Escape Doodland Review | Die Suggestion des Realisierbaren

Höllisch schwer und doch beflügelnd. Die perfekte Balance eines Arcade Games generiert Einnahmen. Die Waage zwischen Fordernd und Fördernd. Escape Doodland transplantiert diesen Arcade-Spirit nun ins Runner-Genre.

Ein in die Tiefe implantiertes Arcade-Feeling im Spiel ist selten geworden. In den Spielhallen war es während der 80er nötig, um dich bei Laune zu halten. Fordernder Spielspaß gegen Geld. Eine Art Spirale in die du gelangst. Du lernst Levelstrukturen und Gegnerlaufbahnen, verinnerlichst welche Aktion in welchem Moment die richtige ist. Du hast Erfolg und schreitest voran bis, ja bis zu dem Abschnitt, der dir wieder völlig unbekannt ist. Game Over! Bitte werfen sie eine Münze ein.

Escape Doodland muss dich nicht herausfordern, um sich zu finanzieren. Es ist nach dem Kauf voll umfänglich dein Eigentum. Warum ziert sich der Runner also so und bringt dich immer wieder zum Fluchen ohne das er es müsste?

Schmackhafte Doodler

Eigentlich war die Atmosphäre in Dooland seit jeher ruhig, idyllisch und äußerst entspannt. Die kritzeligen Bewohner_innen genossen ihre schöne sketchhafte Landschaft vor kariertem Papier. Fuhren mit ihren platten Autos durch die Lande und kosteten das Leben aus. Bis eines Tages das riesige lila Monster Omnomus auftauchte, die Apokalypse mitbrachte und die friedlichen Doodler verfolgte, um sie zu verspeisen. Nun blieb ihnen nichts anderes übrig als zu rennen. Und zwar um ihr Leben.

Escape Doodland ist ein Runner. Ein äußerst beliebtes Genre, gerade für mobile Plattformen, denn sie sind recht einfach angelegt. Oft reicht eine Taste aus, die deine_n Protagonist_in zum Springen bewegt. Rennen können sie schon ohne dich. Viele Vertreter des Genres sind äußerst leicht zu meistern und eher Zeitvertreib für zwischendurch. Mit seiner putzigen Optik könnte dir Escape Doodland genau das vorgaukeln. Niedliche kleine Skizzen rennen vor einer Art chinesischem Drachen davon, Hüpfen hier und dort mal und die Kiste ist gegessen.

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Gut, versuch es doch mal. Nachdem du die ersten 50 Male gegessen, verbrannt, zerschmettert, verschluckt, elektrisiert, geschlagen und vergiftet wurdest oder wieder einmal nur in ein Loch gefallen bist, werden dich die Anforderungen von Escape Doodland sicher wieder in unkritzelige Gefilde zurückholen. FlukyMachine aus Polen haben einen waren Süßigkeitsblender auf dich losgelassen. Nicht alles was drollig daher kommt ist auch zum leichten Verzehr geeignet.

Escape Doodland holt das Arcade-Feeling in das dröge Runner Genre, in dem nur die Bit.Trip Runner Serie aus dem Einheitsbrei hervorzustechen scheint. Es stellt Anforderungen, die du von so niedlichen kleinen Dingern nicht gewohnt bist. Eher von düsteren, Monster jagenden Gestalten mit Schwert und Hexentrunk. Doch alles was Escape Doodland im Grunde für sich beansprucht ist die Perfektion eines bestehenden Genres. Die exakte Ausarbeitung von Spielmechaniken und Balance-Systemen.

Escape Doodland ist kurz. Zehn Level warten in zwei Schwierigkeitsstufen. Hart und Härter. Hast du Hart überstanden, kannst du dich an Härter versuchen. Die Betonung liegt hier natürlich auf „hast du Hart bestanden“. Es gibt Bohnen zu sammeln, die Charaktere und Special Moves freischalten oder dir Annehmlichkeiten verschaffen. So etwas wie Extra-Leben zum Beispiel oder länger wirkende Püpse.

Was Püpse? Ja ja! Jeder Doodler verfügt über drei Fähigkeiten. Durch Furzen schneller nach oben zu gelangen oder in Fluchtrichtung zu entkommen. Zudem kannst du das lila Monster mit einem Furz in seine Richtung irritieren und auf Abstand halten. Super hilfreich, wenn du denn genügend Streichholzschachteln eingesammelt hast, um Fürze zu zünden. Hast du das nicht, musst du hüpfen was der Doodler so aushält.

Die Geburt des perfekten Arcade-Runner?

Escape Doodland besitzt zudem diese einzigartige, super detailreiche und liebevoll künstlerische Gestaltung, die dich fast von deinen hektischen Aufgaben und Reaktionen abhält. Immer wieder entdeckst du wundervoll gezeichnete knuddelige Monster, weitere Bewohner und diesen Checkpoint-Dude, der je nach Level auch mal ne Mütze auf hat, weil ihm im Schnee natürlich kalt ist. Details, die dir aufgrund der irren Schnelligkeit manchmal entwischen.

Mit dem Checkpoint-Dude kommst du unweigerlich zur herzallerliebsten soundtechnischen Gestaltung des Jahres. Alle Doodler schreien individuell ihre Angst hinaus. Als hätten alle super viel Spaß bei der Aufnahme gehabt und sämtliche crazy Stimmlagen imitiert. Soundeffekte für Blitze, Gegner und Umgebungen sind so detailverliebt arrangiert, dass du dauerschmunzelnd vorm Bildschirm hängst. Und die Musik erst!

Warum ist Escape Doodland also so fordernd? Escape Doodland ist Arcade pur, weil es sich dieses Prädikat erlauben kann. Es erzeugt Anreiz, den unbedingten Willen dieses Spiel zu meistern. Weil es die perfekte Symbiose aus Anforderung, Spielspaß und der Möglichkeit zur Bewältigung ist. Weil Escape Doodland dir die Chance gibt, Strukturen und Mechaniken zu verstehen. Weil es Spaß macht sich in dieser wirren, absurden Welt immer weiter fortzubewegen. Du willst jede neue Perspektive des tollen Art-Designs erleben. Weil jeder Tod in Escape Doodland deine Lernkurve fördert und dir zu verstehen gibt, was du falsch gemacht hast, auch wenn du zwischenzeitlich mal wieder deine Eingabegeräte dafür verantwortlich machst.

Es war deine Schuld das der bezaubernde Doodler gestorben ist. Er wird auch noch weitere 200 Male sterben. Aber es ist eine Freude, dich Stück für Stück durch dieses Biest von Kritzel-Arcade-Runner fortzubewegen. Escape Doodland ist Ansporn, Ansporn deine Skills zu verbessern. Dinge vorauszuahnen weil du analytisch jede Ecke studiert hast. Escape Doodland ist pures Gameplay verpackt in Aufzeichnungen, die während der Meetings der Welt erschaffen wurden. Escape Doodland ist zum Leben erweckte Doodle-Kunst in arcadiger Runner-Perfektion.

9/10 <3

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Developer: flukyMachine
Publisher: PlayWay S.A., UltimateGames S.A.
Team: Weronika (Design), Piotr (alles andere)
Veröffentlichung: 30.11.2018 (Steam, Nintendo Switch)

Autorin: Benja Hiller
Chefredakteurin | Website | + posts

Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.

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