ Oder es gab ein betroffenes „oh“ zu hören. Meist sagtest du: „Was soll sich ändern?“ Momentan würdest du sagen, dass man müde ist und Kopfschmerzen bekommt.

Mit Freunden, Saft, Salat, Brötchen und kleinen chemischen Helfern hievst du dich zurück ins Leben, kürzt das Line-Up persönlich auf zwei Bands, entschuldigst dich gedanklich bei Red Tape Parade und entscheidest dich später loszufahren. Das Wetter ist auf deiner Seite. Ein herrlicher Tag lässt die Menschen gelassen vor dem FZW verweilen. Die entspannte Atmosphäre tut dir gut! Du brauchst einen ruhigen Einstieg heute. Die Idee „Alkohol“ wurde schon sehr früh von der Agenda gestrichen.

Irgendwie wirst du aber dann doch zu früh ins FZW gezerrt. Hast dich noch gewundert was die Akustik Gitarren und die Kameras draußen sollen, dich aber nicht weiter drum gekümmert. „Der Rockpalast ist ja da!“ Du verpasst die „Cardinal Session“ mit Chuck und Chris!

Drin stehen nun schon die hippen Teens und warten auf La Dispute vor kompletter „Orange“ Bühne. Gitarren und Bass Verstärker plus Boxen strahlen dich in einem kräftigen orange Ton an. Du fragst dich warum die nicht noch Schlagzeuge herstellen und schmunzelst!

La Dispute legen los. Der Sound ist gut, aber irgendwie viel zu leise. Jedenfalls ist es möglich sich normal zu unterhalten, während die da oben ein seltsam zusammengestelltes und langsames Set zum Besten geben. Sie spielen ruhigere neue Songs, reden wenig, wirken ausgelaugt. Irgendwie passt das nicht. Der Funke springt nicht über. Die Band ist zu weit weg. Dabei hat sie dich auf Platte jedes mal gepackt. Wieso live nicht? Liegt es an dir? Oh, die Sache mit dem Alter kommt wieder hoch! Du schmunzelst erneut!

Ändert sich doch was? Egal, da sind noch mehr die deine Meinung teilen. Lediglich die letzten Songs kommen etwas kräftiger rüber. Schade.

Ende, raus! Luft ist wunderbar.

Nun freust du dich langsam auf die alten Emo Helden. Im Gegensatz zu sonst, bist du heute der einzige deiner Bande der Hot Water Music uneingeschränkt mag. Neueres Zeug wird von den anderen als Altherrenrock belächelt. Wieder das Alter. Dir ist es egal, bist aber zu müde um dich ins Getümmel zu werfen. Denn das besteht heute komischerweise nur aus einem recht überschaubaren Pulk nachdem auf der „orangenen“ Bühne sicher mit Remedy gestartet wurde. Das Publikum scheint in einem unachtsamen Moment deinerseits, zwischen den Bands, komplett ausgetauscht worden zu sein. Die ersten beiden Reihen werden nun von Bärten und Hemden bevölkert. Uniform! Immer und überall wo du bist. Die Bierbecher fliegen durch die Luft und trotzdem ist heute irgendwie alles anders. Ein betrunkener Brokkoli nervt. Der Sound? Noch immer zu leise. Du fühlst dich hier nicht so ganz wohl. Auch ein Gedanke, der öfter hoch kommt. Dir bleibt heute die beobachtende Rolle und du beschließt den Rest auszublenden. Klappt eigentlich ganz gut. Keine Spur von Altherrenrock. Anders als bei La Dispute ist die Freude an der Musik, die Hot Water Music hier versprühen, greifbar. Bereitet dir auch aus der ungewohnten beobachtenden Rolle Freude. Alleine zu sehen wie Chuck und Chris sich ständig für den bedingungslosen Support ihrer Fans seit knapp 15 Jahre bedanken, lässt dich etwas sentimental werden. Du genießt „Turnstile“ und „It’s hard to know“, schreist zwischendurch faustreckend und laut „live your heart and never follow“ und lauscht den neuen Klängen von „Exister“. Auch schön! Zum Schluss noch „True Believers“. Eigentlich alles gut und doch anders. Die 30? Egal. Du sammelst deine Leute ein, packst „das Wasser für den Fahrer“ von Chuck ins Auto und bist um halb 12 zu Hause. (published: artempire #22)

Die mobile Version verlassen