Unto The End | Von der Lässigkeit des Perfektionismus

Wenn Menschen dich mit leuchtenden Augen empfangen und dir mit ansteckender Begeisterung jedes Detail ihrer Entwicklung schildern weißt du, dass sie ein absolutes Herzensprojekt umsetzen. Unto The End ist so ein Stück Herzblut. 

Dabei ist der eigentliche Rahmen der Präsentation etwas eng und hektisch gesetzt, denn ‚Unto The End‘ hat leider nur 15 Minuten Zeit für dich. Kaffee, Tee, gemütliche Sitzgelegenheiten und das Holzscheibenkissen sorgen dennoch für eine äußerst angenehme Atmosphäre. Der Indie Garden auf der Gamescom 2018 sperrt den sonst so vordergründigen Trubel aus und gibt dir die nötige, vertraute Umgebung, um dich auf das zu konzentrieren, weswegen du eigentlich gekommen bist.

Das ist in diesem Fall das überaus charmant gestaltete, cinematografische 2D-Abenteuer ‚Unto The End‘ von Big Sugar aus Kalifornien. Mit glänzenden Augen wirst du von Stephen Danton und Sara Kitamura empfangen, die rein rechnerisch heute mindestens zum 14. mal hintereinander völlig fremden Menschen ihr Spiel vorstellen. Die Wiederholung sichert das strukturierte Auftreten, lässt sie aber bei weitem nicht abstumpfen. Es scheint gerade so, als würde sich im Inneren des Entwicklerehepaars mit jedem Garten-Gast die Vorfreude auf den weiteren Entstehungsprozess ausbauen und die Gewissheit des Perfektionismus verfestigen.

Was war noch mal Dark Souls?

Unto The End ist ein Herzensprojekt. Inspiriert von ‚The Revenant‘ und ‚Dark Souls‘. Selbst die etwas ausdruckslosen Gesichter, in die sie schauen, nachdem sie euch fragen, ob ihr denn Fans der Dark Souls Reihe wärt, lassen sie nicht irritiert zurück. Die beiden leben ihr Spiel. Jedes kleinste Detail bereitet ihnen unglaubliche Freude, die sich mit der weiteren Erläuterung ungefiltert überträgt.

Das handgemachte Unto The End sieht nicht nur wundervoll aus, sondern ist auch bis in die hinterste Ecke durchdacht. Es schafft mit Leichtigkeit Stimmungslagen durch seine imposante Atmosphäre, die zuweilen auch an ‚Never Alone‘ erinnert und dennoch so anders erscheint. Du kannst in der kalten Umgebung der Wildnis den Atem der Figuren sehen, den Wind und die klirrende Kälte nahezu spüren. Das ausgeklügeltes Sound-Design verschmilzt mit der liebevoll gestalteten Welt und dem eindrucksvollen Gameplay. 

 

Die Geschichte um den Familienvater entfaltet sich dynamisch. Das Spielerlebnis wird somit für jede_n einzigartig erscheinen. Inmitten der zauberhaften Welt, in der die Familie ums Überleben kämpft wurde ein Kampfsystem implementiert, das strategisches Handeln voraussetzt und Entscheidungsfreiheit gewährt.

Vergiss deinen Dolch nicht

Du kannst dich deinen Gegnern zur Wehr setzen, musst es aber nicht. Die Verweigerung des Kampfes führt zu differenzierten Handlungssträngen, eventuell zu niemals geglaubten Verbündeten. Du kannst in Kampfsituationen völlig natürlich handeln. Wirfst du deinen Dolch, musst du ihn wiederholen. Wird dein Schwert aus der Hand geschlagen, stehst du zunächst ohne Waffe da. Aktionen erfordern angemessene Reaktionen, Pfeile stecken nicht unendlich in deinem Köcher und Gegner kannst du geschickt gegeneinander ausspielen. Geschosse verschwinden nicht einfach so in Unto The End, sie interagieren mit ihrer Umwelt. Jede einzelne Seele, der du begegnest, besitzt seine eigene einzigartige Geschichte und Motivation. Diese unerbittliche Landschaft macht es allen Bewohner_innen gleichermaßen schwer.

Unto The End überträgt den Familiengedanken seiner Entwickler_innen auf seine Spielfiguren und schafft somit größtmögliche emotionale Bindungen in einer autarken, beeindruckenden Welt. Über Digital Uppercut wird das außergewöhnliche Adventure vermutlich Mitte des Jahres 2019 auf PC und der aktuellen Konsolengeneration, um PS4, Xbox One und Nintendo Switch erscheinen. Doch schon jetzt überträgt sich die ungehaltene Euphorie der Familie 2 Ton Studios. Das herausragende Gameplay und der Perfektionismus von ‚Unto The End‘ werden mit Sicherheit irgendwann als beispielloses Anschauungsmaterial diverser Game Design Klassen der Zukunft herhalten müssen.

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Autorin: Benja Hiller
Chefredakteurin | Website | + posts

Die Allround-Tante von WTLW. Trägt Kamera, trinkt Oatly Kakao und spielt alle narrativen Games mit gebrochenen Wesen und kaputten Persönlichkeiten. Gerne minimalistisch und völlig entsättigt. Hauptsache irgendwie eigen, mit dem nötigen Wahnwitz im Konzept. Außerdem fährt sie mit Leidenschaft im Kreis.

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